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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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geradeaus!«, rief Bobby von seinem Sitz gegenüber. Seine hohe Stimme schallte über das Gelächter der Kinder hinweg, die nach Vierteldollarstücken tauchten, die ihre sonnenbadenden Mütter für sie ins Wasser warfen. Sean zuckte entschuldigend mit den Schultern und konzentrierte sich wieder auf das Schwimmbecken.
    Bella ging ins Bademeisterhäuschen, um ihre Tasche zu holen. Sie breitete ihr Handtuch auf dem stoppeligen Gras neben dem Becken aus und streckte sich in der Sonne wie eine Katze, die die Sahne, den frühen Vogel und den Wurm ergattert hatte. Ihr Körper fühlte sich anders an. Sie fragte sich, ob man ihr etwas ansah. Hoffentlich nicht; sie wollte gar nicht daran denken, was Olly sagen – oder tun – würde, wenn er herausfand, was sie gemacht hatte.
    Sie holte ihr Buch aus der Tasche. Sturmhöhe. Neben ihren Plänen für das Foto-Essay – die sie selbst torpedierte, indem sie ständig ihre Kamera vergaß – hatte sie sich vorgenommen, während des Sommers schon mal mit der Lektüreliste fürs nächste Schuljahr anzufangen. Von diesem Roman erhoffte sie sich allerdings nicht allzu viel. Sie bevorzugte zeitgenössische amerikanische Autoren.
    Außerdem fiel es ihr höllisch schwer, sich zu konzentrieren. Sie schützte die Augen mit der Hand vor der grellen Sonne, und als sie Sean hoch oben auf seinem Bademeisterstuhl sitzen sah, musste sie sich zusammenreißen, um nicht zu ihm hinzugehen, ihn von da oben runterzuholen und direkt wieder unter die Dusche zu zerren.
    War es richtig gewesen, es so bald nach dem Kennenlernen zu machen? Was Sex anging, hatte Bella schon lange keine klare Vorstellung mehr – seit damals, als sie und Olly sich bei einem Campingausflug ein Zelt geteilt hatten. Lara war zu sehr mit Jack beschäftigt gewesen, der damals noch ein Baby gewesen war, und hatte gar nicht gemerkt, dass nebenan etwas Seltsames vor sich ging. Aber sie sah ohnehin immer nur das, was sie sehen wollte.
    »Olly und Bella sind ein Herz und eine Seele«, sagte sie immer stolz zu ihren Freunden und schwärmte ihnen dann von ihrer »ganz besonderen Beziehung« vor.
    Aber Bella hatte sich geekelt und geschämt. Sie hatte gewusst, dass das, was sie getan hatten, falsch war. Dies hier allerdings – das mit Sean, wie überstürzt es objektiv gesehen auch vielleicht gewesen war – hatte sich absolut richtig angefühlt.
    Sie wandte sich wieder ihrem Roman zu, aber die Worte verschwammen vor ihren Augen. Ihre Hand blätterte die Seite um, aber in Gedanken war sie nicht bei Lockwood und dessen erster Begegnung mit seinem Vermieter in der windgepeitschten kargen Landschaft Yorkshires. Sie lag an einem Pool in New York, und es war 2011. Wie um alles in der Welt sollte sie zu so einer uralten Geschichte überhaupt einen Bezugspunkt finden? Und sie konnte sich einfach nicht helfen: Schon wieder musste sie den Kopf heben und Sean anschauen. Seine dunklen Locken, die sie mit ihren Fingern zerwühlt, an denen sie sich festgehalten hatte …
    »Bella! Da bist du! Mum schiebt die totale Krise.«
    Olly, der Idiot. Er hatte Bella durch den Zaun erspäht und brüllte jetzt quer übers Schwimmbecken. Sein Akzent und aufgebrachter Tonfall sorgten dafür, dass sich alle nach ihm umdrehten. Als Bella den Kopf hob, sah sie, wie einige Mütter – die Gesichtshaut wie blank gescheuert, ohne ein Fitzelchen Make-up und offenbar früh verspießt – sich vielsagende Blicke zuwarfen und mit der Zunge schnalzten, während Olly mit Jack im Schlepptau um den Pool herum auf sie zukam.
    »Ich will schwimmen, ich will schwimmen, ich will schwimmen!«, rief Jack, zog an Ollys Hand und beugte sich gefährlich weit über den Beckenrand.
    »Halt die Fresse, Jack«, blaffte Olly und sorgte damit für ein entsetztes Atemholen aller Badegäste.
    Bobby stieß in seine Pfeife und zeigte mit dem Finger auf Olly. »Keine unflätige Sprache.«
    »Immer locker, Alter«, erwiderte Olly.
    »Olly, sei still«, zischte Bella.
    »Oh, sieh mal einer an.« Olly hatte Sean entdeckt, der ihn von seinem Platz am Nichtschwimmerbereich aus kühl musterte. »Hier treibt sich also der Loverboy rum. Hätte ich mir ja denken können.«
    »Lass es gut sein«, bat Bella halblaut. Wenn sie eins nicht wollte, dann dass Olly eine Szene machte.
    »Und Bella in ihrem Itsy-Bitsy-Bikini.« Olly beugte sich über seine Schwester, zog am Träger ihres Bikinioberteils und ließ ihn zurückschnappen.
    »Hör auf damit!«
    »Mum kocht vor Wut. Du hast gesagt, du gehst nur

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