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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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1840.«
    Sie gingen links um den Friedhof herum, bis sie zu einer steilen Anhöhe kamen, von der man Ausblick auf einen riesigen Sportplatz hatte. Die staubigen Pfade, die in den Rasen des Baseballfelds getreten worden waren, ließen den Platz nur noch verlassener wirken.
    »Vielleicht wird’s besser, wenn die Theatersaison anfängt«, murmelte Bella und schirmte die Augen vor der grellen Sonne ab.
    »Nach dem, was ich bis jetzt gesehen hab, glaub ich das kaum«, entgegnete Olly.
    »Oder vielleicht lernen wir ein paar Leute kennen. Finden amerikanische Freunde. Irgendwo hier muss es doch ein paar in unserem Alter geben.«
    »Das ist unsere einzige Hoffnung«, sagte Olly. »Wollen wir weiter? Hier gruselt’s mich.«
    Sie schlenderten die Back Street entlang und bogen in eine Straße mit Namen River Road ein. Bald darauf fanden sie sich auf einem unbefestigten Weg wieder.
    »Oh, guck mal, wie niedlich«, rief Olly, als sie an einem halbverfallenen Haus vorbeikamen, dessen Rasen fast vollständig von sonnenbadenden Kätzchen besetzt war. Bella ging in die Hocke, um ein Foto zu machen. Olly näherte sich den Kätzchen.
    »Pass bloß auf! Das Haus gehört jemandem.«
    »Nee, da wohnt niemand. Schau’s dir doch mal an«, sagte Olly mit Blick auf die zerrissenen Fliegengitter, den Müll auf der Veranda und den insgesamt verlassenen Eindruck des Hauses.
    »Und was ist dann das da?«, fragte Bella und zeigte auf eine Wäscheleine voller angegrauter Hemden und Windeltücher. »Ich wette, die haben ein Gewehr.«
    Olly sprang zurück auf den Gehweg und hüpfte weiter. Die Häuser wurden weniger, und irgendwann standen sie an einem kleinen sandigen Strand am Ufer eines Flusses mit starker Strömung.
    »Lust auf eine kleine Abkühlung?«, fragte Bella.
    »Gibt’s hier nicht Alligatoren und Wasserschlangen?«, wollte Olly wissen.
    »Glaub nicht.«
    »Und Welse, die beißen richtig heftig.«
    »Oh.«
    Sie setzten sich ans Ufer und hielten Ausschau nach Untieren im Fluss. Die Bewegung des Lichts auf dem Wasser und die Hitze, die auf ihren unbedeckten Kopf niederbrannte, machten Bella schläfrig. Sie hob die Arme und streckte sich wie eine Katze, um wieder Bodenhaftung zu bekommen. Olly rutschte unruhig hin und her, und sie hielt mitten in der Bewegung inne, weil sie seine Blicke auf sich spürte.
    »Was?« Sie drehte sich um und sah ihm in die Augen. »Was ist?«
    »Jonny hat mir das hier mitgegeben, damit ich es dir gebe.« Er steckte die Hand in seine Jeanstasche und holte einen zerknitterten, zugeklebten Umschlag heraus.
    Sie stieß einen Seufzer aus, nahm den Brief aber nicht. »Lass es doch einfach, Olly. Das macht es für dich auch nicht besser.«
    »Was soll das heißen?« Er sah sie durch zusammengekniffene Augen an.
    »Hör auf damit«, bat sie. »Hör einfach auf mit dem Mist. Es ist vorbei. Ich hab mit ihm Schluss gemacht. Wir wissen doch beide, dass er bloß deine kleine Marionette ist.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Olly. Seine Wangen brannten.
    »Tut es wohl. Er würde alles für dich machen. Er ist auf dich scharf, kapierst du? Nicht auf mich.«
    »Das ist so was von widerlich.«
    »Du versuchst doch bloß, mich mit Hilfe deines kleinen schwulen ›besten Freundes‹ zu kontrollieren, gib’s zu.« Bella war aufgestanden und klopfte sich den Staub von den nackten Beinen. »Falls da jemals was zwischen mir und Jonny gelaufen wäre – und da ist nichts gelaufen, jedenfalls nichts, was der Rede wert wäre –, dann ist jetzt Schluss, Olly. Sieh zu, dass du damit klarkommst.«
    »Bella.« Olly griff nach ihrem Bein.
    »Fass mich ja nicht an!«, schrie sie und riss sich los. Dann nahm sie ihm den Brief aus der Hand, zerriss ihn ungeöffnet in zwei Hälften und warf sie in den Fluss, der sie mit sich forttrug wie die Papierschiffchen, die sie früher als Kinder zusammen gebastelt hatten.
    Olly war mit einem Satz auf den Beinen und packte seine Schwester an den Armen. »Warum hast du das getan?«
    »Lass mich«, sagte sie und kämpfte sich frei. »Das kannst du nicht machen. Die Zeiten sind vorbei. Ich bin ein freier Mensch.«
    »Glaubst du?«, sagte er. »Glaubst du das? Dann lass dir mal eins gesagt sein, Bella. Ich hab dich im Auge.«
    »Und was soll das jetzt wieder heißen?«, fragte sie. »Du bist nicht mein Aufpasser.«
    »Wart’s nur ab.« Er holte tief Luft, zog die Schultern nach unten und wiederholte: »Wart’s nur ab.«
    »Leck mich doch.« Bella hatte genug. Sie schnappte sich ihren Fotoapparat und

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