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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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schlurfte in die Küche. Caffery blieb am Computer sitzen und klickte sich durch die gescannten Kontoauszüge. Da war eine Menge Geld. Wenn es nicht von einem reichen Freund stammte, wenn sie keinen Job und kein Darlehen aufgenommen hatte, woher, zum Teufel, kam dieses Geld dann?
    »Erpressung.« Mahoney stand in der Tür und reichte Caffery einen dampfenden Becher Kaffee. Sein Blick war kalt und hart. »Das ist es doch, oder?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Caffery. »Es wäre eine Erklärung.«
    »Es ist die einzige Erklärung. Sie hat jemanden erpresst. Und der hatte irgendwann die Schnauze voll. Hat beschlossen, die Sache zu beenden.«
    Caffery nahm den Becher. »Ich sag Ihnen was, wir fangen langsam und wohlüberlegt an. Als Erstes wird der Fall neu klassifiziert.«
     

39
    Caffery fuhr gemächlich zurück nach Kingswood und überlegte, wie er Powers dazu bringen könne, eine Herausgabeverfügung zu autorisieren, damit die Bank Auskunft über den Empfänger des Schecks über 7121 Pfund gab. Das würde Tage dauern. Aber der Scheck war wichtig. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr sah es so aus, als hätte Colin recht: Lucy hatte jemanden erpresst. Und die siebentausend waren der Dreh- und Angelpunkt. Sie hatte etwas gekauft, etwas Teures, und war dabei jemandem begegnet, den sie dann erpresst hatte. Und wer immer es sein mochte, er hätte schließlich die Nase vollgehabt. Vielleicht waren ihre Forderungen zu hoch geworden. Jedenfalls hatte er sie umgebracht und sich große Mühe gegeben, sämtliche belastenden Unterlagen zu vernichten. Es gab kaum einen Zweifel daran, dass es so gewesen war.
    Mahoney hatte gesagt, sie habe sich von ihrem Freund nicht bedroht gefühlt. Caffery glaubte ihm. Aber dieser Freund besaß den Schlüssel zu allem. Nicht weil er Lucy umgebracht hatte - nicht unbedingt -, aber er besaß den Schlüssel. Ob er es wusste oder nicht.
    Caffery trat auf die Bremse. Ein Lastwagen hinter ihm musste jäh ausweichen, um ihn nicht zu rammen, und der Fahrer hupte wütend. Caffery lenkte seinen Mondeo an den Straßenrand und hielt an einer Bushaltestelle an. Er löste den Sicherheitsgurt und drehte sich um, stützte sich mit dem Ellbogen auf den Rücksitz und schaute durch das Heckfenster. Auf dem Dach eines Antik-Großmarkts auf der anderen Straßenseite stand ein Schild. Er war sicher schon hundertmal daran vorbeigefahren, ohne es zu bemerken. Aber jetzt zündete es ein Feuerwerk in seinem Kopf.
    Es war ein querliegendes goldenes Oval. In der Mitte stand in schwarzen Lettern das Wort »EMPORIUM«. Er wartete, bis die Fußgängerampel hinter ihm auf Rot schaltete; dann fuhr er los, wendete auf die Gegenfahrbahn und bog in die Straße ein, die hinter den Großmarkt führte.
    Dort war eine Art Gewerbegebiet entstanden, planlos und zusammengestückelt. Diverse Geschäfte und Betriebe verteilten sich im Durcheinander der Gebäude rings um einen zentralen Parkplatz, der früher einmal ein Bauernhof gewesen sein musste. Das Gebäude, in dem das Emporium untergebracht war, sah aus wie eine alte Scheune, war so lang und hoch wie ein Flugzeughangar und an beiden Enden offen für Tageslicht und Frischluft - ein Schrottplatz unter einem Blechdach. Überall stapelten sich Altwaren, und dazwischen schlängelten sich planlos Gänge.
    Eine Kundin stand mit gesenktem Kopf mitten in der Halle und konzentrierte sich darauf, die an Drähten hängenden Kristalle an einem Lüster zu entwirren. Sie trug ein mit Ethnomustern bedrucktes Kleid und hatte sehr blasse Haut; ihr dunkles Haar war zurückgekämmt und mit einem gemustert Tuch zusammengebunden. Im Profil sah ihr Gesicht schön und ungewöhnlich aus, aber aus der Nähe betrachtet, stellte er fest, dass die dunklen Lidschatten und der pflaumenfarbene Lippenstift verschmiert waren. Sie blickte nicht auf und nahm keine Notiz von ihm, als er vorbeischlenderte.
    Er ging um ein paar Reihen morscher Fensterrahmen herum, vorbei an einem Satz Karussellpferde und unter einer Galionsfigur hindurch, die von der Decke hing, und dann weiter zwischen den Innereien einer Ciderpresse, einem abgenutzten ledernen Werkzeuggürtel mit mehreren Messern und einer alten Eichenholzwerkbank, die durch jahrelangen Gebrauch blankpoliert war. Das Büro befand sich in einem Kasten aus Glas und Holz in der hinteren Ecke. Drinnen war jedes Regal, jede waagerechte Fläche, voll von Kuriositäten: alte Patronenhülsen, verstaubte Kerzenleuchter, eine rissige Betty-Boop-Puppe aus den

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