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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Stephen Molloy festsaß, war ein einziger Mist. Ihr Dad war zu sehr mit seinen Proben beschäftigt, um einkaufen zu gehen oder zu kochen. Und was Olly anging – den konnte man sowieso abhaken. Obwohl sie die meiste Zeit in ihrem miefigen Zimmer im Bett verbracht hatte, hatte sie den Verdacht, dass ihr Bruder, dieser Freak, seit mindestens zwei Tagen nicht mehr nach Hause gekommen war. Wahrscheinlich rannte er irgendwo im Wald herum, warf sich Drogen ein und brachte kleine Tiere um. Na ja, sie konnte nur froh sein. Je länger er wegblieb, desto besser.
    Wenigstens hatte sie Jack nicht am Hals. Ihre Mutter war seit mittlerweile drei Nächten weg, und er hatte während der ganzen Zeit bei Gina geschlafen.
    Als sie zum Haus zurückkam, sah sie den Hund an seinem angestammten Platz auf dem Rasen sitzen. Seit ihre Mutter weg war, hatte er fast ständig da gehockt.
    »Na, Junge?«, sagte sie und ging zu ihm, um ihm den Kopf zu streicheln. Er blickte mit seinen schwermütigen, seelenvollen Augen zu ihr auf. Der Inhalt ihrer großen, fetttriefenden Pizzaschachtel hatte sein Interesse geweckt.
    Sie ging ins Haus, klappte die Schachtel auf und riss zwei Pizzastücke ab. Das erste trug sie mit fettigen Fingern nach draußen und warf es dem Hund hin, der es mit zwei gierigen Happen verschlang. Dann ging sie zurück nach drinnen, schaltete den Laptop ihrer Mutter ein und machte sich daran, das andere Stück zu essen. Es war die erste Mahlzeit, die sie seit Ollys Überfall auf Sean zu sich nahm. Ihr war es irgendwie unanständig vorgekommen zu essen. Appetit hatte sie nach wie vor keinen, aber sie war so hungrig, dass sie das Gefühl hatte, als würde sich ein Teil ihres Körpers vom Rest ablösen.
    Das MacBook Pro ließ seine charakteristische Begrüßungsmelodie hören, und Bella tippte das Passwort ein, von dem ihre Mutter glaubte, es wäre geheim. Sie startete Safari und loggte sich auf ihrer Facebook-Seite ein, um zu sehen, was ihre Freunde zu Hause in England so trieben. Als sie die von Blitzlicht erhellten, verwackelten Fotos ihrer Altersgenossen sah, wie sie auf Strandpartys durcheinandertorkelten oder in Glastonbury Helium aus Gasballons inhalierten, bekam sie Heimweh. Sie war so weit weg von allem, was sie kannte und liebte.
    Sie überflog ihre privaten Nachrichten und löschte rasch eine erbärmliche kleine Pinnwandnotiz von Jonny, Ollys Lockspitzel, der schrieb, wie schlecht es ihm gehe, weshalb sie sich nicht gemeldet habe und dass Brighton ohne sie total öde sei.
    Scheiß auf ihn!, dachte sie.
    Dann ging sie den Rest der Nachrichten durch.
    Sie wünschte, sie hätte mit Sean reden können. Bei ihrem einzigen anderen Ausflug ins Freie war sie sogar an seinem Haus vorbeigegangen, aber dann hatte sie an die Stimme seiner Mutter gedacht und war zu feige gewesen, die Stufen zur Haustür hochzusteigen. Sie hatte seinen Namen auf Facebook gesucht, ihn aber nicht gefunden. Es war, als wäre er komplett aus ihrem Leben gelöscht worden.
    Wahrscheinlich ist es auch besser so, dachte sie trübsinnig.
    Sie las und löschte mehrere Einladungen zu Partys, auf die sie nicht würde gehen können, sowie die knappe, anklagende Nachricht ihrer Freundin Kat, die wissen wollte, was zum Geier mit ihr los sei. Die letzte Nachricht hatte den Betreff Sieh mal einer an und kam von jemandem mit dem Benutzernamen Dein Freund . Überzeugt, dass es sich um Spam oder irgendein langweiliges Spiele-App handelte, wollte Bella sie schon ungeöffnet in den Papierkorb befördern.
    Doch dann biss sie stattdessen von ihrer Pizza ab und klickte die Nachricht an.
    Sie enthielt mehrere, aus derselben Perspektive aufgenommene Fotos von ihrer Mutter und Stephen Molloy, wie sie auf der Veranda seines Hauses standen. Mit gerunzelter Stirn beugte Bella sich näher zum Bildschirm. Im ersten Foto standen die beiden mit dem Rücken zur Kamera dicht nebeneinander in der Nähe der Tür. Im zweiten hatte Stephen ihrer Mutter eine Hand ins Kreuz gelegt und drehte sie so, dass ihre Gesichter voll zu sehen waren. Stephen zeigte auf etwas.
    Als sie das dritte Bild anklickte, wurde der Pizzabissen in ihrem Mund zu einem dicken teigigen Klumpen.
    Ihre Mutter hatte die Hand in Stephens Nacken gelegt und zog ihn zu sich herab. Auf dem vierten Bild küssten sie sich – und nach den umfangreichen Erfahrungen, die Bella in der letzten Zeit damit gesammelt hatte, wusste sie sofort, dass dies kein Kuss zwischen Freunden war. Das letzte Foto schließlich zeigte ihre Mutter

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