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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Formation und war nur eine Viertelmeile von Nummer acht entfernt, wo sie im Tiefenrausch beinahe ertrunken wäre. Vielleicht gab es da draußen Verbindungstunnel. Alte Luftschächte, die jetzt geflutet waren und in denen sich Dinge bewegten.
    Blödsinn. Lauter Blödsinn. Eine Narkose. Sie hatte eine Narkose gehabt. Das war alles. Sie war auf fünfzig Meter getaucht.
    Nichts und niemand konnte in fünfzig Metern Tiefe herumschwimmen.
    »Wirklich alles okay, Sarge?«
    »Herrgott, Wellard. Ja.«
    »Nichts, was Sie beunruhigt?«
    »Nein. Ich freue mich einfach darauf zu sehen, wer dieser Typ ist. Das ist alles. Seine Leiche herauszuziehen. Halten Sie jetzt die Klappe?«
    Der Auftrag war gleich am Morgen hereingekommen. Vor drei Stunden, als die Kinder zur Schule gebracht wurden, war in einer Kleinstadt im nördlichen Somerset ein Lexus entführt worden. Ein neunjähriges Schulkind einer exklusiven Privatschule in Bluse und grauem Blazer hatte auf dem Rücksitz gesessen. Der Carjacker war zwanzig Meilen weit mit dem Mädchen gefahren und hatte die ganze Zeit mit ihm geredet, bevor er in Wells am Straßenrand anhielt und ihm befahl auszusteigen. Da hatte es dann zehn Minuten lang heulend und zitternd gestanden, während die Autos auf dem Weg zur Arbeit an ihm vorbeifuhren, bis ein Minicab-Fahrer auf die Idee gekommen war anzuhalten. Der Carjacker war noch fünf Meilen weiter bis zum Höhlensystem von Elf's Grotto gefahren, dann von der Straße herunter und durch eine stillgelegte Autowerkstatt geradewegs in den Steinbruch Nummer zwei gebrettert.
    Es war der gleiche Modus Operandi wie bei einem Carjacking-Fall vor ungefähr einem Jahr. Damals war das Opfer ein sechsjähriges Mädchen gewesen. Flea vermutete, dass es derselbe Täter war. Ihrer Ansicht nach, handelte es sich nicht um einen Carjacker, sondern um einen Pädophilen. Wenn das stimmte, wäre er nicht der erste Pädophile, der versucht hatte, seine Phantasien auszuagieren, es aber nicht geschafft und dann Selbstmord begangen hatte. Hoffentlich waren die Fenster geschlossen und nicht kaputtgegangen, als er im Wasser landete. Hoffentlich hatte er eine Weile gebraucht, um zu sterben.
    Sie erreichte das Ende des ersten Zwanzig-Meter-Abschnitts im See und kehrte um. Schade, dass es nicht Nacht war. Nachts waren Autos ein Kinderspiel; die Scheinwerfer brannten auch im Wasser oft weiter, aber der Carjacker hatte wahrscheinlich das Licht trotz des Regens nicht eingeschaltet. In den meisten Fällen suchte das Team nach »Primärindikatoren«, bevor sie tauchten, nach Hinweisen darauf, wo der Wagen ins Wasser gestürzt war, aber heute gab es keine: kein Ölfilm auf der Oberfläche, keine Schürfspuren am Uferrand. Irgendwie seltsam. Sie mussten annehmen, dass der Lexus auf dem vom Parkplatz herunterführenden Weg gekommen war, über die Zufahrtstraße an der Westseite.
    Sie hob das Gewicht der Ankerleine hoch - die Markierung, die sie benutzten, um das Suchraster abzustecken - und ließ es wieder fallen. Härter als nötig.
    »Hey, Sarge? Hoffen wir, es ist 'ne Leiche, die Sie da rausziehen.«
    »Was?«
    »Hoffentlich ist es nicht einer, der sich mit Ihnen prügeln will. Sie wissen doch, ein zufälliger Lufteinschluss und so Zeug.«
    »Mein Gott, Wellard, stehen Sie wieder zu nah am Auspuff? Halten Sie einfach den Schnabel, ja?«
    Das Team hatte sich im Stützpunkt aufgehalten, als der Anruf kam, und sie waren weniger als anderthalb Stunden später im Steinbruch gewesen. Aber der Zeuge, der den Lexus hatte ins Wasser rauschen sehen, besaß kein Handy. Er musste fünf Meilen weit über die Landstraße bis zur nächsten Telefonzelle fahren. Also waren seitdem mindestens zwei Stunden vergangen. Nein, ausgeschlossen, dass das Schwein noch lebte.
    Sie schwamm weiter, ohne sich umzusehen. Dachte nicht an das dunkle Wasser, das sich meterweit hinter ihr erstreckte, sondern konzentrierte sich auf den Grund, der in pechschwarzer Finsternis unter ihr lag. Ein Wölkchen Schlick stieg vom Boden auf. Die Umrisse eines Gegenstands zeichneten sich in der Dunkelheit ab. Sie erkannte, dass es ein Boot war, moosbedeckt und sehr alt. Man würde die Steinbruchfirma danach fragen müssen. Flea warf einen Blick hinein. Es war leer. Vielleicht hatte man es als Attraktion für Taucher hier auf dem Grund gelassen. Sie legte eine Hand auf den Bordrand und zog sich voran.
    Sie folgte dem Kompass und hielt ein paar Meter hinter dem Boot an, ruderte leicht mit den Armen, um ihre Position zu halten, und

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