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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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getan hat, dann macht mir das ernsthafte Kopfschmerzen. Ich muss zwei unterschiedliche Vorgehensweisen in Einklang bringen. Einmal werden einem Selbstmörder die Haare abgeschnitten, und einmal wird ein Hund gehäutet.« Er zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Da ist alles möglich.«
    Die Hunde apportierten ihre Stöcke, saßen da wie zwei Buchstützen und beäugten Beatrice. Sie warteten darauf, dass sie die Stöcke noch einmal warf. Der Setter hatte weiße Speichelfetzen an den Lefzen.
    »Tja, Jack Caffery.« Beatrice ignorierte die Stöcke. »Wenn Sie nicht vorhaben, mich zu verführen oder eine Lady-Chatterley-Nummer am Baumstamm abzuziehen, dann werde ich jetzt wohl mit meinen besten Freunden nach Hause gehen.«
    Er sah ihr nach, als sie zum Wagen ging. Sie warf Decken hinten hinein und pfiff den Hunden. Als sie die Heckklappe zugeschlagen hatte, rief er: »Beatrice?«
    »Was?«
    »Ich wünschte, Sie meinten es ernst. Das mit der Lady-Chatterley-Nummer.«
    Sie lachte leise. Der Wind wehte ihr das graue Haar ins Gesicht. »Das wünschte ich auch. Ich wünschte bei Gott, ich hätte die Energie, es ernst zu meinen.« Sie warf den Zigarettenstummel auf den Boden und zerrieb ihn mit der Sohle ihres Turnschuhs. »Ich werde mit dem DI reden, Jack, und ihm sagen, dass ich Bedenken hatte, was die Todesart bei Lucy angeht.
    Aber das wird mündlich geschehen. Ich schreibe meinen Bericht nicht um. Ich revidiere mein Urteil nicht.«
    Sie fuhr davon, und Caffery betrachtete die Zigarettenstummel, die am Boden lagen. Wieder wurde ihm bewusst, wie wunderbar es war, so in der frischen Luft zu stehen und zu rauchen und dabei jemanden an seiner Seite zu haben. Bei dem, was jetzt käme, hätte er gern jemanden an seiner Seite gehabt. Jetzt musste er herausfinden, was der Tokoloshe mit einem Hund wollte. Und warum er, nachdem er sich die Mühe gemacht hatte, das Tier zu häuten, die Haut nicht mitnahm.
     

21
    Ian Mallows hatte die Operation Norwegen überlebt. Besser gesagt, er hatte sie größtenteils überlebt. Er hatte fünf Nächte auf der Intensivstation verbracht, aber jetzt lag er in einem Einzelzimmer, nicht auf der Station, denn was immer das Pflegepersonal zu ihm sagte, er konnte nicht aufhören, die anderen Patienten anzuschreien, sie sollten ihn nicht dauernd so dämlich anstarren. Aber natürlich starrten sie ihn weiter an. Wer hätte das unter den Umständen nicht getan?
    Als Caffery das Zimmer betrat, lag Mallows auf der Seite, der Tür zugewandt, und schlief fest. Die Decke war bis an den Hals hochgezogen, und der Fernseher an der Wand lief lautlos.
    Caffery schloss leise die Tür und stellte den Stuhl neben das Bett. Er legte die Stange Bensons, die er mitgebracht hatte, auf den Boden und setzte sich hin, um zu warten, den Blick auf den Fernseher gerichtet, die Hände auf dem Schoß verschränkt.
    »Ja? Was ist los? Was wollen Sie?«
    Caffery sah sich um. Mallows hatte sich nicht gerührt. Seine Augen waren immer noch geschlossen, aber sein Mund stand offen, und darin schimmerte es nass und rot. Nachwachsende Stoppeln überzogen seinen rasierten Schädel mit einem blauschwarzen Schatten. Über seinem linken Ohr war ein Spinnennetz eintätowiert, die Linien waren dick und unscharf. Ein mit der Nähnadel ausgeführtes Knasttattoo. Es war klar, dass Mallows im flachen Ende des Genpools herumpaddelte, dachte Caffery. Er war nie dazu bestimmt gewesen, es in diesem Leben zu schaffen. Auch nicht ohne die Verletzungen, die er bei der Operation Norwegen davongetragen hatte. Die waren jetzt unter der Bettdecke verborgen.
    Mallows öffnete die Augen nicht. »Was wollen Sie?«
    »Ich bin Polizist.« Caffery wollte seinen Ausweis herausziehen, ließ es dann aber bleiben. »Ich bin Detective Inspector Jack Caffery. Denk zurück. Du wirst dich an mich erinnern. Ich bin da reingekommen und hab dich rausgeholt.«
    Jetzt öffnete Mallows die Augen und richtete seinen Blick auf ihn. »Sie waren mit der Tusse da? Mit der Fitten?«
    Caffery schlug die Beine übereinander, zog den rechten Fuß hoch und legte ihn auf das linke Knie. »Die Ärzte haben mich jetzt erst zu dir gelassen. Dein Zustand war die ganze Woche kritisch. Man musste befürchten, dass du nicht durchkommst.«
    »Meine Kumpels werden sich schlapplachen. Lassen uns da von 'ner Tussi retten. In der Zeitung hat's auch gestanden.« Mallows rollte sich auf den Rücken und stemmte sich auf den Ellbogen hoch. Cafferys Fuß hörte auf zu wippen, und er starrte Mallows an.

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