Havanna für zwei
Kaffee. Also setzten sie sich zu Sophie an die Bar und genossen die Atmosphäre.
»Wie lange bleiben Sie in Havanna?«
»Wir haben dort nur zwei Übernachtungen. Gibt es irgendetwas, das wir uns dort unbedingt ansehen sollten?«
»Morgen ist mein freier Tag. Wenn Sie möchten, kann ich es Ihnen zeigen.«
Das gefiel Emma, und sie fragte sich, ob Felipe Single war. Er hatte zwar gesagt, dass er mit seinem Vater zusammenlebte, aber das hieß noch lange nicht, dass es keine Mrs Felipe gab. Er kam ihr zwar ziemlich gesettled vor, aber als er sie nach Matanzas gebracht hatte, hatte er es auch nicht besonders eilig gehabt, nach Hause zu kommen.
»Das wäre wirklich nett«, sagte sie. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Sophie dazwischenfunken wollte, ignorierte es aber geflissentlich. »Ich würde liebend gern Hemingways Haus sehen.«
»Ich kann Sie hinbringen.«
»Haben Sie denn an Ihrem freien Tag Ihr Taxi?«
Felipe schüttelte den Kopf. »Nein, aber mein Vater hat ein Auto, das wir nehmen könnten.«
»Können wir jetzt endlich nach Havanna fahren?«, jaulte Sophie genervt auf. »Ich hab keinen Schimmer, was wir hier wollen!«
Der Rest der Fahrt verging schnell, und Sophie döste weiter auf dem Rücksitz.
Emma hingegen sog die Sehenswürdigkeiten, an denen sie vorbeikamen, in sich auf. Dieses Land war völlig anders als alle anderen, die sie bisher besucht hatte. Mit den Jahren hatten sie und Paul Thailand, Südafrika und andere exotische Ziele bereist, aber nichts war gewesen wie Kuba, und der Grund dafür war nicht der Kontrast zu Irland, sondern die Energie, die von den Menschen ausging. Während sie durch die Vororte von Havanna fuhren, kam sich Emma vor wie in einer Filmkulisse. Besonders beeindruckte sie die außergewöhnliche Vielfalt der Hautfarben. Die Männer, die an den Straßenecken standen, die Frauen, die mit schweren Taschen vorbeischlenderten, und die Kinder, die mit improvisierten Bällen herumtobten, hatten erstaunlich unterschiedliche Hauttöne. Sie warf einen Blick auf Felipe. Er hatte einen gebräunten südländischen Teint, während viele seiner Landsleute schwarz waren. Es kam ihr so vor, als spielte die Hautfarbe in Kuba für niemanden eine Rolle, und sie fühlte sich wunderbar frei.
»Felipe, gibt es Rassismus auf Kuba?«
Felipe lachte. »Fidel hat Rassismus für illegal erklärt. Das stand in seinem Manifest der Revolution. Doch dass ungeachtet der Hautfarbe alle arm sein würden, hat er uns verschwiegen!«
»Aber in dieser Gesellschaft gibt es doch sicher Menschen, die mehr haben als andere?«
»Eigentlich nicht. In dieser Stadt habe ich den besten Job. Mein Lohn beträgt zehn CUC im Monat, aber wenn man Glück hat, kriegt man das pro Tag an Trinkgeld.«
»Was verdient denn ein Arzt?«
Felipe schüttelte den Kopf. »Etwa fünfundzwanzig CUC. Da ist es verständlich, dass so viele nach Kanada oder Amerika gehen. Ein Lehrer verdient zwanzig, aber ein Fabrikarbeiter bekommt zehn und hat obendrein noch das, was er in seinen Taschen mit nach Hause nimmt und auf dem Schwarzmarkt verkaufen kann. In der Rumfabrik zu arbeiten ist gut.«
Emma sog diese Informationen in sich auf. Vielleicht ging es Dehannys doch nicht so schlecht, wenn ihr Vater in der Rumfabrik arbeitete.
Sie erblickte ein sehr prunkvolles Gebäude. »Was für ein Prachtbau!«
»Ja, das ist das Capitolio. Ein sehr großes Museum. Sie müssen es besuchen.«
»Ich habe zu wenig Zeit hier, um mir viel anzusehen.« Emma versuchte nicht, ihre Aufregung zu verbergen.
»Hier ist es viel heißer als in Varadero«, meldete sich eine Stimme vom Rücksitz.
Sophie war von den Toten auferstanden.
»Wir sind fast im Hotel«, verkündete Felipe und warf einen Blick nach hinten.
Und wirklich, sie fuhren nur noch zwei Minuten auf den holperigen Straßen, bis sie zu einem hoch aufragenden Hotel kamen, das einen frischen gelben Anstrich und leuchtend blaue Fenster- und Türrahmen hatte.
Emma wollte nicht, dass Felipe wegfuhr. Es war so schön, einen Mann zu haben, mit dem man reden konnte, und sie genoss seine Gesellschaft.
»Wir sehen uns morgen«, versprach er. »Zehn Uhr?«
»Das wäre toll. Danke für alles, Felipe.«
»Wo finde ich einen guten Nachtclub, in den ich heute Abend gehen kann?«, erkundigte sich Sophie. »Nach Varadero sehne ich mich nach ein bisschen Action.«
»Sie wollen tanzen?«, fragte Felipe.
»Ja.«
» Casa de la Música . Dahin können Sie von hier zu Fuß gehen. Das ist der beste.«
»Danke
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