Havanna für zwei
bin? Ich könnte dir eine E-Mail schreiben.«
Dehannys zuckte mit den Achseln. »Habe ich E-Mail-Adresse, aber ist sehr schwierig zu benutzen.«
»Hast du keine Möglichkeit im Hotel?«
»Es difícil.«
»Ich gebe dir meine Karte, bevor ich abreise, und wenn sich eine Möglichkeit ergibt, versuchst du mir zu mailen, ja? Ich schicke dir Geschenke für Fernando, sobald ich zurückkomme. Wünscht er sich irgendwas?«
Dehannys nickte. »Er braucht Kleider und Schuhe.«
Ihre leuchtenden Augen verrieten Emma, dass alles sehr willkommen wäre.
Wie schwer das Leben ihrer neuen Freundin doch war, die jeden Tag viele Stunden im Hotel schuftete und so wenig Zeit mit ihrem Sohn verbringen konnte.
»Wo arbeitest du heute Abend?«
» Aquí – in dieser Bar.«
»Okay, dann verbringe ich meinen letzten Abend hier bei dir, und wir können den Sonnenuntergang bewundern und die Musik genießen, und wenn du nicht beschäftigt bist, kannst du mit mir reden. In Ordnung?«
Dehannys lächelte erfreut.
»Du gehst nicht allein zu Fuß zum Tryp!«
»Ist das eine Bitte oder ein Befehl, Em?«
Emma hätte ihre kleine Schwester am liebsten geschüttelt. Sie schien völlig auszublenden, dass sie sich in einem fremden Land befanden, wo einer jungen Frau, die allein den langen, einsamen Weg zum Tryp Hotel ging, alles Mögliche zustoßen konnte. Außerdem hielt Emma es für ihre Pflicht, ihre Schwester vor dem doppelzüngigen José zu beschützen, auch wenn sie sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte.
»Dehannys hat mir heute gesagt, dass José verlobt ist.«
Sophie erstarrte kurz, grinste dann aber. »Was macht das für einen Unterschied?«
Emma hatte langsam genug von ihrer Schwester. »Essen wir vorher noch was?«
»Mir ist der Appetit vergangen«, murmelte Sophie. »Ich esse später was mit José.«
Emma schnappte sich den Zimmerschlüssel und ihre Tasche und ging.
Sie nahm den vertrauten Weg zu der kleinen Strandbar, wo Dehannys Gläser spülte und Drinks mixte. Die untergehende Sonne verfärbte sich zu Nuancen aus leuchtendem Rot, Pink und Gelb, und Emma wünschte von ganzem Herzen, dass Paul bei ihr wäre. Seine Wahl, was das Hotel betraf, war tadellos, und es kam ihr vor wie ein Geschenk, das er ihr noch aus dem Grab heraus machte. Bald wäre der Strand in Dunkelheit getaucht, und die Sterne stünden klar am Himmel und funkelten wie Diamanten, wie man es in Dublin nie zu sehen bekam. Seit sie in Varadero waren, war es für sie zum Ritual geworden, jeden Abend nach draußen auf den Balkon zu treten, nach oben zu sehen und zu überlegen, welche Sternenbilder sie erkannte.
Heute Abend war in der Port-Royal-Strandbar mehr Betrieb als sonst, und Dehannys zerstieß hektisch Eis mit Minze, um für die Hotelgäste, die an der Theke saßen, Mojitos zuzubereiten. Als sie Emma sah, winkte sie ihr zu.
Emma nahm den letzten freien Platz am Ende der Bar in der Nähe eines Musiker-Trios, das sich mit seinen Gitarren für seinen Auftritt bereitmachte. Sie hatte es nicht eilig, bedient zu werden, und könnte ebenso gut hier eine Kleinigkeit essen. Es war der reinste Luxus gewesen, jeden Abend in einem der vielen Hotelrestaurants zu speisen, und ihr Magen konnte zur Abwechslung mal etwas Leichteres vertragen. Hier gab es zu jeder Mahlzeit Hummer und Filetsteak im Überfluss, und Emma fragte sich oft, was ganz normale Kubaner abends aßen. Es gab viel in diesem Land, wovon sie nie erfahren würde, wenn sie in der Oase von Varadero bliebe, und sie freute sich auf ihren Havanna-Trip und auf die Gelegenheit, mehr vom wahren Kuba zu erleben – wie in Matanzas.
Dehannys schob Emma über die Theke einen Mojito zu und blinzelte verschwörerisch. »Wo ist deine Schwester?«
Emma schluckte. Sie wollte ihrer Freundin nicht die Wahrheit sagen, konnte sie aber auch nicht anlügen.
Schließlich nahm ihr Dehannys das Problem ab. »Schon gut. Wahrscheinlich bei José.«
Emma nickte.
»Hoffentlich bittet er deine Schwester nicht um Geld.«
Emma war schockiert. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass er sich verkaufte wie ein Gigolo. Das klang eindeutig nicht nach dem Typ Mann, für den Sophie sich normalerweise interessierte. Emma kicherte.
»Was ist lustig?«
»Da kennst du meine Schwester aber schlecht! Er kann von Glück sagen, wenn sie ihm einen Drink spendiert!«
»Bueno« , sagte Dehannys und lächelte jetzt ebenfalls.
Jetzt, wo sich der Ansturm an der Theke gelegt und die Band ihren Auftritt mit den vollen Klängen des Klassikers »Chan
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