Haut aus Seide
herumreichte, konnte man meinen, sie wäre eine Bonbontüte. Sicher, Lela hatte Andrew zuerst weitergereicht, aber sie bezweifelte, dass Simon Graves ein solch großartiges Geschenk wäre wie Bea. Wie viel Spaß konnte man schon mit einem Mann haben, dessen Leben ausschließlich aus Arbeit bestand?
»Andrew«, begann sie im liebevollsten und wohl unaufrichtigsten Ton, zu dem sie in der Lage war, »wenn dein Boss einen guten Fick braucht, dann musst du das wohl leider selbst übernehmen.«
Andrew wurde rot bis zu den Spitzen seines sonnengebleichten Haars.
Und das legte für Lela durchaus nahe, dass ihr kleiner Scherz genau das beschrieb, was er eigentlich wollte.
»Ihr Vier-Uhr-Termin ist hier, Mr. Graves«, ertönte Mrs. Winters leicht zitternde Stimme durch den kleinen Lautsprecher auf seinem Schreibtisch. Simon lächelte. Egal, wie viele Vier-Uhr-Termine sie ihm schon angekündigt
hatte, sie machten ihre konservative Seele immer noch nervös.
Mit einem Schalk, dem ihm wohl kaum jemand zutraute, ließ er seine Sekretärin schmoren. Sein Schwanz war bereits in dem Moment hart geworden, als er den Summer gehört hatte – wie der pawlowsche Hund, der langsam munter wurde, weil sein tägliches Leckerli fällig war. Simon rückte das Bild seiner Adoptiveltern zurecht. Es war das einzige Foto auf dem riesigen, glänzenden Schreibtisch und zeigte die beiden strahlend Arm in Arm an Deck der QE2 stehen. Sie trugen Hawaii-Hemden und sahen eher wie Touristen aus denn wie ein Ehepaar, das sich dank Simon eine eigene Kreuzfahrtschifflinie hätte leisten können. Ihre Freude machte ihm Freude. Simon lockerte die Schultern, strich den braunen Seidenschlips glatt und schwang in dem seiner Körperform angepassten Stuhl herum, um aus dem Panoramafenster zu schauen.
Der Graves Tower war vierzig Stockwerke hoch – eine schlanke Nadel aus poliertem roten Granit, die erst fünf Jahre alt war. Manhattans Stahl und Glas glitzerten in der Sonne, der East River floss unter dem blauen Himmel dahin, und der nur unterschwellig hörbare, brummende Puls der Stadt vibrierte durch seine Knochen.
Simons geübter Schwanz war mittlerweile hart genug, um seinen wartenden Gast zu rufen. Er griff hinter sich und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage.
»Schicken Sie sie rein, Mrs. Winters.«
Diane kam auf einer Wolke Cristalle hereingeschwebt. Er mochte den Duft nicht besonders, war aber sehr angetan davon, dass er ihn sofort erkannte. Wer hatte behauptet, dass nur Simonchen etwas lernen kann und
Simon nimmermehr? Mit entspannten Gesichtszügen drehte er sich auf dem Stuhl zu ihr um.
»Simon«, begrüßte sie ihn mit einem majestätischen Nicken.
Als Erstes fiel ihm ihr dunkelrotes Business-Outfit ins Auge. Der Rock war gefährlich kurz und ihre Beine unglaublich lang. Das kinnlange aschblonde Haar war hinter die Ohren gekämmt. Make-up: makellos. Sie war Lichtjahre von der zerlumpten College-Studentin entfernt, die er in einem Campus-Café mit dem Angebot geschockt hatte, ihre Studiengebühren zu zahlen, wenn sie ihm im Gegenzug fünf angenehme Stunden die Woche ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellte.
Und was das für angenehme Stunden waren. Für beide. Wäre es anders gewesen, hätte Simon das Arrangement wohl kaum aufrechterhalten. Wenn es um Sex ging, war er ein durch und durch pragmatischer Mann. Für ihn war Lust ein gesundes Bedürfnis, das zu jedem passenden Zeitpunkt ohne Scham oder Reue befriedigt werden sollte. Dabei hatte er keineswegs die Absicht, nette, junge Frauen in Huren zu verwandeln. Geliebte, ja. Huren, nein.
Er mochte Frauen, sicher. Simon wollte jedoch die emotionalen Verstrickungen vermeiden, die eine feste Freundin eben so mit sich brachte. Er schätzte es ganz und gar nicht, Erwartungen womöglich nicht erfüllen zu können – sei es nun bei einer Romanze oder in einer Ehe. Am besten war es, erst gar keine allzu großen Hoffnungen entstehen zu lassen. Sein Blick fiel auf das Foto seiner lächelnden Eltern. Sein Kiefer verspannte sich. Einige Schulden konnten nie beglichen werden, einige duldeten keine Stundung. Diane verstand seine Prioritäten,
denn sie stimmten mit den ihren überein. Er war überzeugt, dass sie es in diesem Metier noch weit bringen würde.
»Du siehst sehr hübsch aus«, begann er.
Seine Bemerkung schien sie zu überraschen. Simon legte die Stirn in Falten. War er denn sonst wirklich so geizig mit seinen Komplimenten? Die Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht. Schließlich
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