Haveljagd (German Edition)
er sie hinhaben wollte. Dank der Bundeskanzlerin schwebte Frau von Woltersbrück irgendwo zwischen dem siebten und achten Elitehimmel.
»Wissen Sie, welche Maße Ihre Fenster haben?«
»Oh, nein«, gestand sie. »Aber ich kann Ihnen ein Maßband holen.«
»Ja, bitte«, sagte er und fragte sich im Stillen: Was glaubst du denn, warum ich den Zirkus hier veranstalte?
Als er sie die Treppe hinunterlaufen hörte, konnte er endlich das tun, weshalb er gekommen war. Er trat vor den großen Spiegel, unter dem zwei Waschbecken angeordnet waren, und fand alles so, wie er es erwartet hatte. Links war der Waschplatz von ihr und rechts von ihm. Alles feinsäuberlich voneinander getrennt, geradezu wie für ihn gemacht. Mit einer schnellen Bewegung zog er zwei Plastikbeutel aus der Sakkotasche und nahm sich vom linken Platz die Haarbürste. Vier, fünf Haare würden reichen. Mit der Pinzette kratzte er ein ganzes Bündel zwischen den Zinken heraus und wiederholte die Prozedur rechts. Als sie mit dem Maßband zurückkehrte, stand er bereits wieder am Fenster.
»Ich hoffe, Sie können damit etwas anfangen?«
»Na klar.« Er nahm das Maßband und hielt es einmal in der Waagerechten und einmal senkrecht ans Fenster. »Gut. Das müsste es erst einmal sein. Den Rest machen dann die Techniker.«
»Und wann kommen die?«
»In den nächsten Tagen, nehme ich an.«
Dann verabschiedete er sich und stieg zu seinem ehemaligen Assistenten ins Auto. »Zum Institut«, sagte er. »Und wenn’s geht mit durchdrehenden Reifen. Ich glaub, die Dame steht auf so was.«
***
Fünf Stunden später lauerten Manzetti und Sonja in Bremers Büro auf das Ergebnis der DNA-Untersuchung und mussten sich währenddessen irgendwie beschäftigen. Sonja versuchte ein Grundverständnis für ihr neues Handy zu entwickeln und hatte es sich dazu in dem abgewetzten Sessel bequem gemacht. Hin und wieder waren ihr sogar die Augen zugefallen.
Manzetti hatte viel telefoniert, sich doch wieder in den Dienst versetzt und begonnen, eine großangelegte Suchaktion nach Werner Michaelis und Tim Becher zu organisieren. Als Erstes waren dabei Fährtenhunde zum Einsatz gekommen, aber sowohl am Blockhaus, als auch am Feldweg hinter dem Biohof hatten sich die Tiere nach wenigen Metern abgelegt. Das Kopfschütteln der Hundeführer bedeutete, dass die Fährte zu Ende war, und die gesuchten Personen möglicherweise in ein Auto gestiegen waren.
»Sonja«, sagte Manzetti absichtlich etwas lauter und sah zu ihr hinüber.
»Ja.«
»Setz dich bitte an Bremers Computer und such alles, was du im Internet über Leihmütter findest.«
Sie war nicht besonders traurig über diesen Auftrag, vertrieb er doch zumindest die Langeweile und hielt ihre Augen offen. »Gut. Was willst du wissen?«, fragte sie, als sie die Finger über die Tastatur rutschen ließ.
»Wie muss ich mir die vorstellen, so eine Leihmutterschaft?« Er trat hinter Sonja, den Blick auf den Monitor gerichtet.
»Ganz einfach«, tönte es von der Tür her, denn zur gleichen Zeit war Bremer aus dem Labor gekommen. »Wollen Sie es hochwissenschaftlich?«
»Die Lightversion«, empfahl Sonja.
»Ganz kurz also. Eine Leihmutter ist eine Frau, die ihre Gebärmutter für die Dauer einer Schwangerschaft zur Verfügung stellt.«
»Wie zur Verfügung stellt?« Das ging offensichtlich über Manzettis Vorstellungskraft.
»Es gibt da zwei Möglichkeiten. Erstens, der Embryo, der das genetische Material der bestellenden Eltern hat, wird der Leihmutter implantiert und sie trägt dann das Kind aus.«
»Und zweitens?«, fragte Sonja, die sich herumgedreht hatte und gebannt zu Bremer sah.
»Die Leihmutter kann mit dem Sperma des bestellenden Vaters befruchtet werden und trägt dann ebenfalls das Kind aus. Dann sind aber Leihmutter und leibliche Mutter identisch, die Frau des Spermaspenders ist nur so etwas wie die Sorgemutter.«
»Okay, das habe ich schon mal verstanden.« Manzetti setzte sich wieder. »Haben Sie schon ein Ergebnis?«
»Bei Tim hat man die Variante eins gewählt. Sowohl der Freiherr als auch seine Frau sind die leiblichen Eltern des Jungen.«
»Interessant«, sagte Manzetti. »Wie läuft das eigentlich praktisch ab?«
»Sie meinen die Befruchtung?«
»Nein. Wohin wende ich mich, wenn ich an eine Leihmutter kommen will?«
»Das dürfte nicht ganz einfach sein, denn in Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz jegliche Art von Leihmutterschaft, und das nicht ganz zu Unrecht.«
»Auch, wenn beide aus
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