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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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jemanden mit absoluter Spitzenkondition, der Flossen, Leinen, beschwerte Schlitten und ein Team von Helfern benutzt und reinen Sauerstoff inhaliert. Das volle Programm. Da kann nicht jeder x-beliebige Durchschnittstyp ins Wasser hopsen und das einfach so machen - er hätte Glück, extremes Glück, wenn er zehn Meter tief käme. Wenn Sie also andeuten wollen, irgendjemand könnte einfach mal so lässig fünfzig Meter tief tauchen, ohne...«
    »Ich habe nicht fünfzig gesagt, sondern hundert. Da steht der Rekord. Wie kommen Sie auf fünfzig?«
    »Dann eben hundert. Hundert Meter ohne Flossen und ohne vorher eine ganze Flasche Sauerstoff zu schlucken - träumen Sie weiter. Wissen Sie, wie die Profis das schaffen?«
    »Nein.«
    »Sie tricksen ihr Gehirn aus.« Sie tippte sich an die Schläfe. »Sie schalten den Teil des Gehirns ab, der sie daran erinnert, zu atmen. Haben Sie schon mal gesehen, wenn einer von denen nach einem Tauchgang wieder heraufkommt? Glauben Sie mir, das ist nicht lustig. Die sind im Grunde tot. Man muss sie ohrfeigen, damit sie wieder atmen.«
    »Und wenn sie Kleider tragen?«
    »Kleider?«
    »Ja. Oder wenn sie sich etwas an den Körper geschnallt haben. Plastik, Gummi oder so was. Prothesen.«
    »Das würde es nur noch schwerer machen. Es ist ausgeschlossen, dass jemand, der kein Weltklasseprofi ist, hundert Meter tief tauchen kann.«
    Caffery schwieg eine Zeit lang. In ihrem Gesicht hatte die Maske rote Kerben hinterlassen, und ihre Augen waren blutunterlaufen. Aber da war noch mehr. Mehr als nur die Erschöpfung nach dem Tauchen. »Ich habe Sie aufgebracht.«
    Sie atmete aus. »Nein. Nicht Sie.«
    »Wer dann?«
    »Es ist nichts. Ehrlich. Es ist...« Sie starrte auf das stille Wasser, in dem sich der bedeckte Himmel spiegelte, und schwieg eine ganze Weile. Dann rieb sie sich die Arme, als fröre sie. »Das, was ich im Wasser gefunden hab, hat mich ein bisschen durcheinandergebracht. Das ist alles.«
    »Etwas hat Sie durcheinandergebracht? Ich dachte, Sie wären aus Gusseisen. Was ist heute anders?«
    »Keine Ahnung. Mit einem Tier hab ich einfach nicht gerechnet.«
    »Mit einem Tier?«
    »Dieser Carjacker ist nicht da. Weiß der Himmel, was der Zeuge gesehen hat oder zu sehen glaubte, oder wo sich der Lesux befindet, denn der verdammte Steinbruch ist leer. Aber da war ein Hund. Die Kriminaltechnik hat ihn.«
    Caffery schaute zu den Bäumen empor. Die frischen Triebe an den Zweigen sahen an diesem bleigrauen Vormittag stumpf und glanzlos aus. Am Morgen hatte DS Turnbull einen Anruf von der Abschleppfirma Hinton erhalten; sie waren sauer gewesen, denn als sie zum Steinbruch Nummer acht gekommen waren, hatten sie keinen Motorroller vorgefunden, weder einen roten noch irgendeinen anderen. Steinbruch Nummer acht war hinter diesen Bäumen dort. Und die Parkbucht an der Landstraße, wo Lucy Mahoney ihren Wagen abgestellt hatte, lag nur eine Meile weiter. Sie hatte ihren Hund bei sich gehabt. »Er trug kein Halsband, oder?«
    »Ich hab keins gesehen.«
    »Was für ein Hund war es? Könnte es ein Spaniel gewesen sein?«
    »Möglich. Die Größe käme ungefähr hin. Aber nach dem, was man mit ihm angestellt hat, ist das schwer zu sagen. Und er hat ein paar Tage im Wasser gelegen. In ungefähr einer Woche wäre er hochgekommen. Sie wissen schon - wenn sich genug Faulgase angesammelt haben, steigt das ganze Ding wieder nach oben. Trotz allem, was mit ihm gemacht wurde, hat die Magenschleimhaut die Gase gehalten. Der ganze Kadaver wäre irgendwann aufgetaucht, obwohl er so übel zugerichtet ist.«
    »Übel zugerichtet?«
    »Ja. Eine Ratte würde rausschwimmen, um ihn anzufressen, wenn er an der Oberfläche triebe. Aber sie würde nicht so tief tauchen. Und andere Tiere, die es getan haben könnten, gibt's da unten nicht. Ein paar Molche vielleicht. Aber sonst nichts.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich hab in meinem Job schon ein paar tote Hunde gesehen, und meist lasse ich sie, wo sie sind. Man kann sie nicht alle heraufholen, es sei denn, sie hätten irgendeinen Indizienwert. Aber ab und zu denkt man: Hier stimmt was nicht.« Sie deutete mit dem Kopf zu ihrem Team, das dabei war, die Ausrüstung zusammenzutragen. »Haben Sie gesehen, wie sie den Hund verpackt haben?«
    »Dass sie ihn in zwei Säcke gesteckt haben?«
    »Einer für den Kadaver.«
    »Und der andere?«
    »Für die Haut. Wer immer ihn da reingeworfen hat...« Sie schaute über den einsamen See hinweg. »Wer immer das Schwein war, er hat dem armen

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