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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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nach.«
    Lindermilk zuckte die Achseln. »Ich sag Ihnen was. Wenn Sie hier fertig sind, kann ich die Bilder dann haben? Ich werde sie alle verbrennen.«
    »Sprechen Sie mit der Spurensicherung. Das dürfte kein Problem sein.«
    »Draußen am Haus sind ein paar Sachen, die ich auch wegnehmen will. Diese Viecher auf dem Dach. Ich möchte nicht, dass die Nachbarn hier herumlaufen und uns auslachen.«
    Caffery wandte sich zur Treppe um. Silbriger Aluminiumoxydstaub lag auf dem Treppengeländer, kreuz und quer durchzogen von rechteckigen Lücken, wo mit Klebstreifen Fingerabdrücke sichergestellt worden waren. »Sie haben bei Ihrem letzten Besuch niemanden gesehen, der sich hier herumtrieb? Keine Autos, die Sie nicht kannten?«
    »Ich hab gar nichts gesehen.«
    »Würden Sie es merken, wenn etwas fehlt? Irgendwelche Wertsachen? Bargeld? Schmuck? Kreditkarten?«
    »Sie hatte nur den Computer. Und den Fernseher. Und das Teleskop. Ein bisschen Schmuck auch, ja. Ringe und so was.«
    »Wo hat sie das aufbewahrt?«
    »Im Safe.«
    Caffery sah den Kriminaltechniker, der in der Tür stand, mit fragend hochgezogenen Brauen an.
    »Der Safe ist unbeschädigt, Sir.« Der Mann deutete ins Obergeschoss. »Er befindet sich im Schlafzimmer. Sie haben dagegengeschlagen, sind aber nicht reingekommen.«
    Sie gingen zu dritt nach oben. Caffery zog sich am Geländer hinauf, um das verletzte Bein nicht zu belasten. Ein Spurensicherer im blauen Overall kauerte auf dem Absatz vor einer Truhe; seine Augen waren in Höhe des Griffs, den er mit einem schwarzen Pulver bestrich. Als sie an ihm vorbeikamen, seufzte er tief.
    »Im Moment immer nur der gleiche Satz Fingerabdrücke. Und das sind ihre. Ich glaube, der Kerl hat Handschuhe getragen.«
    Lindermilk führte sie in ein Schlafzimmer, einen kleinen, niedrigen Raum mit einer Dachtraufe über dem Fenster und freiliegenden Deckenbalken. In der Ecke stand ein Bett mit einem gepolsterten Kopfbrett, und darüber war ein kleiner Wandsafe, gerade groß genug für Schmuck und Papiere. Er war mit Fingerabdruckpulver bedeckt. Lindermilk wollte am Zahlenknopf drehen, als Caffery hustete.
    »Moment.« Er ging hinaus und zog ein Paar Handschuhe aus dem Koffer des Kriminaltechnikers. Er warf sie Lindermilk zu, der sie anzog.
    »Sie kennen die Kombination?«
    Lindermilk betrachtete das Rad mit zusammengekniffenen Augen. »Ich kannte sie immer. Es sei denn, sie hat sie geändert.« Versuchsweise drehte er an dem Knopf und murmelte dabei die Zahlen. Das Schloss klickte. Er öffnete die Tür, trat zurück und deutete in den Safe.
    Caffery trat näher. Der Safe war voll. Er sah zwei Plastikmappen mit hellblauem Rücken, die Papiere enthielten, und eine kleine schwarze Emailledose.
    »Das ist der Schmuck.« Lindermilk nahm die Dose heraus, öffnete sie, warf einen Blick hinein und wühlte mit der Fingerspitze durch den Inhalt.
    »Fehlt was?«
    »Glaube nicht.« Er gab Caffery die Dose.
    Sie enthielt nichts Bemerkenswertes: einen Diamantsolitär an einer Kette, ein Paar Manschettenknöpfe, ein paar Ringe und eine Strassbrosche in Form eines Ankers.
    Lindermilk stellte die Dose beiseite und wandte sich wieder dem Safe zu. Er nahm die obere Mappe heraus, ließ den Inhalt auf seine flache Hand gleiten und ging die Papiere durch. »Offizieller Kram. Ihr Testament, Urkunden über das Haus, Unterlagen von ihrem Anwalt.«
    Er nahm das Gummiband ab, das die zweite Mappe umschloss. Sie enthielt Fotos - alle im gleichen A4-Format, aber die unterschiedliche Qualität von Abzügen und Papier ließ darauf schließen, dass sie in einem Zeitraum von mindestens dreißig Jahren aufgenommen worden waren.
    »Was ist das?«
    »Fotos von Tieren. Der Himmel weiß, warum sie sie aufbewahrt hat, die dumme Kuh. Sie hat immer Delphine und anderes Zeug fotografiert. Ich werde sie auch verbrennen.«
    »Lassen Sie mal sehen.«
    Lindermilk fächerte die Bilder auseinander. Einige waren farbig. Ein paar zeigten eine Hochzeit, die wahrscheinlich Ende des siebziger Jahre stattgefunden hatte: ein lächelndes Paar vor einer Kirche, die hellhäutige und blonde Braut in einem langen, blau-weiß geblümten Kleid und mit Strohhut. Auf anderen sah man tote Tiere: plattgefahrene Dachse, tote Kaninchen, tote Eichhörnchen. Ein Reh mit gebrochenem Genick und ganz nach hinten verdrehtem Kopf. »Ungefähr jedes überfahrene Tier im ganzen Land.« Lindermilk klang müde. »Sie wollte eine Kampagne für Geschwindigkeitskontrollen auf der Straße da unten starten.

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