Havanna für zwei
erstandenen Benefit-Lippenstift auf und verstaute ihn in ihrer Handtasche. Eine Freundin hatte ihr versichert, dass diese Marke momentan bei jüngeren Frauen total angesagt war, und ein junges, modernes Produkt war genau das Richtige für sie.
Zitternd vor Aufregung sprang sie in ihren Wagen. Wieso um alles in der Welt sollte Jack sie wiedersehen wollen? Erst vor wenigen Tagen hatte er sich ihr gegenüber sehr reserviert gegeben, doch diese Einladung klang vielversprechend.
Sie wünschte, sie führe keinen Van. Er sagte alles über ihr jetziges Leben und über sie aus. Was war nur aus ihren hochfliegenden Plänen geworden, Berufsmusikerin zu werden oder gar Komponistin? Mit jedem neuen Kind hatten sich diese Ideen mehr und mehr verflüchtigt, während sich ihr Engagement für die Familie zunehmend verstärkte.
Da sie gut durchkam, parkte sie schon nach fünfzehn Minuten am West Pier. Als sie auf die Uhr sah, war es genau halb eins, und sie wollte nicht übereifrig erscheinen, indem sie pünktlich kam. Da Louise nach so vielen Jahren in der Schule an Disziplin gewöhnt war, fiel es ihr schwer, dem allgemeinen Trend zu folgen und grundsätzlich zu spät zu kommen.
Plötzlich entdeckte sie im Rückspiegel Jack, der selbstbewusst an der Strandpromenade entlangschlenderte. Sie duckte sich hinter das Lenkrad und überzeugte sich mit Hilfe der Seitenspiegel davon, dass er das Restaurant betreten hatte, bevor sie aus dem Wagen stieg.
Ihr Magen krampfte sich zusammen wie bei den früheren Treffen mit ihm. Sie betrat das elegante Café mit den gemütlichen Kunstledernischen, Tischplatten aus Marmor und Böden mit Mosaikmuster. In der Ecknische hinten bei der Küche entdeckte sie Jack, der mit dem Rücken zu ihr saß.
Louise machte sich auf alles gefasst und steuerte auf seinen Tisch zu.
Als sie näher kam, drehte er sich zu ihr um.
»Louise! Danke, dass du gekommen bist«, sagte er, stand auf und gab ihr höflich einen Kuss auf die Wange.
Sie lächelte breit, bemerkte aber schnell, dass er nicht zurücklächelte. Jack wirkte nervös, fast schüchtern.
»Das ist ein schönes Restaurant. Ich war noch nie hier«, bemerkte sie im Plauderton.
»Es ist ganz neu. Schön, mal woanders hingehen zu können.«
Seine Stimme klang unsicher, und er zeigte nicht dasselbe Selbstbewusstsein wie vor ein paar Tagen bei ihrer Begegnung auf dem Pier.
»Deine Verlobte ist bildschön«, wagte sie sich vor.
»Sie ist wunderbar! Die coolste Frau, mit der ich je zusammen war.«
Louise lächelte nervös. Was hatte sie anderes erwartet?
»Wahnsinn, wie die Zeit vergeht«, meinte sie, während sie in der Nische Platz nahm.
Jack rutschte weiter ans Kopfende und legte die Arme auf den Tisch. »Es fühlt sich gar nicht an wie fünfzehn Jahre.«
Louise nickte. Sie wusste genau, was er meinte. Jetzt, wo sie hier nur zu zweit waren, fiel ihnen das Reden leicht, was bei Menschen, die einmal miteinander intim gewesen waren, oft vorkam.
Er fuhr fort. »Es war ein echt mieses Timing, dir ausgerechnet jetzt über den Weg zu laufen – so was wie ein Omen.«
Er wirkte nicht so, als würde er demnächst die Frau seiner Träume heiraten. Stattdessen sah Louise in seinem Gesicht dieselbe Verzweiflung, die sie selbst in der Zeit vor ihrer Hochzeit mit sich herumgetragen hatte.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
Er nickte, doch sie war nicht überzeugt. Das Gefühl, über alles reden zu können, so wie früher, wenn sie auf ihrem Bett in dem kleinen Haus in Clontarf lagen, war wieder da, und sie stellte ihm eine Frage, die sie schon im selben Augenblick bereute.
»Hast du kalte Füße?«
In dem Moment trat die Kellnerin an den Tisch und reichte ihnen die Speisekarten.
»Danke«, murmelte Louise.
Als die Kellnerin außer Hörweite war, sah Jack Louise entgeistert an und fragte: »War das damals dein Grund? Kalte Füße? Hatten wir deshalb unsere Affäre?«
Das brachte Louise aus dem Konzept. Sein Ton war anklagend, und sie spürte eine unangenehme Spannung zwischen ihnen.
»Jack, das ist lange her, aber das zwischen uns war etwas Besonderes.«
Jack runzelte die Stirn. Er hielt den Blick starr auf die Speisekarte gerichtet, doch ihm schwirrte zu viel durch den Kopf, was so rein gar nichts mit den aufgelisteten Meeresfrüchten zu tun hatte. Er blickte kurz auf und verschanzte sich wieder hinter der Karte, bevor er ganz leise sagte: »Dafür hast du aber ganz schön schnell Schluss gemacht!«
Louise atmete tief durch. Dieses Treffen verlief
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