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Havanna für zwei

Havanna für zwei

Titel: Havanna für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Jackson
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herumlungerten und das geschäftige Treiben beobachteten. Junge Menschen, von denen sie geglaubt hätte, dass sie zu dieser Tageszeit arbeiten müssten, umarmten sich ungeniert und tranken selbst gemachte Limonade, die man an Verkaufswagen erstehen konnte. Der Preis betrug zwei Cent – kubanische Pesos, nicht die Touristenwährung.
    Es regte Emma langsam auf, dass gewisse Waren nur für Touristen oder Menschen zugänglich waren, die CUC in die Finger bekamen, und der Rest der Bevölkerung das einfach akzeptieren musste. Dabei handelte es sich nicht einmal um ausgesprochene Luxuswaren. Bestimmte Kosmetika, Elektroartikel, alle möglichen Dinge, die im Grunde billig waren und in jedem Laden in Dublin für selbstverständlich gehalten wurden, blieben dem Durchschnittskubaner verwehrt. Ja, dachte sie wieder einmal, wenn sie immer noch Journalistin wäre, hätte sie viel zu berichten. Sie konnte verstehen, warum so viele ihr Leben riskierten und zu der gefahrvollen, 90 Kilometer langen Fahrt übers Meer nach Florida aufbrachen. Aber jetzt ging sie auf Entdeckungsreise, um zu sehen, was Kuba zu bieten hatte und der Rest der Welt nicht.
    Sophie stieg stöhnend aus dem Bett. In ihrer Toilettentasche steckte noch Paracetamol; sie hatte immer eine ganze Schachtel griffbereit. Sie war froh, endlich weg von Varadero zu sein. José war ein Halunke. Er hatte doch wirklich die Frechheit besessen, sie zu bitten, Geld für ihn zu tauschen, das er ihr später in Euroscheinen zurückschicken wollte, sobald er genug Trinkgeld beisammenhätte. Darauf fiel sie ganz bestimmt nicht rein. Er hatte damit gewartet, bis sie zu ihm aufs Moped stieg, um zurück zu ihrem Hotel gebracht zu werden. Ihr war zwar klar gewesen, dass er ein Gauner war – gerade das hatte sie ja anziehend gefunden –, doch sie hätte nie geglaubt, dass er die Unverfrorenheit besäße, sie anzupumpen.
    Sie ließ den Blick durch den Raum und über den glänzenden Fliesenboden schweifen. Das Kopfbrett des Bettes war gut und gerne drei Meter hoch. Sie trat auf den Balkon und sah zu, wie die PKW, LKW und Motorräder kreuz und quer in alle Richtungen fuhren. Auf den Straßen herrschte nicht viel Ordnung, und sie vermutete, dass es in dieser Stadt nirgends viel Ordnung gab.
    Sophie hatte das Gefühl, endlich das wahre Kuba zu erleben – nicht nur die auf Hochglanz polierten Hotels und den makellosen Sandstrand von Varadero. Sie war bereit, das echte Havanna zu sehen: das, in dem viele berühmte Musiker, wie die vom Buena Vista Social Club, ihre Wurzeln hatten.
    So hatte Paul es für sie geplant. Schließlich hatte er sie mit auf diese Reise nehmen wollen und nicht Emma. Sie hatte Schwein gehabt, dass Emma an jenem Tag die Reiseunterlagen ihr übergeben und nichts zu dem falschen Anfangsbuchstaben gesagt hatte. Es war Emma natürlich aufgefallen, doch sie hatte es für einen simplen Druckfehler gehalten. Dieses Ticket hatte Sophie sich sofort geschnappt und es so gedeichselt, dass Pauls Ticket auf Emma umgeschrieben wurde. Dafür hatte sie mit ihrem Charme den Typen aus dem Reisebüro einwickeln müssen, der die Änderung eigentlich nur gegen eine hohe Strafgebühr hätte vornehmen dürfen. Auch Louise war das »S« aufgefallen, was Sophie sehr nervös gemacht hatte. Louise hätte alles versauen können; sie schützte Emma immer. Sophie erschauderte bei dem Gedanken, wie Emma reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass die Reise gar nicht als Überraschung für sie geplant gewesen war, sondern als feierliche Begehung der dreijährigen Beziehung ihrer Schwester Sophie mit ihrem Schwager.
    Nur wenige Tage vor Pauls siebtem Hochzeitstag hatte er Sophie zufällig in der Stadt getroffen und sie zum Mittagessen in Cooke’s Bistro eingeladen. Als sie im Dubliner Sonnenschein unter den dunkelgrünen Markisen saßen, hätte das auch in Paris oder Rom sein können. Sophie hatte erst vor kurzem eine Beziehung zu einem Nachtclub-Besitzer beendet, der ein großkotziger Proll gewesen war, und wünschte sich jemanden, mit dem sie gepflegt über Kunst, Design und Kultur plaudern konnte. Sophie war nie aufgefallen, wie attraktiv Paul war, wenn Emma an seiner Seite war. Es traf sie beide wie ein Blitz.
    Manchmal trafen sie sich in seinem Büro, manchmal in ihrem. Es war kein Problem, die Jalousien in seinem Büro herunterzulassen und die Tür von innen zu verriegeln. Manchmal war ihr Rücken vom Teppichboden wund gescheuert, doch danach lachten sie immer darüber.
    Zu den höchst seltenen

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