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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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nächsten Tag klopfte es schon um neun Uhr morgens an unserer Tür. Zwei Tanten, eine vom Amt für Soziale Dienste und eine vom Jugendamt, kamen wegen Gina und Romek vorbei, weil die beiden noch nicht volljährig waren. Ich hatte schon Angst, dass uns die Kinder weggenommen würden. Es kam aber ganz anders, sogar zu unserem Vorteil. Die Tanten bemängelten unsere Wohnlage und machten uns darauf aufmerksam, dass uns ein sogenannter Dringlichkeitsschein von der Wohnbehörde zustünde. Ich sagte: Ja klar, den wollte ich mir schon vor Monaten holen, als man uns im Afrikahaus gekündigt hat. Da wurde ich kafkaesk abgewiesen, weil wir doch noch im Afrikahaus und nicht auf der Straße wohnten. Der Dringlichkeitsschein sei angeblich nur für Leute, die wirklich in Not sind.
    Die Tanten nickten und schrieben sich alles auf. James benahm sich ausnahmsweise nett. Dadurch wurden wir nicht als asoziale Familie eingestuft. Wir bekamen tausend Tipps, wie und wo wir unsere finanzielle Lage aufbessern konnten. Ich sah schon, wie James’ Augen leuchteten. Die Tanten empfahlen, ich sollte Romeks Vormund werden, dann dürfte ich für ihn Schüler-Bafög und Startgeld in Deutschland beantragen. Für Gina sollte ich mir bei den katholischen, bei den evangelischen und bei den konfessionslosen Frauen das Umzugsgeld, das Einrichtungsgeld für ein Kinderzimmer, das Modernisierungsgeld für eine neue Wohnung, das Ausstattungsgeld für Kinderzubehör und das zusätzliche Betreuungsgeld für mein Kind holen, wenn ich für mein Studium an Klausuren, Referaten, Prüfungen arbeitete oder an Exkursionen teilnahm. Nicht schlecht. Da öffneten sich wieder neue Aussichten. Man sollte bloß nicht verzweifeln. Der Zaster lag einfach auf der Straße. Man brauchte sich nur zu bücken, um ihn aufzuheben. Ich liebte Deutschland. In diesem Land gab es für jedes Problem einen Geldtopf, eine Maschine, ein Gesetz.
    Die Tanten gingen endlich mal weg. Kaum hatte ich die Tür hinter ihnen zugemacht, schon klopfte es wieder.
    - Herein.
    Vor mir stand Milena. Sie berichtete, dass im Westwerk eine ganze Etage leer stand. Die Sprinkenhof AG hätte vor ein paar Tagen die gesamte Immobilie einem kulturfreundlichen Anwalt verkauft. Noch schloss er aber mit niemandem Mietverträge ab, bevor das Gericht nicht das letzte Urteil hinsichtlich Bleiberecht ausgesprochen hatte. In meinem Hinterstübchen klingelte etwas.
    - Heißt der Anwalt zufällig Paulsen?
    - Genau der ist das. Woher weißt du seinen Namen?
    - Ach, der führt doch euren Prozess. Das wird dauernd in den Zeitungen erwähnt. Wie groß ist denn diese Etage?
    - Dreihundertfünfzig Quadratmeter.
    - Das können wir im Moment gar nicht bezahlen. Schon alleine wegen der Heizkosten.
    - Du hast die Filmförderung bekommen.
    - Klar, o danke, Milena, das wird ein ganz toller Film, ich verspreche es dir. Aber weißt du, wir haben Schulden. Ich muss erst mal all meine Geräte vom Pfandhaus zurückkaufen, die ich versetzt habe, um die Drehbücher für den Antrag zu produzieren.
    - Das hast du gut gemacht, ohne die Drehbücher hätte ich deinen Antrag nicht durchgekriegt. In den Büchern und Zeichnungen steckte so viel Kunst, so viel Liebe. Weißt du, normalerweise sind Drehbücher das Allerlangweiligste auf der Welt. Ein Schweizer aus der Jury sagte, du zeichnest wie die Amis. Du solltest nach New York gehen.
    - Vielleicht mache ich das auch, aber später, erst mal muss ich mit dem Chaos in meinem Leben aufräumen. James hat keinen Job, und jetzt ist auch noch mein Bruder aus Polen gekommen.
    - Es wird bestimmt noch ein halbes Jahr dauern, bis die Lage bei uns im Westwerk geklärt ist. Ihr könnt die Etage vorübergehend besetzen. Ich habe auch schon mit den anderen geredet. Die haben nichts dagegen. Ihr könnt doch nicht hier so klein hausen.
    - Wie kommt man da rein?
    - Die Räume sind offen.
    - Und wie versperrt man die, wenn man mal weggeht?
    - Du nimmst die Klinke aus dem Gewinde.
    - Was ist mit Wasser, Heizung, Strom?
    - Heizung und Wasser sind noch da, weil sie auf die Betriebskosten des ganzen Hauses umgelegt werden. Strom könntet ihr mit einer Kabeltrommel von mir ziehen. Mir ist das lieber, wenn ihr da reingeht, als wenn die Etage leer steht und sich dort irgendwelche Autonomen einnisten.
    - Was ist mit diesem Paulsen? Ist der denn überhaupt koscher?
    - Die Stadt hat ihm die Fleetinsel unter der Bedingung verkauft, dass er Westwerk mit durchzieht. Paulsen bekommt für unser Gebäude vier Mark pro Quadratmeter an

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