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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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qualmte pure Lust. Sie war genau das, womit mein sechzehneinhalbjähriger Bruder Romek aus Polen angefixt werden musste, damit er auf einen anderen Trip kam. Die ›Tempelhof‹-Höhle sollte ihn verschlucken, durchbumsen und ihn mir wieder vor die Füße spucken, ohne den Mercedes-Stern im Kopf. Romek gehörte zu mir. Er sollte das mögen, was ich für richtig hielt. Mir machte ein dahergelaufener, angeblicher, zukünftiger Taxifahrerschwiegervater nicht das ganze Ding kaputt. Ich bildete Romek schon zu lange aus. Der sollte mir ja nicht kurz vorm Ziel schlappmachen. Ich hatte fest vor, Romek in mein Kunstgeschäft zu integrieren. Jeder konnte am Lerchenfeld Freie Kunst studieren, ohne Abitur, bereits ab sechzehn. Ich hatte Romek längst bei Böhmler avisiert. Böhmler wollte den Jungen als seinen Meisterschüler aufnehmen. Dafür musste Romek in der Böhmler-Klasse immer nur mittwochs zwei Stunden absitzen. Als immatrikulierter Student hatte er dann sofort Anspruch auf Bafög. Er sollte sich bloß nicht so anstellen. Wir brauchten doch das Geld.
    Ganz cool, wie nebenbei, verriet ich Romek, dass wir uns auf dem Kiez befanden, dass der ›Tempelhof‹ noch bis vor Kurzem ein Puff gewesen war und dass drinnen an den Wänden noch die alten Tapeten hingen. Diese Information beeindruckte ihn sehr. Er wurde total scharf darauf, den Laden von innen zu sichten, obwohl er die New-Wave-, House- und Acid-Musik überhaupt nicht mochte. An dem Abend legte Kay Borowietz auf, der zufällig auch ein Student von Böhmler war. Romek sagte, er würde elektronische Musik hassen. Sie sei was für Mädchen und Schwuchteln. Richtige Männer, zu denen er sich zählte, hörten Rock, Hard Rock, Punk Rock, Metal, Heavy Metal, Black Metal, Power Metal, Death Metal, True Metal und Speed Metal. Mir wurde echt übel. Ich verabscheute jede Art von Gitarrenmusik. Und das Gejaule der elektrischen Gitarren hielt ich für das Allerwiderlichste in der Welt überhaupt. Ich hatte mich sogar schon mal deswegen übergeben müssen. Das hing mit dem Äußeren der Musiker zusammen. Ich kotzte auf die Typen mit den nackten, volltätowierten Oberkörpern, die in engen eierbetonenden Jeans steckten, lange, fettige Haare hatten und keine Zellen im Gehirn. Mich gruselte bei dem Gedanken, mit einem dieser Burschen nur eine Minute alleine verbringen zu müssen. Ich wollte auch gar nicht wissen, welche Bands Romek so hörte. Ich laberte auf den Türsteher ein, ich wäre eine Kommilitonin vom DiJay, den ich mit Romek bekannt machen wollte, weil er demnächst bei Professor Böhmler zu studieren begänne, was Kay und ich bereits seit Jahren täten. Den Türsteher interessierten meine Stories nullo. Respektlos, unsentimental und knallhart wies er mich einfach ab. Was für ein Banause. Ich empörte mich. Ich bekam Ärger. Der Türsteher griff mich an. Romek ging mit den Fäusten auf ihn los. Die Männer prügelten sich. Romek schlug kräftig zu. Von Schmerzen nach dem Unfall keine Spur. Der Türsteher gewann. Romek lag am Boden. Ich half ihm aufzustehen. Wir sammelten uns. Der Türsteher erteilte uns Hausverbot.
    Wir schimpften. Wir gingen fort. Um die Ecke war das ›Marylou‹. Romek blutete aus der Nase. Ich tupfte ihn mit einem OB e ab. Ich hatte nichts anderes Geeignetes dabei. Wir kamen beim ›Marylou‹ an. Es war überfüllt. Alle verdächtigen Kandidaten warteten auf den Einlass. Ein Türsteher regelte den Verkehr. Einer kam raus, ein anderer durfte rein. Ich drängelte mich vor. Ich machte mich wichtig. Ich musste angeblich Reinigungszeug für meinen verwundeten Bruder holen. Der Türsteher ließ mich rein. Ich quetschte mich zwischen die Leute an die Bar. Ich war sofort dran. Ich bestellte zwei Wodkas. Ich zahlte mit einem Zwanziger. Die Drinks standen vor mir. Das Restgeld stimmte meiner Meinung nach nicht. Ich behauptete, mit einem Fünfziger gezahlt zu haben. Den Trick hatte ich von James. Er klappte immer wieder. Ich musste schnell weg. Hinter mir standen schon die Nächsten mit Zwanzigern und Fünfzigern in den Händen an. Sie winkten mit den Scheinen dem Barpersonal zu. Sie orderten Drinks mit oder ohne. Ich trug meine Wodkas über ihren Köpfen. Ich rettete mich aus dem Gewusel. Am Ausgang hielt mich der Türsteher fest.
    - Die Gläser bleiben hier.
    - Wie bitte?
    - Du darfst die Drinks, aber nicht die Gläser mit rausnehmen.
    - Weißt du was, du dämliche Trainingsanzugfresse. Ich gieße dir jetzt den teuer gekauften Wodka auf deine blöde Glatze.

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