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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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war.
    »Halt die Fresse, Olly«, blaffte Bella zurück. Dann schlüpfte sie zur Tür hinaus und war fort.
    »Ich neige ja dazu, ihr zuzustimmen«, sagte Lara.
    »Gott noch mal«, erwiderte Olly und beugte sich wieder über seine Gitarre, um einen weniger ruhigen Song zu spielen.
    Es war ein Beweis für Jacks hohe Konzentration beim Malen oder aber dafür, dass solche Szenen für ihn mittlerweile zum Alltag gehörten, dass er während des gesamten Wortwechsels nicht mit der Wimper zuckte.
    Während Lara nun endlich die Wasserschüssel für den armen geduldigen Hund fertig machte, überlegte sie, dass sie vielleicht doch noch einen Versuch unternehmen sollte, mit Olly zu reden. Sie trug die gefüllte Schüssel gerade durchs Wohnzimmer, als Hunds wütendes Gebell sie zusammenfahren ließ. Wasser schwappte über Stephens Hemd, das sie nach wie vor nicht ausgezogen hatte. Ihr Leinenoberteil hatte sie bei ihm gelassen, und sie fragte sich, ob es immer noch in Vanish einweichte. Falls ja, dann war mittlerweile bestimmt auch das letzte bisschen Farbe herausgesogen.
    »Kannst du mal nachsehen, was da los ist?«, bat sie Olly, bevor sie zurück in die Küche ging, um das Hemd auszuwringen.
    »Scheiße, Mann.« Olly warf seine Gitarre hin, fuhr in die Höhe und ging zur Tür. »Alter«, hörte Lara ihn kurz darauf in gänzlich verändertem Tonfall sagen. Auf die Begrüßung folgte das Aufeinanderklatschen junger Männerhände. Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, spähte sie in den Flur. Im Türrahmen standen krumm zwei Gestalten mit Baseballkappen und auf halbmast sitzenden Hosen.
    »Was geht ab, Mann?«, fragte einer von ihnen.
    Olly warf einen Blick über die Schulter zurück und wandte sich dann wieder seinen Besuchern zu. Ihre Stimmen senkten sich zu einem leisen Gemurmel, als er sich gegen den Türrahmen lehnte und irgendetwas mit ihnen besprach. Lara spitzte die Ohren, konnte aber nicht hören, was sie sagten.
    »Wartet kurz«, sagte Olly schließlich und kam zurück ins Wohnzimmer. Lara huschte in die Küche. Sie wollte nicht, dass er dachte, sie hätte ihn belauscht.
    »Hey, Mum.« Ollys Stimme hatte einen merkwürdigen Einschlag – schon jetzt hörte man einen leichten amerikanischen Akzent. »Ich zieh mit den Jungs los. Cool?«
    »Äh, okay. Cool.« Sie ging in den Flur, damit er ihr die »Jungs« vorstellte, aber noch ehe sie dort ankam, war Olly seinen neuen Freunden bereits auf die Veranda gefolgt und hatte die Tür so heftig hinter sich zugeknallt, dass die farbverklebten Fensterrahmen wackelten und der Modergestank des Hauses sie anwehte.
    Sie sah zu, wie die drei über die Main Street davonschlenderten, bevor sie Hund endlich sein Wasser gab. Danach ging sie zurück ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Couch fallen und schloss die Augen. Wenigstens hatten sie beide hier schon Freunde gefunden, dachte sie. Immerhin. Dann wanderten ihre Gedanken von ihren Kindern zu dem, was sich am Abend zuvor zwischen ihr und Stephen abgespielt hatte, und ihr lief ein Schauer über den Rücken. Sie musste es vergessen. Sie hatte ihn abgewiesen, und er hatte sich entschuldigt. Ende der Geschichte.
    Es war einfach nicht fair, dass sie und Stephen sich hier wiedergefunden hatten. Von allen Streichen, die das Schicksal ihr hätte spielen können, war das der hinterhältigste.
    Ein Schatten fiel über sie.
    »Cola?«
    Sie machte die Augen auf und sah Marcus vor sich stehen, der ihr eine eisgekühlte rotsilberne Dose hinhielt.
    »Ich habe dich gar nicht reinkommen hören.«
    »Ich gebe mir Mühe, ein bisschen leiser zu sein. Ich weiß ja, wie sehr dich mein Herumgepolter nervt. Und im Haus schallt es so.«
    »Was für eine Ehre.« Lara nahm die Dose von ihm entgegen. »Es ist stickig hier drin, findest du nicht auch?«
    »Warum gehen wir nicht ein bisschen raus, solange Jack mit seinen Malbüchern beschäftigt ist? Vorne weht ein angenehmer Wind.«
    »Okay.« Sie hielt ihm eine Hand hin, damit er ihr aufhalf.
    »Stephen hatte recht«, sagte Marcus und sah sie an.
    »Womit?« Sie wandte sich ab, um die Röte zu verbergen, die ihr in die Wangen gestiegen war.
    »Die Farbe steht dir wirklich gut.«
    »Hach, ist das nicht schön?«, sagte Marcus, als sie sich auf der Hollywoodschaukel ausstreckten. Er schwang die Beine hoch, um sie auf ihren Schoß zu legen. Hund saß auf dem Rasen und sah zu ihnen empor.
    »Braver Junge«, lobte Lara.
    »Ich will ihn nicht im Haus haben«, erklärte Marcus.
    »Keine Sorge. Platz, Junge«, befahl Lara.

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