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Havenhurst - Haus meiner Ahnen

Titel: Havenhurst - Haus meiner Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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schieben.
    Ian hielt ihre Hand fest. „Um welche Zahlenreihen handelt es sich?“ fragte er freundlich.
    „Um die beiden langen da auf der linken Seite. Nun, macht nichts. Ich werde es morgen schon hinbekommen.“ Sie schob den Sessel zurück, fegte dabei versehentlich zwei Papierbögen vom Tisch und bückte sich, um sie aufzuheben. Sie waren unter den Schreibtisch gesegelt, und sie mußte ihnen sozusagen hinterher kriechen, was ihre Stimmung keineswegs besserte.
    „Dreihundertvierundsechzig Pfund, sechzehn Schilling, drei Pence“, sagte Ian über ihr.
    „Wie bitte?“ Mit den beiden Papierbögen tauchte Elizabeth unter dem Schreibtisch wieder hervor.
    Ian schrieb die Summe auf ein Stückchen Papier: „£ 364.16.3.“
    „Du willst dich wohl über meine Rechnerei lustig machen, was?“ Sie lächelte ein wenig entnervt. „Aber ich muß diese Ergebnisse wirklich haben, und gewöhnlich macht mir Buchhaltung auch Spaß.“
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange, wobei sie den würzigen Duft seines Eau de Cologne einatmete. „Ich glaube, ich bin heute nur ein wenig müde, weil mein Gemahl mich die halbe Nacht wachgehalten hat“, flüsterte sie liebevoll.
    „Elizabeth“, begann er zögernd. „Da wäre etwas, das ich dir...“ Er schüttelte den Kopf und überlegte es sich anders, und da in diesem Moment der Butler anklopfte und das Eintreffen der Geschäftsfreunde meldete, dachte Elizabeth nicht weiter darüber nach.
    Um Ians geschäftliche Pläne am nächsten Morgen nicht wieder durch ihre Anwesenheit in seinem Arbeitszimmer zu beeinträchtigen, breitete Elizabeth ihre Bücher und Unterlagen auf dem Tisch in der Bibliothek aus. Munter und ausgeschlafen, wie sie an diesem Tag war, kam sie gut voran, und innerhalb einer Stunde hatte sie die Addition durchgeführt und zweimal nachgeprüft.
    Nachdem sie sich überzeugt hatte, daß die von ihr ermittelte Summe von £ 364.16.3 richtig war, fiel ihr Ians scherzhaft hingekritzeltes, aus der Luft gegriffenes Ergebnis wieder ein. Wie hatte es doch gelautet? Sie erinnerte sich nicht. Lächelnd suchte sie zwischen den Papieren nach dem Zettel, auf den er die Zahl geschrieben hatte.
    Als sie ihn in der Hand hielt, erstarrte sie. Fassungslos verglich sie das, was auf dem Zettel stand, mit der von ihr errechneten Endsumme. Beide Zahlen lauteten genau übereinstimmend £ 364.16.3.
    Erschüttert erhob sie sich aus dem Sessel. Ian hatte das innerhalb weniger Sekunden im Kopf addiert, während sie es in einer Dreiviertelstunde nicht einmal schriftlich geschafft hatte. Mit dem Zettel in der Hand stand sie noch immer am Schreibtisch, als Ian wenige Augenblicke später eintrat und sie zu einer Ausfahrt einladen wollte. Er verstand ihren beinahe argwöhnischen Blick falsch.
    „Versuchst du noch immer, auf deine Endsumme zu kommen, Liebling?“ fragte er mit mitfühlendem Lächeln.
    „Nein, ich habe sie gefunden“, antwortete sie unbeabsichtigt vorwurfsvoll und hielt seinen Zettel und ihre Papiere hoch. „Jetzt würde ich gern wissen wollen, wie es kommt, daß du gestern in Sekundenschnelle zu demselben Resultat gelangt bist.“
    Ians Lächeln verschwand. Er schob die Hände in die Hosentaschen und machte ein absolut ausdrucksloses Gesicht. „Das ist nicht so ganz einfach zu erklären.“
    „Du kannst so etwas? Ich meine, diese ganzen Zahlen im Kopf zusammenzählen? In Sekunden?“
    Er nickte kurz, und als sie ihn weiter so anschaute, als wäre er ein Wesen von einem anderen Stern, verhärteten sich seine Gesichtszüge. „Ich würde es vorziehen, wenn du mich nicht anstarrtest, als wäre ich ein Monstrum.“
    Sein Ton und seine Worte erschreckten sie. „Das tue ich doch gar nicht.“
    „Doch, das tust du. Genau deshalb habe ich dir vorher auch nichts davon gesagt.“
    Daß er verständlicherweise aus ihrer Reaktion einen falschen Schluß gezogen hatte, war Elizabeth peinlich. Sie faßte sich wieder und ging um den Schreibtisch herum auf Ian zu. „Was du in meinem Blick gesehen hast, war ehrfürchtiges Staunen, egal wie es dir erschienen sein mag.“
    „Das letzte, was ich von dir will, ist Ehrfurcht“, entgegnete er ziemlich schroff.
    Elizabeth erkannte, daß ihm ihre Reaktion auf ihn und seine Fähigkeiten sehr viel bedeutete, während er sich sonst nicht im geringsten darum kümmerte, was andere von ihm dachten. Wahrscheinlich hatte er seine Erfahrungen mit Menschen, die ihn für ein geborenes Genie — und damit für ein Monstrum —

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