Haut
in meinen Obduktionssaal eingedrungen ist.«
»Nach seinem Tod hat sich jemand an dem Jungen zu schaffen gemacht. Jemand hat ihm Haare abgeschnitten, und das passte zu einem Fall, der mich interessiert. Der Fundort der Leiche ist nicht gerade sehr weit von der Stelle entfernt, wo Lucy Mahoney lag. Bei der Obduktion gestern hatte ich auf Parallelen gehofft, dass jemand ihr Haare abgeschnitten hätte. Aber Fehlanzeige. Auch gut - nur, plötzlich taucht da dieser verdammte Hund auf. Und deshalb möchte ich Sie fragen: Waren Sie hundertprozentig sicher, dass niemand nach ihrem Tod etwas mit ihr angestellt hat? Waren Sie sicher, dass alles so war, wie es sein soll? Keine Bedenken?«
Beatrice hob den Stock auf, den die Schäferhündin gebracht hatte, und schleuderte ihn davon. Sie beobachtete den Hund eine Zeit lang und zündete sich dann erneut eine Zigarette an. »Ich hoffe, Sie haben meinen Bericht gelesen, bevor wir jetzt darüber reden, Jack. Es nervt mich, lange Gespräche über einen Fall zu führen, wenn mein Bericht nicht bekannt ist.«
»Ich habe ihn gelesen. Von vorn bis hinten.«
»Sie lügen. Sie haben ihn nicht mal gesehen. Ich habe ihn heute Morgen an die District Police gemailt und an niemanden sonst.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich will nicht so sein. Weil Sie es sind. Und weil Sie ziemlich gut aussehen, wenn Sie Ihr Jackett ausziehen.« Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette, legte den Kopf zurück und blies eine schnurgerade Rauchfahne in die Luft. »Da waren zwei Kleinigkeiten. Zwei Kleinigkeiten, die mir ein bisschen verdächtig vorkamen.« Der Setter kam mit dem Stock zurück; Beatrice nahm ihn und warf ihn wieder weg. »Sie hatte keine Versuchsschnitte an den Handgelenken. Die meisten Selbstmörder, die ich sehe, fangen klein an - sie wollen feststellen, wie weh es tut und ob sie es aushalten oder nicht. Das hatte sie aber nicht getan.«
»Warum nicht?«
»Weiß der Himmel. Man kann nichts daraus schließen - nicht, wenn man es isoliert betrachtet. Es ist keine eiserne Regel.«
Caffery starrte sie an. Sie hatte bisher nichts davon gesagt. Es war das Letzte, womit er gerechnet hatte. »Sie reden darüber, wie sie gestorben ist? Sie meinen, Sie sind nicht hundertprozentig davon überzeugt, dass es Selbstmord war?«
»Der toxikologische Befund ist eine interessante Lektüre.«
»Benzo?«
»Liegt nahe, denn neben der Leiche lag ja ein Röhrchen Temazepam. Das Messer hat sie getötet, aber beim Ausräumen des Magens habe ich sieben oder acht teilweise aufgelöste Temazepam-Tabletten gefunden. Auch nicht merkwürdig. Die Leute benutzen oft beide Methoden. Sie dröhnen sich mit Schnaps und Tabletten zu, bis sie einigermaßen betäubt sind, und dann schneiden sie sich die Pulsadern auf, um doppelt sicherzugehen, dass alles nach Plan läuft. Aber ich stand da, sah mir den Mageninhalt an, sah mir das Tablettenröhrchen an und fragte mich: Warum? Warum hat sie nicht alle genommen?«
»Es waren noch Tabletten im Röhrchen?«
»Ungefähr fünf. Warum hat sie die nicht genommen?« Beatrice lächelte und zog an ihrer Zigarette. »Wissen Sie, Jack, zufällig sind Sie nicht der einzige Detective in der Stadt. Zufällig ist Mrs. Foxton selbst auch nicht auf den Kopf gefallen. Denn ich habe mir die Tabletten in ihrem Magen angesehen und mir meine Gedanken gemacht. Ich habe mir überlegt, dass diese sieben oder acht Tabletten vielleicht gar nicht für Lucy gedacht waren. Sondern für mich.«
»Für Sie?«
»Ein Ablenkungsmanöver - eine falsche Spur. Ich sagte zu mir, Mrs. Foxton, wenn diese junge Frau hier auf Ihrem Tisch sich nicht selbst das Leben genommen hat, was könnte dann passiert sein? Wäre es vielleicht denkbar, dass eine geheimnisvolle Person A der jungen Dame ein Betäubungsmittel verabreicht hat? Zum Beispiel in einem Drink? Temazepam könnte es nicht gewesen sein, denn das löst sich nicht gut auf; sie hätte das Pulver auf dem Boden des Glases bemerkt. Man brauchte etwas Farb- und Geschmackloses, eine Straßendroge vielleicht, denn alle verschreibungspflichtigen Medikamente sind mit Bitrex vergällt, und das schmeckt man sofort. Und wenn sie dann schön beduselt ist und dasitzt wie ein Wackelpudding, dann könnte die geheimnisvolle Person A ihr ein paar Tabletten geben. Die Obduzentin B würde sie dann im Magen finden, sofort eins und eins zusammenzählen und sie nur auf Benzodiazepine testen.«
»Dann müssten Sie noch mal testen.«
»Ich bin Ihnen schon einen Schritt
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