Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
Vom Netzwerk:
Problem«, sagte er.
    Sie beendeten den Rundgang und kehrten ins Erdgeschoss zurück. Im Wohnzimmer stellte Danny Lara bei einem Kaffee Fragen über ihre Familie, woher sie kämen und wie lange sie bleiben wollten. Während sie die Fragen beantwortete, beobachtete Danny sie aufmerksam, nickte und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger das Kinn. Dass er sie so genau musterte, machte sie nervös, und es beschlich sie das Gefühl, dass sie zu viel redete.
    Schließlich verstummte sie, und erst jetzt ergriff er das Wort.
    »Lara, es gibt ein Problem mit diesem Haus, aber es ist ein sehr kleines, sehr altes Problem. Es liegt fast vollständig in der Vergangenheit. Das eigentliche Problem ist nicht das Haus.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das eigentliche Problem, Lara, sind Sie.«
    »Ich verstehe nicht.«
    Er stellte seine Tasche auf den Boden und öffnete sie. Dann holte er ein dreißig Zentimeter langes Bündel getrockneter Zweige und Blätter hervor, die mit gelben Stoffbändern zusammengebunden waren.
    »Was machen Sie da?«
    Er hob die Hand und bedeutete ihr zu schweigen. Mit einem roten Plastikfeuerzeug, das er aus seiner Hosentasche gezogen hatte, entzündete er ein Ende des Bündels und schwenkte es hin und her, bis es anfing zu brennen. Dann blies er die Flamme aus und ließ den Rauch zwischen ihnen emporsteigen. Er trat näher zu Lara hin, die staunend zur Kenntnis nahm, wie er die Augen schloss und in einer ihr unbekannten Sprache zu singen begann. Er strich sich mit den glühenden Zweigen zunächst über den eigenen Körper, an Armen und Beinen entlang, dann machte er dasselbe bei ihr, wobei er sich mehr Zeit ließ.
    »Atmen Sie ein«, wies er sie in knappen Worten an, bevor er zu singen fortfuhr.
    Lara musste gegen den Hustenreiz ankämpfen, als sie den Kräuterrauch inhalierte. Er erinnerte sie an die Joints aus selbst angebautem Marihuana, die sie und Marcus früher geraucht hatten, bevor sie mit den Zwillingen schwanger geworden war, oder an die scheußlichen Honeyrose-Zigaretten, die sie eine Woche lang ausprobiert hatte, um vom Nikotin loszukommen. Was auch immer es war, es stieg ihr sofort zu Kopf. Ihr wurde schwindlig, und sie fühlte sich albern. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht zu kichern.
    Nach einer Zeitspanne, die ihr wie eine Stunde vorkam, die aber ebenso gut nur wenige Minuten lang gewesen sein konnte, machte Danny einen Schritt zurück. Er stand schweigend da und musterte sie, als versuche er, etwas Kleingedrucktes auf ihrer Wange zu entziffern.
    Schließlich begann er zu sprechen.
    »Ich habe getan, was ich konnte. Der Rest liegt bei Ihnen.«
    »Aber was ist mit dem Haus?«
    »Wenn Sie möchten, reinige ich es gerne für Sie. Schaden kann das auf keinen Fall. Aber nur Sie allein können wirklich etwas verändern.«
    Er ging durchs Haus, sang dabei und verteilte den Rauch in den vermeintlichen Problemzonen, bis von seinem schwelenden Kräuterbündel nur noch ein kleiner Stummel übrig war. Dann nahm er Lara bei der Hand und führte sie auf die Veranda hinaus, wo er sie in eine väterliche Umarmung zog.
    »Machen Sie die Augen auf, Lara«, sagte er. »Etwas Schlimmes wird passieren, wenn Sie nicht sehr vorsichtig sind.«
    Sie sah ihm zu, wie er seine Sachen einsammelte und ging.
    Es war, als wüsste er Bescheid.

37
    L ara versuchte es noch mehrmals bei Stephen. Es nahm nach wie vor niemand ab, was nicht gerade dazu beitrug, ihr immer größer werdendes Unbehagen zu mildern. Nachdem sie Jack beim Theater abgeliefert hatte, legte sie einen Zettel und dreißig Dollar auf den Küchentisch, damit Bella – die immer noch wie ein Trauerkloß in ihrem Zimmer hockte – und Olly – den sie dem Gefühl nach tagelang nicht gesehen hatte – sich zum Abendessen eine Pizza holen konnten. Marcus und Jack waren von James und Betty nach der Probe ins Diner eingeladen. Als Grund für ihre eigene Abwesenheit nannte sie Besorgungen, die sie in der Stadt zu erledigen habe.
    Das Interesse der übrigen Familienmitglieder an Laras Kommen und Gehen war so gering, dass sie ein derart vage und langweilig klingendes Alibi problemlos schlucken würden. Wahrscheinlich wäre sie ohnehin wieder zurück, bevor irgendjemand gemerkt hatte, dass sie überhaupt weggefahren war.
    Nachdem sie alle Türen abgeschlossen hatte, ging sie ums Haus herum nach hinten. Unterwegs blieb sie kurz stehen, um den Blick durch den feuchtwarmen Garten und das Gebüsch dahinter schweifen zu lassen. Es war erstaunlich, wie sehr ihr

Weitere Kostenlose Bücher