Hautnah
gesessen.«
»Wofür?«
»Betrug, wenn mich nicht alles täuscht. Wie auch immer, sie hat im Gefängnis zu Gott gefunden, fünfundzwanzig Kilo zugelegt, und als sie wieder auf freien Fuß kam, hat Betty sie unter ihre Fittiche genommen. Die beiden sind früher zusammen in einem Kabarett im West Village aufgetreten, und sie stammen aus derselben Gegend von Tennessee. Betty hat Trudi mit nach Trout Island gebracht, als eins ihrer Wohltätigkeitsprojekte. Als ich dann herkam, konnte Betty sich nicht vorstellen, wie ich ganz allein zurechtkommen wollte, deshalb hat sie Trudi in mein Geheimnis eingeweiht und sie hoch und heilig schwören lassen, nichts zu verraten. Sie borgt sie mir aus, wann immer ich Hilfe brauche. Ich brauche keine Hilfe, aber hin und wieder lasse ich sie irgendwelche Besorgungen machen, damit alle zufrieden sind.«
»Mummy, mir ist langweilig«, meldete sich Jack und stieß den Kopf gegen Laras Brust.
»Jack, das ist sehr unhöflich! Stephen, ich entschuldige mich für meinen sehr, sehr unhöflichen Sohn«, sagte Lara.
»Söhne«, korrigierte Marcus und warf Olly einen strengen Blick zu.
»Na ja, es ist ja auch ziemlich öde, die ganze Zeit über den Erwachsenen beim Reden zuzuhören. Möchtet ihr zwei vielleicht gerne mit Jack nach hinten gehen?«, fragte Stephen Olly und Bella. Er deutete zu einer Wiese an der Seite des Hauses. »Vielleicht entdeckt ihr ein paar Schlangen.«
»Igitt«, sagte Bella. »Nein, danke.«
»Schlangen!«, rief Jack und sprang von Laras Schoß. »Komm, Lolly.« Er nahm die Hand seines großen Bruders und zog daran.
»Nehmt einen Stock mit«, riet Stephen ihnen. »An der Wand neben der Hintertür stehen ein paar.«
»Na, komm schon, du Kümmerliese«, forderte Olly seine Schwester auf.
»Mann. Also gut«, seufzte Bella. Sie stand auf und folgte ihren Brüdern. »Aber ohne Stock läuft bei mir gar nichts.«
Die drei Erwachsenen sahen den Kindern dabei zu, wie sie durchs hohe Gras pirschten, wobei sie jeden Schritt mit allergrößter Vorsicht machten und angestrengt nach unten auf ihre Füße sahen, für den Fall, dass ihnen tatsächlich eine Schlange begegnen sollte.
»Tolle Kinder«, sagte Stephen, während er Marcus und Lara Wein nachschenkte.
»Du hast keine Ahnung, wie anstrengend die sein können«, entgegnete Marcus.
»Ich beneide dich.«
Lara, die an ihrem Oberteil herumwischte, sah auf, aber Stephens Gesichtsausdruck war vollkommen neutral.
»Du warst doch der Glückspilz von uns beiden«, widersprach Marcus.
»Nein, das glaube ich nicht.« Stephen wandte sich an Lara. »Wir sollten das Oberteil wirklich einweichen. Sonst bekommst du den Fleck nie wieder raus.«
»Es geht schon, ehrlich. Mach dir bitte keine Umstände.«
»Nein, ich suche ein Hemd für dich zum Anziehen raus, und wir probieren es mit Fleckenentferner. Das ist ein wunderschönes Top, es wäre zu schade, wenn du es wegwerfen müsstest.« Er sah Lara nur eine Sekunde lang an, dann erhob er sich. »Bin sofort wieder da.«
»Er ist einfach klasse. Scheut keine Mühe«, sagte Marcus, nachdem Stephen ins Haus gegangen war.
»Ja, er ist sehr nett.« Lara senkte den Kopf und rieb sich den Nacken, wo sich am Haaransatz der Schweiß gesammelt hatte.
»Allerdings wäre ich jetzt lieber drinnen, wo es kühl ist«, sagte Marcus.
Sie saßen schweigend in der drückenden Hitze und nippten am warmen Rotwein. Irgendwo in der Ferne hörte Lara Donner grollen. Ein Ziehen in den Schläfen verriet ihr, dass das Gewitter fast über ihnen war.
»So, bitte sehr«, sagte Stephen, als er durch die Fliegengittertür nach draußen trat und sie hinter sich zufallen ließ. »Die Ärmel kannst du ja hochkrempeln. Ich hoffe, es geht einigermaßen.« Er reichte ihr ein Männerhemd von Prada mit einem dezenten geometrischen Muster. »Es müsste zu deiner Hose passen. Sieh mal, der Farbton hier«, er deutete auf die Hintergrundfarbe des Hemds, ein dunkles Olivgrün, »ist genau der gleiche. Wenn du dich umgezogen hast, kannst du mir dein Oberteil geben, dann mache ich ein bisschen Vanish drauf.«
Lara nahm das Hemd von ihm entgegen. Nicht nur seine Fürsorge verblüffte sie, sondern auch, dass er sich gemerkt hatte, was für Farben sie trug, und sich Gedanken über die Auswahl eines passenden Hemds gemacht hatte.
»Du kannst zum Umziehen in mein Schlafzimmer gehen«, schlug er vor. »Einfach die Treppe hoch und das erste Zimmer rechts.«
Sie ging ins Haus, und wieder knallte die verfluchte Fliegengittertür
Weitere Kostenlose Bücher