Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)
Lippen griff ich nach seiner Hand, zog sie dicht an meine Brust, worin mein Herz hektisch klopfte. Der Gedanke, der mir dabei durch den Kopf ging, machte mir Angst. Ob ich nun schwul war oder nicht, ließ ich unbeantwortet, ehe ich erneut in den Schlaf glitt.
Ich weiß nicht, ob ich mich ohne die Mojitos auf Jean eingelassen hätte. Heute weiß ich, dass meine Vorliebe für diesen Cocktail mit daran beteiligt war, dass ich mein wahres Ich entdeckt habe. Morgen habe ich wieder Geburtstag. Auch dieser ist etwas Besonderes, denn den Zwanzigsten feiere ich mit Jean an meiner Seite. Mit ihm als Partner. Was anfangs für Verwirrung und Unglaube bei mir, in unserem Freundeskreis und bei meinen Eltern gesorgt hatte, ist mittlerweile normal. In der Nacht meines neunzehnten Geburtstags habe ich gefunden, was die Mädchen mir nicht geben konnten.
Martha
Auszug aus: Natalies Reisen
Sigrid Lenz
Kapitel 6
Natalie übertrat die Schwelle und fand sich in einem von goldenem Licht durchfluteten Raum wieder. Sie sah sich um, doch nichts, von dem, was sie sah, kam ihr auf den ersten Blick bekannt vor. Natalie fragte sich, ob sie sich wirklich sicher sein konnte, dass sie das Gebäude durch diese Tür verlassen hatte und kam zu dem Schluss, dass sie sich dessen tatsächlich alles andere als sicher war. Ein unangenehmer Geschmack bildete sich in ihrem Mund, als ihr klar wurde, dass sie sich in den Gängen des Hauses bereits zuvor verlaufen hatte.
Trotzdem entschied sie, dass das Innere dieses Gebäudes immer noch um vieles einladender wirkte, als die Dunkelheit außerhalb.
Langsam ging sie vorwärts, musterte die kristallenen Leuchter an der Decke, die roten Samtvorhänge und die flauschigen Sessel, die vereinzelt in Winkeln und Ecken des Raumes standen.
Stille sank beruhigend auf Natalie herab.
Sie wagte inzwischen nicht mehr zu hoffen, dass ihr ein anderes, menschliches Wesen begegnete.
Es war fast, als sei das Gebäude dabei, sie zu verschlucken, und sie ließ es willig geschehen.
Natalie driftete in einem angenehm warmen Nebel, als sie über den weichen Teppich ging, fast schwebte. Der Duft von Vanille und Karamell erfüllte den Raum, der sich zu einem größeren erstreckte, der sich wiederum in die Länge zog. An den Seiten glänzten goldene Spiegel. Natalie fand sich erstaunt zu erkennen, dass sie nicht anders aussah als sonst. Weder glänzten ihre Augen fiebrig, noch waren ihre Haare zerzaust oder zierten Moosflecken ihre Kleidung.
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen, als sie sah, dass sie ihre Jacke trug, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, in diese hineingeschlüpft zu sein. Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, so konnte sie sich an wirklich vieles nicht erinnern.
Und wenn sie noch ehrlicher zu sich war, so interessierten ihre Erinnerungen sie im Augenblick auch nicht. Sie schwebte tatsächlich in einem angenehm entspannten Zustand über den Teppich, betrachtete das kostbare Ambiente und genoss den süßen Duft.
Natalie spürte kaum, dass sie sich bewegte, ihre Beine trugen sie automatisch.
In ihrem Schritt kitzelte es, wenn sie sich bewegte, und ihre Brustwarzen kribbelten, doch auch dies war nicht mehr als ein sanftes Streicheln. Die Flamme tief in ihrem Inneren knisterte, aber Natalie wusste doch, dass der Hunger für den Augenblick gestillt war. Flogen ihre Gedanken zurück zu dem Penis aus Stein, so durchfuhr sie ein Schauer des Verlangens, und die Flamme brannte hoch, und so vermied Natalie es, daran zu denken.
Sie vermied es überhaupt zu denken, als sie vorwärts ging, zwischendurch ihren Rock gerade strich oder an ihrer Jacke zupfte. Ihr Kopf war leicht, und so zuckte sie erschrocken zusammen, als sich plötzlich und unerwartet vor ihr aus der Wand eine Gestalt löste.
Natalie blieb abrupt stehen. Ihre rechte Hand flog flach auf ihre Brust, als wolle sie sich schützen.
Doch bevor sie zurückweichen konnte, trat die Gestalt vorwärts ins Licht und ein freundlich lächelndes Gesicht, ließ Natalie erleichtert aufseufzen. Die Gestalt gehörte zu einer molligen Frau, die mit schwingenden Hüften auf Natalie zu schritt. Ihre Lippen waren voll und rot, die Haare dunkel und gewellt. Sie trug ein Korsett, das ihre beeindruckende Oberweite betonte und einen engen Lederrock, der sich hauteng an Po und Oberschenkel schmiegte und mit jeder Bewegung ein seufzendes Geräusch verursachte.
Die Frau blieb erst stehen, als sie unmittelbar vor Natalie stand. Ein betäubender Duft
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