Havanna für zwei
verlor langsam die Geduld mit dem System. Die Regierung wollte Beweise für seine Beziehung zu Emma, aber sie hatten nur das Foto, das sie mit dem Handy am Hafen von Cojímar aufgenommen hatten. Er konnte den Behörden schlecht sagen, dass sie sich nur einmal geküsst hatten. Allein die Hoffnung, die schöne, dunkelhaarige Frau mit der blassen Haut wiederzusehen, ließ ihn durchhalten. Er fragte sich, wie es sich woanders auf der Welt lebte, wo die Menschen frei von Einschränkungen reisen durften und keine Angst zu haben brauchten, dass ihre Nachbarn sie bespitzelten.
Der Portier begrüßte Sophie auf der Steintreppe des diskreten Hotels mit der außergewöhnlichen georgianischen Fassade.
»Guten Morgen, Madam.«
»Morgen.«
Auf dem Weg durch die Rezeption zum Salon ließ Sophie den Blick über die fantastischen Gemälde von Jack B. Yeats schweifen. Das Merrion Hotel erinnerte sie eher an ein herrschaftliches Anwesen als an ein öffentliches Hotel. Das Kaminfeuer sah zwar einladend aus, war aber jetzt im Frühsommer zu warm.
Greg saß auf einem der Sofas und las die Herald Tribune . Er sah noch besser aus als in ihrer Erinnerung.
Als hätte er ihre Gegenwart gespürt, hob Greg den Kopf. Beim Anblick ihrer lockigen Mähne, die seit ihrer gemeinsamen Zeit in Havanna noch länger geworden war, stand er auf und eilte ihr entgegen.
»Sophie aus Irland! Wie geht es dir?«
Er sprach jedes Wort so überdeutlich aus, dass Sophie das kanadische Näseln nicht wahrnahm, an das sie sich erinnerte.
»Schön, dich zu sehen, Greg«, antwortete sie lächelnd, als er sich vorbeugte und ihr mit seinen großen weichen Lippen einen Kuss auf den Mund drückte. »Wie war die Reise?«
»Sehr gut! Du siehst schön aus.«
Sophie lächelte zufrieden. Sie hatte eine Stunde lang hin und her überlegt, was sie anziehen sollte, und sich für ein leichtes türkisblaues Sommerkleid und Killer-Heels entschieden.
»Mein Freund verwöhnt mich. Er hat mir das Penthouse gegeben. Angeblich steigt dort Bruce Springsteen immer ab, ich befinde mich also in guter Gesellschaft, eh?«
»Er wohnt hier wirklich immer, wie viele andere Promis auch.«
»Mein Freund hat ganz schön tiefgestapelt und behauptet, er besäße da ein kleines Hotel in Irland. Umso beeindruckter bin ich natürlich.«
»Wie ist das Penthouse denn?«
Sophie interessierte sich einen Dreck für Innenausstattung, doch nachdem sie Greg wiedergesehen hatte, sehnte sie sich danach, ihn ganz für sich allein zu haben.
»Ich zeig’s dir«, verkündete Greg, holte seinen Zimmerschlüssel aus der Tasche und warf ihn in die Luft. »Zum Fahrstuhl geht’s hier lang.«
Sie schlenderten durch einen Glasgang, der durch die perfekt gepflegte Gartenanlage zum angebauten Gebäudeflügel führte.
Als sich die Fahrstuhltüren schlossen, steckte Greg den Schlüssel in das Schloss über dem Knopf für die oberste Etage und drehte ihn.
»Beeindruckend«, sagte Sophie bewundernd.
»Mir gefällt die Penthouse-Etage. Da ist man ungestört.«
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und ließen strahlendes Licht herein. Von hier oben blickte man auf die benachbarten Dächer.
»Es ist gleich hier«, meinte Greg und steckte einen anderen Schlüssel in die Tür direkt neben ihnen.
Er hielt ihr galant die Tür auf, und sie betrat den Empfangsbereich, der mit herrlichen klassizistischen Möbeln und Drucken mit Rennpferdmotiven ausgestattet war. »Soll ich dich rumführen?«
»Ich würde lieber was trinken.«
Greg grinste. »Hier entlang«, sagte er und führte sie ins Wohnzimmer mit einer luxuriösen Couch und einem gewaltigen Entertainment-System. »Ich hol dir was aus der Küche. Die Empfangsdame hat gesagt, dies seien die am wenigsten genutzten Geräte in der ganzen Stadt.«
Sophie folgte ihm in die Küche, von wo man einen spektakulären Ausblick auf die Dächer von Dublin hatte.
»Tee, Kaffee oder lieber was Stärkeres, eh?«
»Wasser mit Kohlensäure reicht.«
»Gibt es auch. Und sie haben uns Teegebäck dagelassen«, verkündete Greg und hob einen großen Teller mit bunten, appetitlichen Leckereien hoch.
»Danke, mir reicht ein Glas Wasser.«
»Wie ist es dir ergangen, Sophie aus Irland?«
Obwohl Sophie es verabscheute, wenn er sie so nannte, grinste sie. »Es ging mir schon mal besser. Du weißt ja, dass ich nach dem Urlaub arbeitslos geworden bin. Tja, es scheint, als würde mich die Zeitung, bei der ich inzwischen gejobbt habe, auch nicht mehr brauchen. Also stehe ich wieder ohne
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