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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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waren nicht betroffen, aber wenn das Bein in einem Jahr wieder halbwegs präsentabel aussehen sollte, würde er eine spezielle chirurgische Behandlung benötigen. Und zwar stationär. Er hatte abgelehnt. Sie sollten ihn zusammenflicken, und dann würde er wieder verschwinden. Also saß jetzt ein Assistenzarzt, der aussah wie ein schlecht gelauntes männliches Katalogmodel, hinter ihm auf dem Bett, vernähte das mit Naropin betäubte Bein und schnupperte hörbar bei dem fauligen Geruch, der Cafferys Kleidern entströmte. Als das Telefon klingelte, musste Caffery sich auf die Ellbogen stützen, um es aus der Brusttasche zu angeln. »Ja. DI Caffery«, nuschelte er.
    »Wir haben wieder einen.« Es war Turnbull. »Ist heute Nachmittag gemeldet worden. Die Kollegen vor Ort hielten es für einen Selbstmord und schickten die Leiche ins Royal United Hospital, aber jemand in der Zentrale hat nach Feierabend noch mal darüber nachgedacht und einen Geistesblitz gehabt.
    Er hat die Sache mit Ihrem Fall in Verbindung gebracht und zum Telefon gegriffen. Es ist der gleiche Modus Operandi. Sie haben sie in ihrem Auto gefunden - Tabletten, Messer, der gleiche Scheiß wie bei den anderen.«
    Caffery antwortete nicht gleich. Der Arzt hatte seine Arbeit unterbrochen; er stand mit verschränkten Armen am Kopfende des Bettes und betrachtete mit hochgezogenen Augenbrauen das Schild an der Wand, das ein rot durchgestrichenes Telefon zeigte. Caffery streckte den Daumen hoch und warf ihm einen Blick zu, der sagen sollte: »Dauert nur eine Minute.« Dann steckte er sich den Finger ins linke Ohr.
    »Reden Sie weiter. Wer ist es?«
    »Eine Frau namens Lindermilk.«
    »Lindermilk? Der Name ist mir schon irgendwo begegnet.«
    »Ruth Lindermilk? Sie wohnte in der Nähe von Farleigh Hall, in einer der Ortschaften, die wir durchkämmt haben. Eine Art Einsiedlerin. Und Sie werden entzückt sein, wenn Sie hören, wer ihre Nichte ist. War, besser gesagt.«
    »Lassen Sie mich raten. Lucy Mahoney.«
    »Nein. Susan Hopkins.«
    »Oha.«
    »Ja, und die Lindermilk hatte heute Vormittag einen Termin in der Klinik Rothersfield. Bei welchem Arzt?«
    »Bei Tanner. Da hab ich ihren Namen gesehen - in seinen Unterlagen.«
    »Und während sie am Fundort noch mit den Köpfen wackeln«, fuhr Turnbull fort, »kommt wieder ein Anruf. In Lindermilks Haus ist eingebrochen worden. Alles verwüstet.«
    »Als Tanner sie umgebracht hat?«
    »Wahrscheinlich nicht. Die Leiche sieht aus, als hätte es keinen Kampf gegeben. Wir glauben, der Einbruch kam danach. Er hat sie umgebracht, und dann ist er zurückgegangen und hat das Haus auf den Kopf gestellt. Genau wie bei Mahoney, aber weniger diskret.«
    »Wer hat es entdeckt?«
    »Der Sohn der Lindermilk. Er hört, was mit ihr passiert ist, und - nur, damit Sie sehen, mit welchen Leuten wir es hier zu tun haben - weil sie etwas in ihrem Besitz hat, das er haben will, bevor die Polizei das Haus versiegelt, fährt er sofort hin und geht rein. Anscheinend hat er einen Schlüssel. Aber als er ankommt, stellt er fest, dass jemand schneller war als er. Fast hätte er ihn sogar noch erwischt. Er hört, wie er hinten aus dem Fenster springt. So knapp war es.«
    »Wann war das?«
    »Vor zwei oder drei Stunden.«
    »Dann kann Tanner es nicht gewesen sein.«
    »Die Lindermilk hatte in der Vergangenheit immer wieder Stunk mit ihren Nachbarn. Gab ein paar Streitigkeiten. Vielleicht war's einer von denen.«
    Dem Arzt platzte jetzt anscheinend der Kragen; er ging hinaus und hinterließ eine halb vernähte Wunde, ein paar Spritzen in einer Nierenschale, ein blutgetränktes Laken und einen wehenden Vorhang zum Beweis dafür, dass er da gewesen war.
    »Was soll ich jetzt tun?«, fragte Turnbull.
    Eine Woge von Müdigkeit ergriff Caffery. Er spürte, dass er nicht mehr die Kraft hatte, aufzustehen und weiterzumachen. Er wollte essen, trinken und schlafen, sonst nichts. »Keine Ahnung«, murmelte er mit schwerer Zunge. »Wo ist die Leiche?«
    »Im Leichenschauhaus. Wir warten darauf, dass wir den Obduktionstermin erfahren. Die Spurensicherung ist jetzt unterwegs zum Haus. Wollen Sie sich dort umsehen?«
    Caffery schob sehr langsam seine Beine herum und ließ sie vorsichtig vom Bett gleiten. Er wartete eine Weile, bis das Schwindelgefühl nachließ; dann sah er sich nach der Klingel um. »Ich komme, sobald ich in dem Laden hier einen Arzt gefunden habe.«
     

67
    Als Erstes fiel Caffery auf, wie nah Ruth Lindermilks Haus bei Farleigh Park Hall lag. Als

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