Hausmaestro - Kriminalroman
Pressekonferenz verwies. Walz hingegen hielt die Japanerin untergehakt und bugsierte sie möglichst unauffällig an den Journalisten vorbei.
Nachdem sie glücklich Maurers Haus verlassen und Watanabe vor ihrem nahe gelegenen Heim abgesetzt hatten, fuhren sie zu den Eltern des Mordopfers. Die genaue Adresse hatten sie telefonisch bei ihrem Faktotum Mimi Hawranek erfragt.
Da die Pflicht, Angehörige vom Tod ihres Verwandten in Kenntnis zu setzen, Vogel zutiefst zuwider war, übernahm Walz diese lästige Aufgabe. Zwar erledigte dies üblicherweise die Besatzung des Funkwagens, der zum Tatort gerufen wurde, aber Vogel befand es in diesem Falle für angemessener, die traurige Nachricht selbst zu überbringen.
Sie saßen noch im Wagen, als Vogels Mobiltelefon läutete. Es war Michael Weber, der Agent Maurers, der sich fassungslos über den gewaltsamen Tod seines Schützlings zeigte. Vogel versprach, ihn in der nächsten Stunde aufzusuchen.
Als sie vor der Wohnung standen, teilte ihnen das Türschild aus Messing mit, dass sie es gleich mit einem ›Prof. Dr. phil. Heinrich Maurer‹ zu tun bekämen.
Nur wenige Sekunden nach ihrem Läuten öffnete ihnen ein groß gewachsener älterer Herr, der sie mit vorwurfsvoller Miene musterte.
»Jetzt kommen Sie daher! Das ist schon ein starkes Stück, dass wir aus den Nachrichten erfahren müssen, dass unser Sohn ermordet wurde«, polterte er los und stemmte empört seine Hände in die Hüften.
»Es tut uns sehr leid, aber durch die Umstände, die den Tod eines Prominenten begleiten, ging es leider nicht schneller«, erklärte Walz mit ernster Miene. »Wir versichern Sie selbstverständlich unseres tiefsten Beileids und versprechen Ihnen, den mysteriösen Tod Ihres Sohnes so rasch als möglich aufzuklären.«
»Sind wohl durch dieses Schlitzauge aufgehalten worden, was? Jaja, die Tränen der sanften Geisha, auf die ist mein Sohn auch hereingefallen«, antwortete Maurer, das Kinn herausfordernd vorgestreckt.
»Ach, lass doch die Herren, die tun auch nur ihre Pflicht«, beschwichtigte ihn seine Frau, die unter seinem Arm, den er herrisch an der Türfüllung abgestützt hatte, hindurchgeschlüpft war. »Es ist schließlich auch so schon furchtbar genug. Dürfen wir Sie hereinbitten?«, fragte sie die zierliche Dame, indem sie ihren Mann behutsam beiseiteschob.
Ihre verweinten Augen deuteten darauf hin, dass ihr der Tod des Sohnes wohl nähergegangen war als ihrem zornigen Gemahl.
Die Inspektoren betraten eine Wohnung, die man früher wohl als ›gutbürgerlich‹ bezeichnet hätte, die heute aber nur mehr als verschroben betrachtet werden konnte. Abgesehen von allerhand Grünpflanzen, die um die mit weißen Gardinen verhängten Flügelfenster gruppiert waren, war hier alles gewichtig. Vom altdeutschen Bücherschrank, der mit allerhand in Leinen oder Leder gebundenen Klassikerausgaben, Atlanten und dem ›Großen Brockhaus‹ gefüllt war, über einen in rustikaler Eiche gehaltenen Esstisch mit ebensolchen Stühlen und einer Chaiselongue für das geheiligte Mittagsschläfchen des Familienoberhaupts, bis hin zu dem mit schweren Perserteppichen belegten Parkettboden – man sah es gleich, in diesem Hause hielt man auf Tradition. Mit einem Wort: Der Prototyp des Wohnzimmers eines Gymnasialprofessors, der sein Leben damit verbracht hatte, widerstrebenden Zöglingen mit unerbittlicher Hand die Grundlagen der humanistischen Bildung nahezubringen.
»Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte die Hausfrau, die ungeachtet ihrer Trauer wohl niemals die Gesetze der Gastfreundschaft verletzt hätte.
Angesichts der Umstände, die auf nichts anderes als auf einen Filterkaffee aus Augarten-Porzellan-Tassen schließen ließen, lehnten beide dankend ab.
»Was, um Gottes willen, ist heute Nacht mit unserem Sohn passiert? Ist er wirklich ermordet worden, wie mein Mann sagt? In den Nachrichten hieß es nur, dass ein Fremdverschulden nicht ausgeschlossen werden kann«, fragte Frau Maurer mit vor Entsetzen geweiteten Augen, was in seltsamem Widerspruch zu ihrem vom Weinen verquollenen Gesicht stand.
»Ja, leider kann ich Ihnen nichts anderes berichten. Es geschah allerdings nicht im Affekt, sondern sieht ganz nach einer geplanten Tat aus«, antwortete Walz, der das Wort ›Mord‹ unter diesen Umständen lieber vermeiden wollte. »Hat Ihr Sohn Ihnen gegenüber einmal etwas von einer Bedrohung oder von ihm feindlich gesonnenen Personen erzählt?«
Trotzig hatte Maurer die Hände in die
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