Havanna für zwei
gern in der Stadt bleiben, da ich nur noch diesen einen Tag habe.«
Sie verließen das Hotel und gingen zurück zum Buick, der in der Sonne glänzte.
Als sie den Malecón entlangfuhren und der Wind über ihr Gesicht strich, kam sich Emma wieder vor, als wäre sie den Seiten ihres Romans entstiegen. Vielleicht konnte sie die Handlung ändern und zur Abwechslung mal was Romantisches schreiben. Schließlich gab es nichts Romantischeres, als in einem Oldtimer mit einem attraktiven Kubaner über den Malecón zu fahren.
Sie war im Moment eindeutig mehr in der Stimmung, über die Liebe zu schreiben, als über den Tod. Schließlich hatte das düstere Thema in den letzten sieben Monaten ständig über ihr geschwebt.
Kapitel 14
Jack saß in der Ecke des Quay West Restaurant und nippte an seinem Cappuccino. Jetzt, wo er allein hier war, fühlte er sich ganz anders als neulich beim Mittagessen mit Louise.
Er wünschte, er könnte die Uhr zu dem Tag zurückdrehen, als er sie in der DART-Bahn nach vierzehn Jahren zum ersten Mal wiedergesehen hatte. Wenn das ginge, würde er unter allen Umständen einen Zug später nehmen. Hätte er sie nicht wieder getroffen, liefen die Hochzeitsvorbereitungen jetzt auf Hochtouren, und Aoife und er wären glücklich, wie früher in New York. Doch als er seinen Löffel nahm und in dem heißen Kaffee rührte, fiel ihm ein, dass ihn schon beim Kauf des Verlobungsrings Zweifel geplagt hatten. Es hatte vielerlei Anlässe gegeben, zu denen ihn eine leise, kritische Stimme in seinem Kopf gefragt hatte, ob er auch wirklich mit den Plänen einverstanden war. Die Begegnung mit Louise hatte die Zweifel, die er sich nicht eingestanden hatte, nur bestätigt.
Jacks Handy klingelte.
»Hallo?«
»Jack, hier ist Peter.«
Jack musste kurz nachdenken. Er kannte die Stimme, wusste sie aber nicht zuzuordnen.
»Peter Kelly – aus der Schule.«
»Peter!« Jetzt erinnerte Jack sich. »Wie geht’s? Das ist Jahre her! Woher hast du meine Nummer?«
»Ich habe deine Mutter in Killester getroffen, und sie hat mir alle Neuigkeiten von dir erzählt. Hast du Lust, mit mir ein Bier zu trinken?«
»Klar. Ich fasse es nicht! Wo wohnst du jetzt?«
»In Glasnevin. Ich bin jetzt seit drei Jahren wieder in Irland und wusste nicht, dass du auch wieder hier bist. Wollen wir uns in der Stadt treffen? Wir könnten aber auch in unsere alte Stammkneipe gehen, zu Harry Byrnes.«
Jack lächelte, als er den Namen hörte. Er war seit Jahren nicht mehr in dem Pub gewesen, in dem sie als Minderjährige oft versucht hatten, an Alkohol zu kommen.
»Byrnes klingt gut. Wie wär’s heute Abend?«
»Ich hab noch nichts vor. Heute Abend ist gut.«
»Okay. Gegen neun?«
»Klingt gut. Bis dann, Jack.«
Lächelnd wandte sich Jack wieder seinem Kaffee zu. Er hatte mit Peter schöne Zeiten erlebt. In der Schulzeit hatten sie sich immer nahegestanden, und obwohl sie danach auf unterschiedliche Colleges gingen, waren sie gute Freunde geblieben. Erst als Jack in die Staaten ging, hatten sie den Kontakt verloren, da Männer nicht so gut darin sind wie Frauen, Freundschaften mit Weihnachts- und Geburtstagskarten aufrechtzuerhalten.
Es würde Spaß machen, mit ihm über alte Zeiten zu reden.
Aoife fuhr mit einer Tasche voller Klamotten und Kosmetika nach Hause. Sie schluchzte, wusste aber nicht, ob sie ihren Eltern von der Sache erzählen sollte. Sie glaubte nicht, dass sie ihre Gefühle noch viel länger vor ihnen verbergen konnte. Vielleicht wüsste ihre Mutter einen Rat.
Sie parkte in der Einfahrt und betrat das Haus durch die Hintertür.
Ihre Mutter saß mit einer Zeitschrift und einem Becher Tee am Küchentisch.
»Hallo, Liebes, schläfst du noch eine Nacht hier?«
Aoife nickte, brachte aber keinen Ton heraus, weil sie befürchtete, gleich in Tränen auszubrechen.
Ihre Mutter erkannte intuitiv, dass etwas nicht stimmte.
»Aoife, Liebes, ist alles in Ordnung?«
Aoife schüttelte den Kopf.
Ihre Mutter stand auf, kam zu ihr herüber und führte sie sanft zu einem Stuhl am Tisch.
»Setz dich und sag mir, was los ist.«
Aoife brach in Tränen aus und vergrub ihr fleckiges Gesicht in den Händen.
Ihre Mutter riss ein Stück von der Küchenrolle ab und reichte es ihr.
Aoife schluchzte in das Papiertuch. »Es ist wegen Jack. Irgendwas ist passiert, Mum, aber ich weiß nicht, was. Er ist plötzlich so komisch wegen der Hochzeit.«
»Hat er sie abgeblasen?«
»Nein, aber er will kein großes Tamtam. Er findet, wir verzetteln uns
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