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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Vieh vorher die Haut abgezogen.«
     

18
    Flea erledigte den Papierkram, packte ihre Ausrüstung ein und zog eine Fleecejacke an. Dann warf sie einen Blick auf ihr Telefon: kein Anruf von Thom. Sie half dem Team, den Wagen der Einheit zu beladen, schlug dann mit der flachen Hand an die Hecktür und schaute dem Van nach, als er über den lehmigen Boden davonrumpelte. Es war Nachmittag geworden, und die Wolken über dem Steinbruch zogen jetzt weiter. Auf der schmalen Straße parkte noch immer der BMW der Verkehrsstreife; der Polizist, der am Steuer saß, trank Kaffee aus einer Thermosflasche. Auf dem Hang etwa sechs Meter oberhalb davon entdeckte sie Jack Cafferys Silhouette vor den Wolken. Er spähte über den Steinbruch hinweg, als betrachtete er etwas am Himmel.
    »Sind Sie fertig?«, fragte er, als er sah, dass sie zu ihm heraufgeklettert kam. »Ist Ihnen ein bisschen wärmer?«
    »Hier.« Sie reichte ihm eine Visitenkarte. »Das ist die Nummer der kriminaltechnischen Abteilung. Wegen des Hundes. Sie bringen ihn zum Scannen zu einem Tierarzt; vielleicht trägt er einen implantierten Chip. Sind Sie noch interessiert?«
    »Natürlich. Danke.«
    »Jack. Ich wollte...«
    »Ja?«
    Sie zögerte. Sie war sich immer noch nicht ganz klar über ihn. Wusste immer noch nicht, auf welcher Seite er stand. »Ich wollte Sie fragen... wegen der Kitson-Sache.«
    »Wegen der Kitson-Sache?« Er runzelte die Stirn. Sie wusste, dass er damit nicht gerechnet hatte. »Was ist damit?«
    »Nur aus höflichem Interesse. Wissen Sie - ich dachte an den Anschiss, den Pearce mir verpasst hat. Es klang, als hätte ich vielleicht ein bisschen gewissenhafter sein sollen.«
    »Pearce? Der Spacko mit der zugekämmten Glatze?«
    Sie lächelte schief und rieb sich die Nase. »Na ja, man wirft mir vor, unprofessionell zu sein. Da wird einem« - sie hob die Schultern - »irgendwann unbehaglich zumute. So was eben.«
    »Ich wüsste nicht, was Sie falsch gemacht haben sollten. Ihr Team hat einen See abgesucht. Sie haben nicht angenommen, dass Sie sie finden würden, aber Sie haben den See trotzdem abgesucht. Ist nicht Ihre Schuld, dass sie anscheinend von Aliens entführt worden ist.«
    Ein paar Regentropfen fielen, und Flea zog den Reißverschluss ihrer Fleecejacke zu. Der Polizist im Streifenwagen öffnete seine Tür und kippte einen Rest Kaffee aus seinem Thermosbecher auf den Boden.
    »Sie haben also keine Ahnung. Sie wissen nicht, wo sie ist?«
    »Ha.« Er schob die Hände in die Taschen und schaute zu den Wolken hinauf. »Ich weiß es nicht, nein. Tut mir leid, wenn es zynisch klingt, aber in Wahrheit ist es mir auch völlig schnuppe, was mit ihr passiert ist. Wahrscheinlich taucht sie irgendwann in einem Studio in Soho auf, zugekokst bis an die Kiemen. Oder in einer Strandhütte auf Antigua.«
    Unter ihnen auf der Straße stieg der Polizist aus dem Wagen, blieb stehen und klopfte sich die Krümel von der Hose. Flea sah zu, wie er den Bauch einzog und sich das Hemd in die Hose stopfte. »Aber das ist nicht die offizielle Linie, oder? Dass Sie nicht glauben, dass sie tot ist?«
    »Ich glaube gar nichts. Hab ich noch nie getan. Ich arbeite nicht an dem Fall.«
    Sie beobachtete den Polizisten jetzt genauer. Irgendetwas an seinem Aussehen ließ sie aufmerksam werden, etwas an seinem Schädel, an den Geheimratsecken in seinem kurz rasierten Haar. Dann wurde es ihr klar. Es war PC Prody, der Verkehrspolizist, der Thom nach Hause verfolgt und einen Alkotest mit ihr gemacht hatte. Jetzt kletterte er den Hang herauf und kam auf sie zu - vier, vielleicht fünf Schritte. Das genügte.
    »'tschuldigung«, murmelte sie. »Hab was vergessen.« Sie zog ihren Autoschlüssel aus der Tasche und rutschte den Hang hinunter, weg von dem Polizisten. Sie stieg in den Clio, schlug die Tür zu und wollte den Schlüssel ins Zündschloss stecken, als Caffery sie eingeholt hatte. Er schob den Kopf durch das offene Fenster. »Sie haben meine Anrufe nicht beantwortet.«
    »Ich hatte zu tun.«
    »Ich hab dreimal angerufen.«
    »Ich weiß.« Sie fummelte am Zündschlüssel herum. Ihre Finger zitterten. »Ich hatte zu tun.«
    »Zu viel zu tun, um zurückzurufen?«
    »Ja.«
    »Ich wollte Sie nur etwas fragen.«
    »Ich sag doch, ich hatte zu tun.«
    »Hey!« Unvermittelt beugte er sich weiter herein. »Hey. Was ist los mit Ihnen? Verdammt, was haben Sie denn?«
    Sie hörte auf, mit dem Schlüssel zu spielen, und schaute hinauf zu Prody. Er war auf halber Höhe am Hang stehen

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