Haut
spähte in die Dunkelheit. Da war etwas, ungefähr drei Meter unter ihr. Es ruhte auf dem Grund zwischen ein paar Pflanzen und Baumästen. Schlick wirbelte auf und legte sich wieder.
Es überlief sie kalt - wenn Wasser in den Anzug eindrang, fühlte es sich ganz ähnlich an. Sie glaubte zu wissen, was sie da sah. Sie tauchte langsam tiefer. Das Objekt klemmte zwischen zwei Steinblöcken. Sie leuchtete es mit der Salvo an, betrachtete es. »Wellard? Wissen wir, ob die Familie mit dem Lexus... hatten die einen...«
Sie brach ab. Nein. Das da unten konnte nicht erst heute aus dem Wagen geschleudert worden sein. Es verweste bereits; das sah man an dem feinen Dunst der Faulstoffe, die dort schwebten wie ein Miasma. Es befand sich nicht erst seit zwei Stunden hier im Wasser.
»Was sollen sie gehabt haben, Sarge?«
»Nichts. Lassen Sie mir einen Moment Zeit.«
Sie schob die Hände unter ihren Fund und hob ihn hoch, und als sie die Unterseite sah, wusste sie, dass er nicht durch einen Unfall hierhergelangt war.
»Hey«, sagte sie, »schicken Sie mir einen Leichensack.«
»Haben Sie den Kerl gefunden?«
»Nein.« Sie ließ ihren Fund los, und er sank wieder auf den Boden. Leichte Übelkeit überkam sie, aber sie verging gleich wieder. Eine Wolke von Verwesungsstoffen umgab sie. »Nein. Aber informieren Sie die Spurensicherung, ja? Sagen Sie ihnen, es gehört nicht zur Sache. Ich habe den Gesuchten nicht gefunden, aber ich will trotzdem einen Leichensack. Oder, Wellard - sagen wir, zwei.«
17
Viel Zeit war vergangen, zu viel, als dass der Carjacker noch am Leben hätte sein können, aber Krankenwagen und Feuerwehr waren trotzdem angerückt. Die Mannschaften lungerten halbherzig am Rand des Steinbruchs herum, spähten ins Wasser und verfolgten, wie die verschiedenen Polizeieinheiten anrollten. Während die Kriminaltechniker Videoaufnahmen machten und die Taucher ihrer Arbeit nachgingen, gaben die Rettungsdienste nacheinander das Warten auf und zogen ab, weil sie anderswo zu tun hatten. Die letzten fuhren soeben los, als Sergeant Marley mit den Leichensäcken aus dem Wasser kam.
Caffery saß im Licht der Nachmittagssonne in seinem Wagen. Er hatte die Fenster heruntergedreht und beobachtete, wie die Männer auf dem Ponton ihr die Säcke abnahmen, sie von der Nabelschnur befreiten und ihr eine alubeschichtete Wärmedecke um die Schultern legten. Sie spritzten sie ab und halfen ihr aus dem Anzug. Als die Spurensicherer gegangen waren und sie allein auf der Heckklappe des Tauchervans saß, stieg er aus und brachte ihr einen Becher Kaffee, den er den Feuerwehrleuten abgeschwatzt hatte.
Ihr Gesicht war fleckig und verquollen, und ihre Nase lief. Teilnahmslos starrte sie den Kaffee an.
»Hey«, sagte er. »Lächeln Sie jetzt gleich, dann haben Sie es hinter sich. Für den ganzen Tag.«
Sie musterte ihn von oben bis unten. »Jetzt haben sie also die MCIU raus geschickt. Das freut mich. Selbst wenn er nicht da drin ist, bin ich doch froh, dass Sie sich diesmal dafür interessieren. Ich habe immer gewusst, dass er es wieder machen würde, dieser Carjacker.«
»Die MCIU hat nichts damit zu tun.« Caffery setzte sich dicht neben ihr auf die Heckklappe und reichte ihr den Kaffeebecher. »Ich bin's. Ich wollte mit Ihnen reden.«
»Ach ja?« Sie klang nicht interessiert. »Worüber?«
»Über Freediving. Schon mal davon gehört?«
»Wettkampf-Apnoetauchen. Ich hab davon gehört.«
»Was wissen Sie darüber?«
»Ich weiß, dass es die schnellste Methode ist, sich umzubringen. Das oder ein Sprung von der Clifton Bridge. Beides gleich wirksam. Wieso? Leiden Sie in letzter Zeit an Depressionen?«
»Ich habe gehört, man kann mehr als hundert Meter tief ohne Atemgerät tauchen. Hab ich gehört.«
Sie schüttelte den Kopf. »Darauf lasse ich mich nicht ein. Sie vergessen, dass ich in meinem Job auch als sachverständige Zeugin auftrete. Ich habe im Lauf der Zeit genügend aalglatte Verteidiger überstanden, um mich nicht über den Tisch ziehen zu lassen.«
»Das ist aber komisch. Ich hatte nicht vor, Sie über den Tisch zu ziehen.«
»Doch. Sie wollen, dass ich an Ihren Tokoloshe glaube.« Sie hob die Hände und ließ die Finger vor seinem Gesicht flattern. »Furchterregende Ungeheuer im Wasser.«
»Ich will nur wissen, was möglich ist. Ich will wissen, wozu der Tansanier, der in Haft sitzt, fähig sein könnte.«
»Dann müssen Sie die Fakten kennen. Über hundert Meter ist der Weltrekord - der Weltrekord - für
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