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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Kindern aus dem Publikum besetzte. Der Junge in der vorderen Reihe zählte nicht zu den Auserwählten und begann, sich darüber lautstark bei seiner Mutter zu beschweren, die hinter ihm saß und ihm mitfühlend beipflichtete. Marcus drehte sich nach hinten um und verzog auffällig das Gesicht.
    »Was habe ich Ihnen gesagt?«, erklärte Gina. »Nicht besonders gut.«
    Sobald sämtliche Kinder kostümiert, maskiert und mit laminierten Textkärtchen versehen waren, wandte sich das Milchmädchen erneut ans Publikum. Und sie lächelte wie eine Geistesgestörte.
    »Nun, ich glaube, uns fehlt immer noch jemand, was meint ihr, Kinder? Wir haben –«, sie zeigte überdeutlich auf jedes Einzelne der kostümierten Kinder, während sie deren Namen aufsagte, »Küken Popüken, Gockel Popockel, Ente Popente, Täubchen Popäubchen, Gänschen Popänschen und Schwänchen Popänchen. Aber wen haben wir vergessen?«
    »Füchschen Popüchschen!«, rief der dicke Junge und hob die Hand. Seine Hoffnung war neu erwacht.
    »Das ist richtig. Füchschen Popüchschen«, bestätigte das Milchmädchen. Es war das erste Mal, dass sie den Jungen überhaupt zur Kenntnis nahm. Dieser nahm das zum Anlass, aufzustehen und zu den anderen auf die Bühne zu gehen, das Milchmädchen jedoch hielt ihn mit ausgestreckter Hand zurück. »Warte«, bat sie. »Als Füchschen Popüchschen brauchen wir jemanden, der RICHTIG groß und RICHTIG gefährlich ist. Also«, fuhr sie fort und legte den Finger an die Lippe wie Shirley Temple. »Wen sollen wir nehmen?«
    » MICH ! MICH !« Der arme Junge überschlug sich fast.
    »Ich glaube … wir nehmen … SIE , Sir.« Damit fasste sie Marcus an der Hand und zog ihn in die Höhe. Jack jubelte.
    »Hier ist unser gefährliches Füchschen Popüchschen!«, rief sie. »Seht mal.« Sie nahm eine Strähne von Marcus’ Haar zwischen die Finger. »Seine Rute hat genau die richtige Farbe. Wie heißen Sie, Sir?«
    »Füchschen Popüchschen?«, sagte Marcus. Jede Zelle seines Körpers signalisierte, dass er am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen.
    »Nein, Sir, Ihr richtiger Name?«
    »Marcus. Marcus Wayland.«
    »Ja, sieh mal einer an, wir haben einen echten Briten unter uns«, tirilierte das Milchmädchen mit einem Dick-van-Dyke-artigen Cockney-Akzent. Gina sah Lara an und hob eine Braue. Lara wünschte, ein Loch möge sich im Boden auftun und Marcus verschlingen. Dies war für ihn die schlimmste Form der Folter. Sie traf ihn dort, wo er am verwundbarsten war, direkt am Nerv seines Selbstzweifels, der unter seiner lauten, großtuerischen Fassade verborgen lag.
    »Der Arme«, sagte Gina.
    Das Milchmädchen setzte Marcus eine Fuchsnase auf. Dann band sie ihm eine stümperhaft gebastelte Maske mit spitzen Ohren um, die sein Gesicht in einen Kranz aus rotem Fell einrahmte. Ein kariertes Wams nebst Spazierstock versetzte seiner Würde endgültig den Todesstoß. Wäre es nicht so grotesk gewesen, dann hätte Lara lachen müssen.
    Was folgte, war die unglaublich langatmige Aufführung einer Geschichte, die auch im Rohzustand nicht interessant gewesen wäre. Als klar wurde, dass mehrere Kinder auf der Bühne die Textzettel, die sie bekommen hatten, gar nicht lesen konnten, wurden selbst die dankbarsten und unkritischsten unter den jungen Zuschauern unruhig.
    »Ich hätte das eine Million Mal besser gemacht«, beschwerte sich der Junge vorn weithin hörbar bei seiner Mutter.
    »Ich weiß, Schatz«, beteuerte diese.
    Der arme Marcus musste alles stumm über sich ergehen lassen. Er versuchte, es mit Fassung zu tragen, lächelte sogar hin und wieder und zeigte Jack den erhobenen Daumen, aber es kostete ihn seine ganze Kraft und Selbstbeherrschung.
    Als er dann schließlich mit seinem Text »Komm mit mir, dann zeige ich dir den Weg« an der Reihe war, dem er ein böses »Bua ha ha ha!« folgen lassen sollte, fehlte es seiner Darbietung an der nötigen Verve, woraufhin das unzufriedene Milchmädchen ihn seinen Text immer und immer wiederholen ließ und ihn jedes Mal zwang, noch eins draufzulegen.
    Mit einem Mal sah Lara ganz deutlich vor sich, wie es sein würde, wenn sie ihn verließe. Er würde als Gespött der Leute dastehen, vor aller Welt lächerlich gemacht, gehörnt und verdrängt von Stephen Molloy, und zwar nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben.
    Konnte sie das einem Mann antun, den sie einmal geliebt hatte?
    Dann schnappte sie nach Luft – so laut, dass Gina sich zu ihr

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