Hautnah
roch wie eine verkohlte Hausruine, die von den Schläuchen der Feuerwehrleute durchtränkt worden war.
»Lass dir einfach nicht den Kopf verdrehen, Bell, okay?«
»Komm, wir gehen wieder rein.« Bella schleuderte den Stock in den Nebel. Er wirbelte durch die Luft und landete schließlich mit einem Peitschenknall im Gras bei den Bäumen.
»Ich bleibe noch ein bisschen hier draußen«, sagte Lara. »Ruf mich, wenn das Essen fertig ist. Und hilf Stephen beim Tischdecken oder so, ja?«
»Das musst du mir nicht erst sagen, Übermutter.«
»Ich weiß.«
Bella ließ ihre Mutter auf der Bank zurück. Sie saß vornübergebeugt, zog das Hemd, das Stephen ihr geliehen hatte, um sich, als fröre sie, und blickte auf die Stelle, wo das Feuer gewesen wäre, wenn es gebrannt hätte. Sie war irgendwie komisch heute Morgen. So pingelig. Es ging Bella auf den Geist, dass sie sie nicht einfach in Ruhe lassen konnte. Sie war fast siebzehn, verdammt noch mal. Wenn sie jetzt nicht in der Lage war, auf sich selbst aufzupassen, würde sie es nie sein.
Sie ging zurück ins Haus, um dem Filmstar dabei zu helfen, den Tisch zu decken und sein Frühstück aus Pfannkuchen und Speck zu servieren.
23
U m halb zehn war die Familie Wayland wieder bei ihrem Haus in Trout Island angelangt, wo Hund sie auf dem Rasen erwartete. Marcus nahm Jack an der Hand und machte einen großen Bogen um das Tier und seine Allergene. Als Lara die Haustür öffnete, wehte ihr süßlich faulige Luft entgegen. Sie war so warm, als hätte man eine Ofentür aufgemacht. Der Gestank im Haus schien schlimmer denn je.
Mit Ausnahme von Bella, die nach oben rannte, um sich umzuziehen, waren alle Familienmitglieder aus dem einen oder anderen Grund ziemlich niedergeschlagen. Olly schnappte sich seine Gitarre und ließ sich im stickigen Wohnzimmer auf die Couch fallen, wo er einen traurigen Beirut-Song anstimmte. Jack trottete kraftlos herum und klagte über die Hitze.
»Ich geh zur Tankstelle und hole ein paar Cola light«, verkündete Marcus und nahm sich einen Zehndollarschein aus Laras Geldbeutel. Seine Lieblingskur gegen einen Kater bestand aus zwei Ibuprofen, die er mit einem Schluck des »scheißefarbenen Nektars«, wie er es nannte, herunterspülte.
Lara streifte die Clogs von den Füßen, setzte sich frische Kontaktlinsen ein, gab Jack seine Malbücher und ging dann in die Küche, um für Hund eine Schüssel Wasser zu holen. Sie wollte gerade barfuß über den Fußboden laufen, als sie sah, dass er mit Glassplittern und Rotweinspritzern bedeckt war. Marcus musste sich gestern vor der Abfahrt ein Glas eingegossen haben – womöglich, um sich Mut anzutrinken? –, dann hatte er es halb voll stehen lassen, und irgendwie war es heruntergefallen. Und jetzt musste sie sauren Wein, Glassplitter und eine Ameisenstraße beseitigen. Auf Zehenspitzen umrundete sie die Sauerei und holte Kehrblech und Handfeger.
Als sie in die Hocke ging, um die letzten Scherben aufzufegen, tauchte Bella im Durchgang zur Küche auf. In ihrem gestreiften Trägerkleid aus Jersey und Flipflops sah sie so hübsch aus, dass es Lara ein wenig eng in der Kehle wurde. Sie hatte sich die Kameratasche über die Schulter gehängt und die Sonnenbrille oben auf den Kopf geschoben, so dass sie ihr das Haar aus dem Gesicht hielt.
Lara stand auf und drückte ihre Tochter. Sie musste sich ein bisschen strecken, um sie zu umarmen. Es war ein komisches Gefühl, als würde sich das Blatt wenden.
»Pass auf dich auf, Bell«, bat sie.
»Seufz«, machte Bella und verdrehte die Augen.
»Ich meine damit nur, du sollst deinen Kopf und dein Herz nicht verlieren. Dich vorsehen.«
»Ich gehe schwimmen, Mutter. In einem Teich. Es sind keine Waffen im Spiel.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Gott, Mum. Lass es doch einfach mal gut sein«, sagte Bella, klang dabei aber so gutmütig, dass Lara das Gefühl hatte, ihr gefahrlos einen Kuss auf die Wange geben zu können. »Zum Abendessen bin ich wieder da.« Bella wischte sich die Stelle ab, wo Laras Lippen sie berührt hatten. Lara trat in den Durchgang, um ihr nachzusehen, als sie durchs Wohnzimmer ging. Ihr kurzes Kleid schwang hin und her und gab den Blick auf ihre perfekt geformten Beine frei.
»Sei vorsichtig, Bella«, sagte Olly in der tiefen Flüsterstimme, mit der er immer dann sprach, wenn er mütterliche Besorgnis nachahmen wollte. Dann legte er die flache Hand über die Gitarrensaiten und warf ihr einen Blick zu, der ganz und gar nicht mütterlich
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