Hausmaestro - Kriminalroman
draußen warten?«
»Nein, nein, das wird allein schon schwer genug, geh du ruhig nach Hause und genieß dein Wochenende. Wie wirst du es denn gestalten?«
»Da das Wetter laut Vorhersage bis zum nächsten Mittwoch halten wird, werde ich heute mit meiner Clara in die Südsteiermark zu unserem Winzer fahren und dort ein bisserl einkaufen, der neue Jahrgang soll ja superb sein. Und nach dem Einkauf, dem, wie könnte es anders sein, eine üppige Weinprobe vorangeht, werde ich eines seiner Fremdenzimmer beziehen und dort mit meiner Clara drei herrliche Tage genießen. Und was gedenkst du zu tun? Irgendetwas mit der Michelle? Oder ganz en famille?«
»Mit der Michelle … ich weiß nicht recht. En famille ist morgen Abend ein Konzertbesuch geplant.«
Verwundert blieb Walz stehen und sah seinen Kollegen an. »Was? Du ins Konzert? Bist wohl auf den Geschmack gekommen in den letzten Tagen, oder ist es doch der Hansi Hinterseer?«
»Nein, ganz falsch«, antwortete Vogel verärgert. »Erstens bringst’ mich sicherlich nicht zu der trällernden Blondine, wie du weißt, steh ich auf dunkel, und zweitens ist die Martina von einer Freundin, die in einem Orchester spielt, zu dem Konzert eingeladen worden.«
»Was für ein Konzert ist das? Und wo?«, fragte Walz interessiert.
»Schon was Klassisches, aber nicht so was Schweres wie Beethoven oder Brahms, unser Töchterchen soll ja auch ihren Spaß dabei haben. Im Kursalon am Stadtpark, soweit ich weiß.«
»Na schau, das wird so ein Touristenkonzert sein mit Walzern und ›Kleiner Nachtmusik‹. Das ist immerhin schon ein Schritt in die richtige Richtung, mein lieber Kajetan. Vielleicht bringt es dich ja auf den Geschmack … «
»Wir werden sehen«, sagte Vogel wenig begeistert, »übrigens, falls sich doch was mit der Michelle ergeben sollte, bräucht’ ich für den Sonntag eventuell ein Alibi.«
»Oder vielleicht gar mit der Mitterberg? Ich gönn dir beide, mein lieber Kajetan, aber übernimm dich nicht! Lass mich’s halt wissen«, erwiderte Walz fröhlich und winkte zum Abschied, denn sie waren unterdessen am Graben angekommen, wo sich ihre Wege trennten, da Vogel nach links in die Milchgasse abbiegen musste, wo das Gutruf lag, während Walz, der ihn eigentlich nur hierher begleitet hatte, in Richtung Stephansplatz ging, um von dort mit der U-Bahn nach Hause zu fahren.
Da sich das Gutruf seit 1991 nicht mehr im Besitz des Rudolf Wein befindet, der in seinem Lokal bis auf wenige Ausnahmen keine Frauen und erst recht keine Ehefrauen duldete, hatte Ursula Mitterberg keine Probleme, als sie das Lokal betrat, das auf sie allerdings einen ausgesprochen heruntergekommenen Eindruck machte.
Üblicherweise war sie im Gegensatz zu ihren Kollegen von der Innenpolitik oder der Chronik nicht auf irgendwelche Informanten angewiesen, die sich mit Vorliebe in verschwiegenen Hinterzimmern von verrauchten Lokalen wie diesem trafen.
Umso größer war für sie nun der Schock, dass sie in »dieser Kaschemme«, wie sie es bezeichnete, als sie einer Freundin später davon erzählte, diesen Bezirksinspektor Vogel treffen musste, der sie dort mit einer rauchenden Pfeife in der Hand und einem anzüglichen Grinsen im Gesicht willkommen hieß.
Vorzugsweise fand sie ihre Gesprächspartner ja in den Cafés der Luxushotels, wo die in Wien oder in Salzburg gastierenden Künstler untergebracht waren. Sie liebte es, Interviews mit bedeutenden Persönlichkeiten zu führen, denn sie legte den größten Wert darauf, dass ihre Informationen immer aus erster Hand kamen. Im Unterschied zu den meisten ihrer Kollegen sah sie nämlich ihre Hauptaufgabe darin, über die Kunst als solche zu schreiben, losgelöst von jeglichem Tratsch, mit dem sich gewisse Künstler so gerne umgeben und über den die anderen ebenso gerne schreiben, was sie dann als ›Insider-Wissen‹ vermarkten.
Denn sie war eine Anhängerin der reinen Lehre eines Theodor W. Adorno, den sie als ihr persönliches Leitbild betrachtete.
Umso seltsamer mutete es an, dass sie heute gerade einen Kriminalinspektor traf, der ihr garantiert nichts über Höllwarths sicherlich bedeutsame Inszenierung der ›Traviata‹ erzählen konnte, auf die sie schon so gespannt war. Von diesem seltsamen Vogel waren allenfalls einige Informationen über den Mord an dem Dirigenten Magnus Maurer zu erfahren, also eigentlich Dinge, die fernab ihres Interessenspektrums lagen und über die sie nicht zu schreiben vorhatte.
Und trotzdem hatte sie ihn
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