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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Donnerschlag kam, verriet ihr, dass das Gewitter direkt über ihnen war. Durch die Ladung in der Luft flackerte die Lampe und erstrahlte einen Augenblick lang in voller Helligkeit. Lara erkannte, dass die bewaffnete Gestalt auf dem Sofa Stephen war.
    »Stephen!«, rief sie. »Was ist los?«
    »Kommen Sie ins Licht, damit ich Sie sehen kann«, befahl er.
    Zögernd trat Lara in den Wohnbereich. Mechanisch nahm sie die Hände hoch. »Stephen, ich bin es, Lara.«
    »Lara!« Stephen stieß einen schweren Seufzer aus und sackte in sich zusammen. Das Gewehr fiel polternd zu Boden. Lara blieb wie angewurzelt stehen und wusste nicht, ob sie aus dem Haus fliehen oder zu ihm eilen sollte.
    »Ich hätte dich erschießen können. Ich dachte, du wärst …«, rechtfertigte er sich und presste sich die Fäuste gegen die Stirn.
    Zitternd ging Lara die sieben Schritte, die nötig waren, um die Entfernung zwischen ihnen zu überbrücken. Dann schob sie vorsichtig das Gewehr beiseite, sank auf die Knie, nahm seine Hände und zog sie ihm vom Gesicht. Unter dem Schmutz, der seine Wangen bedeckte, war seine Haut kalkweiß. In seinen Augen stand die blanke Verzweiflung. Zum allerersten Mal sah sie ihn hilflos, völlig ungeschützt.
    »Ich dachte, du wärst sie«, flüsterte er.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Ich weiß, dass sie hier ist. Seit wir angekommen sind, verfolgt sie mich.«
    »Was?« Stephens Blick zuckte zu ihr hoch.
    »Betty hat mir gesagt, ich dürfe dir nichts verraten. Es würde dich umbringen, wenn du davon erfährst.« Sie drückte Stephens Hände, als dieser erschrocken Luft holte.
    »Betty?«, fragte er.
    »Aber ich bin so froh, dass du es jetzt weißt«, fuhr Lara fort. »Jetzt können wir darüber reden. Du bist nicht allein, Stephen. Du hast mich, und zusammen werden wir dafür sorgen, dass diese Elizabeth Sanders hinter Gitter wandert, ein für alle Mal.«
    »Ich werde nie gegen sie ankommen.« Er machte sich von Lara los und vergrub das Gesicht in einem Kissen. »Sie ist meiner Fährte quer durch den ganzen Kontinent gefolgt, als wäre ich ein wildes Tier.«
    »Aber sieh mal her.« Lara wühlte in ihrer Handtasche nach ihrem iPhone. »Ich habe Beweise.« Sie zeigte Stephen die Fotos, die sie von Sanders und ihrem Wagen aufgenommen hatte.
    »So nahe ist sie dir gekommen?«, sagte Stephen fassungslos mit kaum hörbarer Stimme. »Großer Gott, in was für eine Gefahr habe ich dich gebracht?« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Lara, wenn dir etwas zustieße, ich würde –« Er stand auf und begann, im Zimmer umherzugehen. »Ich kann nicht fassen, dass Betty mein seelisches Gleichgewicht über deine Sicherheit gestellt hat. Ist ihr nicht klar, wie gefährlich diese Frau ist?«
    »Betty wollte, dass wir einen Weg finden, ihr eine Falle zu stellen, damit du erst gar nichts von der Sache erfahren musst. Aber eigentlich hat Sanders mir einen Gefallen getan, indem sie sich dir zu erkennen gegeben hat. Du wirst es nicht glauben, aber sie wollte mir sogar weismachen, du hättest ihr gesagt, sie solle herkommen. Sie ist verrückt. Vollkommen durchgedreht.«
    Ein Donnerschlag ließ das Haus erzittern, und Stephen sah sie mit grimmiger Miene an. »Glaub dieser Person kein Wort. Sie ist böse, Lara, und sie spielt ein teuflisches Spiel. Und Betty – diese überbesorgte Glucke. Weiß sie nicht, dass ich gut auf mich selbst achtgeben kann?«
    »Kannst du das denn?« Lara erhob sich und trat auf ihn zu. »Wenn ich dich jetzt hier so sehe, bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht vielleicht recht damit hatte, dich beschützen zu wollen.«
    »Aber Nichtwissen ist kein Schutz, im Gegenteil. Und was, wenn dir etwas zugestoßen wäre, Lara? Wie würde es mir dann gehen?«
    Er hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt, hielt sie auf Armeslänge von sich und betrachtete sie. Seine Sorge um sie und der Taumel des Augenblicks gaben ihr das Gefühl, als zöge er an einem Band, dessen Enden tief in ihnen beiden verwurzelt waren. Sie wollte ihn nach weiteren Einzelheiten fragen: wie er herausgefunden hatte, dass Sanders hier war; ob sie jetzt in diesem Moment gerade irgendwo draußen zwischen den dichten Bäumen lauerte. Doch all das kam ihr vollkommen unwichtig vor, als ihre Körper sich unaufhaltsam aufeinander zubewegten.
    »Darauf habe ich so lange gewartet, Lara«, sagte er heiser.
    »Schh«, machte sie, streckte die Hand aus und zog seinen Kopf zu sich herab, bis sich ihre Lippen berührten, Als er vor ihr auf die Knie sank, hatte

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