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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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kommen sie sofort...« Sie führte den Satz nicht zu Ende. »Privatdetektivin? Und was wollen Sie von mir?«
    »Können wir uns unterhalten? Im Haus? Wir wollen doch keine Vorstellung für die Nachbarn geben, oder?«
    Ruth' Mundwinkel zuckten. Ihr listiges kleines Gehirn versuchte die Situation einzuschätzen. Sie warf einen Blick zur Straße und zu den anderen Häusern. In dem aufgedunsenen Gesicht wirkten ihre Augen grau und hart. Kompromisslos. »Ich gebe Ihnen fünf Minuten. Dann rufe ich die Polizei.«
    Sie gingen ins Wohnzimmer. Die weit offene Terrassentür ließ es größer erscheinen; es roch nach Putzmittel und verbranntem Toast. Flea schob ein paar Katzen zur Seite und setzte sich auf das Sofa. »Ich will absolut ehrlich sein.«
    »Das liegt nicht in Ihrer Natur.«
    »Ich will absolut ehrlich sein. Obwohl ich es nicht tun sollte, werde ich Ihnen die Wahrheit sagen. Ich bin in Schwierigkeiten.«
    »Na und? Glauben Sie mir, das ist mir scheißegal.«
    »Dieser Fall ist meine letzte Hoffnung. Wenn ich ihn vermassle, bin ich meinen Job los. Darum hab ich Sie angelogen. Ich war verzweifelt.«
    »Verzweifelt?« Ruth leckte sich die Lippen. »Wie schrecklich für Sie. Was ist es denn? Pleite bis auf die letzte Million?«
    »Es ist ein schwieriger Fall. Der Mann meiner Klientin hat eine Affäre. Letzte Woche kam er betrunken nach Hause. Er hatte einen Unfall gehabt. Der Kühlergrill des Wagens war eingedrückt. Meiner Klientin erzählte er, er sei auf einer Büroparty in Bristol gewesen und habe den Wagen dort geparkt. Jemand sei auf dem Parkplatz dagegengefahren.«
    »Und?«
    »Meine Klientin hat ihm nicht geglaubt. Sie vermutet, dass er bei seiner Freundin in Tellisford war. Wenn das stimmt, muss er diese Straße hier benutzt haben, um nach Hause zu fahren. Und ich glaube, was immer mit dem Wagen passiert sein mag, ist hier passiert. Da unten sind Bremsspuren. Als ich sie mir gestern angeschaut habe, entdeckte ich von der Straße aus Ihr Teleskop. Deshalb bin ich heraufgekommen.«
    Sie sah Ruth fest in die Augen. »Der Unfall ist am vergangenen Montag passiert. Irgendwann vor Mitternacht. Wissen Sie etwas darüber?«
    »Natürlich. Er hat ein Reh angefahren.«
    »Woher wissen Sie, dass es ein Reh war?«
    »Das erkenne ich an der Lautstärke des Zusammenpralls.«
    »Dann haben Sie es nicht gesehen?«
    »Ich hab's gehört. Das genügt. Das Reh muss davongehumpelt sein, denn als ich später mit der Kamera unten war, konnte ich nichts finden. Wahrscheinlich ist es auf einem Feld verendet, das arme...« Sie brach ab und musterte Flea argwöhnisch. Dann grinste sie. Es war ein bierseliges Grinsen, und man sah ihre Zahnlücke. »Oh«, sagte sie, »jetzt fangen Sie schon wieder an und halten mich für eine Idiotin.«
    Flea sah sie mit versteinerter Miene an. »Wollen Sie jetzt mit mir reden oder nicht?«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Was Sie mir dafür geben können.«
    »Ich weiß nicht, was ich Ihnen geben kann. Woran haben Sie gedacht?«
    »Was glauben Sie, woran ich gedacht habe?«
    »Vermutlich an Geld. Aber da werden Sie nicht weit kommen. Es ist gegen die Ethik, für Informationen zu bezahlen.«
    »Gegen die Ethik? Wessen Ethik?«
    »Gegen meine. Die meiner Firma. Und meiner Klientin.«
    »Oh, ich bin sicher, Sie werden einen Weg finden. Zehn Riesen. Mehr will ich nicht. Das ist nicht viel. Nicht für jemanden wie Sie.«
    »Sie würden sich wundern, was für jemanden wie mich >viel< ist.«
    »Mir auch recht.« Ruth ging zur Bar, nahm ein gesprungenes Glas mit einem Drink und hob es Flea entgegen. »Wenn es interessant genug für Sie ist, dann ist es auch interessant genug für jemand anderen.«
    Flea stand auf.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Es gibt kein Geld. Ich gehe.«
    Ruth zuckte die Achseln. Sie stellte das Glas ab und ging zum Computertisch. Aus der obersten Schublade nahm sie einen Zellophanumschlag mit einem Schwarzweißfoto. »Mein Beweismaterial.« Sie kam herüber und hielt Flea das Foto entgegen. »Das ganze Kennzeichen hab ich nicht erwischen können, nur die letzten drei Buchstaben. Sonst hätte ich ihm gleich die Polizei auf den Hals gehetzt.«
    Flea sah sich das Foto an. Ihr Herz klopfte dumpf und hart in der Brust. Das Bild war von der Terrasse aus aufgenommen worden und zeigte die Straße bei Nacht. Eine doppelte Reifenspur zog sich über den Asphalt, und an ihrem Ende stand ein Auto mit offener Fahrertür. Am Heck erkannte sie einen Mann, der aussah, als hätte er gerade den Kofferraum

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