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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Erbrochenem stieg ihm in die Nase. »Schön, dass Sie kommen konnten.«
    »Danke.« Er drehte den Kopf zur Seite und suchte in seiner Tasche nach dem Airwaves-Kaugummi, ohne das Becherglas aus den Augen zu lassen. »Mageninhalt?«
    »Ja. Coca-Cola, Salat, vermutlich Reste einer Pizza, Kaffee und ungefähr acht halb verdaute Temazepam-Tabletten. Wie bei Lucy Mahoney.«
    »O Gott«, entfuhr es Caffery. Er schob das Becherglas von seinem Gesicht weg. »Das ist nicht das, was ich hören muss.« Er schaute an ihr vorbei in den Obduktionssaal, wo der eine der beiden Assistenten in Maske und sonnengelbem Kittel dabei war, den großen Y-förmigen Schnitt am Oberkörper der Leiche auf dem Tisch zu vernähen. »Was haben Sie denn da?«
    »Einen Suizid. Besser gesagt, einen Todesfall, der aussehen soll wie ein Suizid. Kommen Sie.«
    Caffery steckte sich zwei Kaugummis in den Mund und folgte ihr in den Saal. Die Frau auf dem Tisch war zu Lebzeiten mollig gewesen; sie hatte eine blasse Haut und helles Schamhaar. Auf ihrer rechten Brust war eine Schwalbe eintätowiert. Ihr Gesicht und Haar waren nicht zu erkennen. Der zweite Assistent stand hinter ihrem Kopf und zog ihre Gesichtshaut mit behandschuhten Fingern behutsam über den Schädel herauf. Vermutlich hatte Beatrice am Hinterkopf einen Schnitt gemacht, die Kopfhaut und das Haar vorn über das Gesicht gezogen und in Falten unter das Kinn geschoben. Nach der Obduktion hatte der Assistent die Aufgabe, die Haut wieder zurückzuziehen und zu glätten, damit die Tote für die Angehörigen präsentabel war. Dahinter stand, seitwärts abgewandt, ein Mann im blauen Regenmantel und hielt sich ein Handy ans Ohr. Ein Polizist, vermutete Caffery.
    »Sie ist noch nicht lange tot?« Caffery ging um den Tisch herum und betrachtete den Leichnam. Die dunklen Nähte waren tief ins Fleisch eingegraben. Der Y-Schnitt war um den Nabel herumgeführt worden, sodass dieser auf dem linken Bauchlappen saß; der Assistent nähte das runzlige kleine Ding jetzt an den gegenüberliegenden Hautlappen. »Die Leichenstarre hat noch nicht eingesetzt.«
    »Wir nehmen an, dass sie gestern irgendwann vor Mitternacht gestorben ist. Ihr Name lautet Susan Hopkins.«
    Beatrice streckte die Hand aus, und der Kriminaltechniker reichte ihr einen Stapel Fotos. Sie gab sie Caffery. Die Bilder zeigten Susan Hopkins in Jeans mit Gürtel und einer mit schwarzweißen Blumen bedruckten Bluse auf dem Boden einer Garage, inmitten einer dunklen Blutlache. Sie war jung und ziemlich hübsch mit ihrem flachen Gesicht und der kleinen Nase. Ihr blondes Haar war kurzgeschnitten. Unauffällig, aber hübsch.
    »Sie war Krankenschwester in einer Privatklinik in der Nähe von Yate und hatte Frühdienst gehabt. Um sieben war sie mit ihrem Freund auf einen Drink verabredet; sie wollten feiern, weil ihr Freund von der Ölbohrinsel vor Aberdeen zurückgekommen war. Sie hatten sich drei Wochen nicht gesehen. Aber sie ist nicht erschienen. Die Polizei hat sie heute Morgen um drei in ihrer Garage gefunden. Keine sexuelle Gewalt, kein Raub. Die Eltern, die Ärmsten, sind in Kroatien in Urlaub. Man versucht, sie ausfindig zu machen.«
    »Und Sie sind sich sicher, dass sie nicht selbst Schluss gemacht hat, weil... ?«
    Beatrice warf einen Blick zu dem Polizisten hinüber, um sich zu vergewissern, dass er nicht zuhörte. »Sie hat auf dem Boden gelegen«, sagte sie leise. »Auf dem Rücken. So wie Sie sie jetzt sehen. Genauso wie Mahoney.«
    »Und?«
    »Die meisten Selbstmordtoten sitzen. Wenigstens halb aufrecht irgendwo angelehnt. Noch nie gesehen? Wenn sie mit Leichenstarre eingeliefert werden, ist es, als wollte man einen Stuhl auf den Tisch stellen - die Beine sind sperrig und im Weg. Aber nein, ich breche ihnen nicht die Knochen, damit ich sie flach auf den Tisch legen kann. Falls Ihnen so was schon mal zu Ohren gekommen ist. Ich habe andere Methoden.«
    »Sie ist also im Liegen gestorben. Ist das verdächtig?«
    »Okay, okay.« Beatrice seufzte. »Geben Sie einer alten Frau eine Chance. Natürlich hat es nichts zu bedeuten, wenn ein Selbstmörder flach auf dem Rücken liegt, die Hände an den Seiten. Es ist nur ein bisschen ungewöhnlich, weiter nichts. Aber im Gesamtzusammenhang... Ich weiß nicht. Vielleicht fange ich nur an, mich hier in der Wildnis unter Hinterwäldlern zu langweilen. Da sehe ich einen Mord an jeder Ecke, hm?«
    Sie hob Susans rechte Hand und zeigte Caffery die Innenseite des Handgelenks. Es war ein grober Schnitt - in

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