Hautnah
Moment still zu stehen.
»Sag den dreien oben, dass es in einer halben Stunde Frühstück gibt«, bat Stephen, als Lara die Treppe hinaufging. »Ich muss noch mehr Pfannkuchen backen, aber im Ofen halten sie sich gut warm.«
Bella sah ihm bei der Arbeit zu. »Wird es dir gar nicht einsam hier draußen?«
»Manchmal schon«, gestand er. »Aber nach L. A. ist das eine ganz willkommene Abwechslung.«
»Aber da drüben muss es doch toll sein.«
»Glaub mir, Bella. Es ist der reinste Wahnsinn.« Er lächelte sie an. »Im guten wie im schlechten Sinne. Ständig steht man im Rampenlicht, und alle wollen etwas von einem.«
»Also, mir würde das ganz gut gefallen.«
»Nein. Glaub mir.«
Bella musterte ihn. Sie wollte ihm noch mehr Fragen zu seinem Leben in L. A. stellen – wen er kannte, was er machte, wo er hinging. Und sie brannte darauf, Einzelheiten über seinen Zusammenbruch und die Sache mit der Stalkerin zu erfahren. Aber die Themen waren ihr zu persönlich. Sie war nicht wie Olly.
»Allerdings«, fuhr Stephen fort, »freue ich mich unheimlich, dass ihr den Sommer über hier seid. Es wird toll, mit euch und eurer Mum einfach mal ganz normale Sachen zu unternehmen. Hier gibt es jede Menge zu tun, wenn man sich ein bisschen auskennt. Ich kann euch die Gegend zeigen.«
»Klingt gut«, sagte Bella. Sich von einem Filmstar die Gegend zeigen zu lassen wäre wirklich toll. Allerdings fragte sie sich, wie er das bewerkstelligen wollte, ohne dabei seine Tarnung aufzugeben.
»Das war ein hartes Stück Arbeit«, verkündete Lara, als sie wieder nach unten kam. »Als müsste man jemanden von den Toten aufwecken. Komm, Bell.« Sie hakte sich bei ihrer Tochter unter. »Geh mit mir nach draußen.«
»Bis später«, sagte Stephen, als sie zur Hintertür hinaustraten.
»Du musst mich führen«, sagte Lara. »Ich war nicht auf eine Übernachtung eingestellt, deswegen habe ich weder meine Brille noch ein frisches Paar Kontaktlinsen mit.«
Die Sonne hatte das feuchte Grün bereits erwärmt und hüllte alles in einen feinen Nebel. Wie in der Dampfsauna im Prince-Regent-Bad, fand Bella. Der schwere Geruch nasser Erde lag in der Luft, und die Insekten begannen ihr Konzert für den neuen Tag.
»Das Gras ist so hart«, stellte Lara fest. »Ganz anders als das moosige Gras bei uns.«
Sie schlenderten zum Gemüsebeet in einem von der Sonne beschienenen Flecken am Rande des Rasens.
»Schau dir mal die Zucchini an.« Bella bückte sich und schob eine gesprenkelte Frucht beiseite, die von einem haarigen Blatt halb verdeckt wurde. An ihrem Ende saß eine eben verwelkte gelbe Blüte. »Da sind ja Tausende.«
»Das nenne ich Überfluss«, sagte Lara. »Und sieh mal, da – sind das Basilikum und Tomaten? Wir sollten uns wirklich um einen Schrebergarten bemühen, wenn wir wieder zurück sind.«
»Aber erwarte nicht, dass ich dir helfe«, verkündete Bella. »Ich mach mich nicht gerne dreckig.«
»Aber es ist doch eine schöne Vorstellung, findest du nicht? Selbst etwas anzubauen?«
Bella sah ihre Mutter an und bemerkte, dass ihr eine Träne auf der Wange glitzerte. »Alles klar bei dir?«
»Ja, ja. Bloß die Hormone.« Lara zupfte ein Basilikumblatt ab und rollte es zwischen ihren Fingern, bevor sie es sich unter die Nase hielt. »Was hast du denn so Wichtiges vor, dass wir um zehn zurück sein müssen?«
»Ich treffe mich mit jemandem.«
»Mit diesem netten Jungen von der Party?«, fragte Lara, als sie über den Rasen zu einer Gartenbank weiterschlenderten, vor der eine Feuerschüssel stand.
»Ja.«
»Und wo wollt ihr hin?«
»Schwimmen.«
»Wo denn?«
»Bei seinem Cousin.«
»Wie schön.« Lara ließ sich auf der Bank nieder. »Ist das weit weg?«
»Keine Ahnung.« Bella setzte sich neben sie.
»Fahrt ihr mit dem Auto?«
»Kann schon sein.«
»Dann sag ihm, er soll vorsichtig fahren. Und wenn er etwas trinkt, steigst du nicht bei ihm ein.«
»Mum …«
»Ich meine es ernst. Du bist eine kostbare Fracht.«
Das sagte sie immer.
»Und –«, fuhr Lara fort.
»Und, was?« Langsam hatte Bella genug.
»Und er soll gut auf dich aufpassen. Und mach keine Dummheiten.«
»Ich kann selbst auf mich aufpassen, Mum.«
»Natürlich kannst du das. Ich habe in deinem Alter genauso gedacht. Trotzdem war ich durchaus in der Lage, Fehler zu machen. Und ich habe welche gemacht, glaub mir.«
Bella stand auf, hob einen Stock auf und stocherte damit in der Asche der Feuerschüssel herum. Sie war noch feucht vom Regen und
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