Havenhurst - Haus meiner Ahnen
seiner Ansicht nach — aller Menschen Ansicht nach — ein geradezu herzerweichend schönes Gesicht war, das einer jungen Frau gehörte, die nunmehr quer über seiner Brust lag und wie eine unschuldige goldene Göttin aussah.
„Ja, ich glaube fast, das liegt an meinen Augen. Die haben so eine merkwürdige Farbe.“
„Das sehe ich jetzt auch“, neckte er, und dann wurde er wieder ernst. „Allerdings war es nicht dein Gesicht, das ich so betörend fand, als wir einander im Garten begegneten.“ Als sie ihn daraufhin zweifelnd anschaute, fügte er als Erklärung hinzu: „Ich konnte es nämlich gar nicht sehen.“
„Aber selbstverständlich konntest du es sehen. Ich habe dein Gesicht ja auch ganz genau gesehen, obwohl die Nacht schon hereingebrochen war.“
„Sicherlich, aber ich stand ja auch neben einer Fackel, während du dich hinterhältigerweise in den Schatten aufhieltest. Zwar konnte ich erkennen, daß dein Gesicht sehr nett war und alles darin an der richtigen Stelle saß, und ich konnte auch sehen, daß deine anderen weiblichen Merkmale sich da befanden, wo diese hingehörten, aber das war auch alles, was ich ausmachen konnte. Als ich dich dann später in dieser Nacht die Treppe herunterkommen sah, war ich so verblüfft, daß ich mich sehr zusammenreißen mußte, um nicht das Glas fallen zu lassen, das ich in der Hand hielt.“ Elizabeths glückliches Lachen klang durch den Raum und erschien Ian so lieblich wie Musik. „Elizabeth“, sagte er ernst, „ich bin nicht so töricht, daß ich mich allein von einem schönen Gesicht in den Wahnsinn hätte treiben lassen. Erst recht nicht hätte es mich veranlaßt, dich um deine Hand zu bitten, und wäre mein sexuelles Begehren auch noch so überwältigend gewesen.“
Es dauerte einen Moment, bis sie dieses leicht verdrehte Kompliment richtig begriff. „Danke“, sagte sie dann leise.
„Das ist das netteste Kompliment, das mir jemals gemacht worden ist, Mylord.“
„Nenne mich nicht Mylord“, tadelte er ernst. „Damit redest du nur meinen Titel, aber nicht mich selbst an.“
Elizabeth kuschelte sich an seine Brust. „Wie Mylord wünschen.“
Ian konnte sich nicht zurückhalten. Er drehte Elizabeth auf den Rücken und liebte sie mit seinem Mund, seinen Händen und mit seinem Körper.
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„Bist du noch immer nicht erschöpft, Liebling“, flüsterte Ian einige Stunden später.
„Doch“, antwortete Elizabeth leise lachend. Ihre Wange ruhte auf seiner Schulter, und mit der Hand streichelte sie über seine Brust. Aber ich bin viel zu glücklich, um schon einzuschlafen.“
Ihm ging es nicht anders, aber er dachte vernünftig. „Morgen beim Frühstück wirst du es bereuen, wenn du jetzt nicht zu schlafen versuchst.“
Diese Bemerkung schien sie auf einen unbehaglichen Gedanken zu bringen. Sie schaute zu Ian hoch, wollte etwas sagen, ließ es aber und schaute wieder fort.
„Was hast du?“ fragte er erstaunt, hob ihr Gesicht wieder hoch und sah ihr in die Augen.
„Morgen früh... ich meine, wenn wir zum Frühstück hinuntergehen ... werden dann alle wissen, was wir beide heute nacht gemacht haben?“
„Ja“, antwortete er schlicht.
Sie nickte und drehte sich in seinem Arm um. „Ich danke dir dafür, daß du mir die Wahrheit gesagt hast.“
„Ich werde dir immer die Wahrheit sagen“, versprach er, und sie glaubte es ihm.
Dann ging ihr etwas durch den Kopf: Jetzt, da er ihr versprochen hatte, immer die Wahrheit zu sagen, könnte sie ihn doch eigentlich nach Roberts Verbleib fragen ... So schnell ihr der Gedanke gekommen war, so schnell verbannte sie ihn auch wieder. Sie wollte die Hochzeitsnacht nicht dadurch verderben, daß sie die häßlichen Vermutungen eines Mannes wiedergab, der offenbar alle Schotten haßte.
„Elizabeth?“
„Hm?“
„Da wir gerade beim Thema Wahrheit sind, muß ich dir etwas gestehen.“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. „Worum handelt es sich?“ fragte sie angespannt.
„Um das Zimmer nebenan. Es soll in Zukunft als dein Garderobenraum dienen. Ich halte nämlich nichts von der englischen Sitte, nach der die Ehegatten in getrennten Betten schlafen.“
Elizabeth sah so erleichtert aus, daß er lachen mußte. „Ich freue mich zu sehen“, sagte er und küßte sie auf die Stirn, „daß wir in diesem Punkt übereinstimmen.“
25. KAPITEL
In den folgenden Wochen entdeckte Elizabeth zu ihrer Freude, daß sie Ian jede Frage zu jedem Thema stellen konnte und daß sie von ihm jedesmal eine erschöpfende
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