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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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meine. Aber Sie sind nicht von hier, oder? Wenn ich mir Ihren Akzent so anhöre.«
    »Wir sind aus England«, erklärte Lara.
    »Wirklich? Also, da kennen Sie nicht zufällig einen Kerl namens John Whitely, was? Lebt in London.«
    »Die Familie Wayland! Meine Lieben!« James kam über die Veranda auf sie zugeeilt und legte Bella und Olly je eine Hand auf die Schulter. »Also, seid ihr Jüngeren damit  einverstanden, dass ich eure Mutter und euren Vater nach drinnen entführe? Ich muss kurz mit ihnen sprechen. Hiram, bist du so freundlich und gibst jedem der drei hier eine Dose von ihrem Lieblingsgetränk? Das geht aufs Haus, ihr Süßen.«
    »Zahlst du es uns auch zurück?«, fragte der alte Mann.
    »Selbstverständlich. Am Ende des Abends.«
    »Vergiss es aber nicht. Martha kann es nicht leiden, wenn die Kasse nicht stimmt. So.« Er wandte sich den jungen Waylands zu. »Was darf’s denn sein?«
    James legte einen Arm um Lara, den anderen um Marcus und schob sie auf den Theatereingang zu.
    »Drinnen habe ich einen ganz vorzüglichen Prosecco kalt gestellt«, raunte er, sobald sie sich außerhalb der Hörweite der Erfrischungsleute befanden. »Schmuggelware.«
    Er ließ sie ins Foyer eintreten, das noch nicht fürs Publikum geöffnet war, und sofort spürte Lara die angenehm klimatisierte Luft.
    »Es riecht so gut hier drin«, stellte sie fest.
    »Bienenwachs«, sagte James. »Unser fantastisches ehrenamtliches Vorderhausteam sorgt vor jeder Premiere dafür, dass die Holztäfelung makellos poliert ist. Auf solche Dinge legt man in Trout Island Wert.« Er setzte sich an den Tisch neben dem Eingang, atmete aus und lehnte sich zurück, wobei er sich mit dicken Fingern durchs lange schüttere Haar fuhr. Im Sitzen sah er auf einmal sehr erschöpft aus.
    »Wie läuft es denn?«, erkundigte sich Marcus.
    »Frag mich nicht. Kann sein, dass wir es heute Abend über die Bühne kriegen, aber wenn, dann nur mit Ach und Krach. Ehrlich gesagt« – er senkte die Stimme –, »und ihr müsst schwören, dass ihr es niemandem weitersagt: Nach dem Kampf, den ich mit Bettys Skript geführt habe, freue ich mich schon sehr darauf, an Sir Williams schönen Versen zu arbeiten.«
    »Aber ihr habt ein großes Publikum«, sagte Lara und lehnte sich gegen das glatte, kühle Holz.
    »O ja. Es ist uns ausgesprochen treu und in der Regel auch recht dankbar. Nicht, dass wir viel Konkurrenz hätten. Wir sind das einzige Theater im Umkreis von vierzig Meilen. Für einige der Leute hier sind wir sogar das erste Theater, in das sie überhaupt je einen Fuß gesetzt haben. Und für viele werden wir wohl auch das letzte sein.«
    »Was ist mit den Aufführungen in der Bücherei?«, fragte Lara.
    »Also, Liebes, die würde ich wohl kaum als Theater bezeichnen.« James klimperte mit den Wimpern. »Was ist, Marcus? So wortkarg?«
    »Du hattest was von Prosecco gesagt?«, erinnerte Marcus ihn mit einem erzwungenen Lächeln.
    »Oh, bitte verzeiht. Ich habe momentan ein Gedächtnis wie ein Sieb.« James stand auf und schwebte zum anderen Ende des Foyers, wo er einen Schrank öffnete, in dem sich eine Miniküche verbarg. Er holte eine kalte Flasche aus dem Kühlschrank, ließ den Korken knallen und goss drei Sektflöten mit schäumendem, strohgoldenem Prosecco voll. Während er damit beschäftigt war, warf Lara unauffällig einen Blick auf Marcus. Er sah aus, als hätte er am liebsten die Flucht ergriffen. Sie hoffte um seinetwillen, dass die Vorstellung an diesem Abend ein Erfolg werden würde.
    »So, bitte sehr.« James reichte die von der Kälte beschlagenen Gläser herum.
    Lara spürte, wie die leicht nach Biskuit schmeckende Flüssigkeit ihr die Kehle hinunterperlte. Hoffentlich würde sie das nach dem nachmittäglichen Glas Rotwein wieder in Schwung bringen.
    »Wunderbar«, sagte sie.
    Unterhalb der geschwungenen gebohnerten Treppe wurde eine Tür aufgestoßen, und eine annähernd zwei Meter große, in schwarze Spitze gehüllte Gestalt mit toupierten Haaren und leuchtend karmesinroten Lippen, die aufgeregt ein Spiral-Kleid aus mit Stäbchen verstärktem schwarzem Satin schwenkte, zerstörte die friedliche Ruhe des Foyers vor dem Einlass.
    »Betty, Darling. Prosecco?«, säuselte James.
    »Kannst du diese gottvermaledeite Schlampe wieder zur Vernunft bringen?« Betty schleuderte das Satinkleid von sich. Es landete vor James’ Füßen und wirbelte eine Wolke Staubkörnchen auf, die in den hereinfallenden Abendsonnenstrahlen tanzten. Bettys Stimme war

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