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Havenhurst - Haus meiner Ahnen

Titel: Havenhurst - Haus meiner Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Auskunft erhielt. Seine Antworten gab er niemals herablassend oder gönnerhaft, und kein einziges Mal behauptete er, daß irgend etwas den Verstand einer Frau übersteige.
    Elizabeth fühlte sich durch seinen Respekt vor ihrer Intelligenz enorm geschmeichelt, besonders nachdem sie zwei erstaunliche Entdeckungen im Zusammenhang mit ihm gemacht hatte.
    Die erste Begebenheit trug sich drei Tage nach ihrer Hochzeit zu. Sie hatten sich entschlossen, diesen Abend daheim zu verbringen und zu lesen. Nach dem Abendessen holte sich Ian ein Buch aus der Bibliothek, einen dicken Band mit einem schwerverständlichen Titel, und kam damit in den Salon. Elizabeth hatte sich ebenfalls ein Buch besorgt, das sie schon immer hatte lesen wollen, seit ihr der Skandal zu Ohren gekommen war, den es in Adelskreisen ausgelöst hatte.
    Nachdem Ian ihr einen Kuß auf die Stirn gedrückt hatte, setzte er sich in den hochlehnigen Sessel neben ihrem. Über den kleinen, niedrigen Tisch zwischen den beiden Sesseln hinweg streckte er den Arm aus, nahm ihre Hand, schob seine Finger zwischen ihre und schlug sein Buch auf.
    Elizabeth fand es unglaublich heimelig, in die Polster gekuschelt Hand in Hand mit ihrem Gemahl dasitzen zu können. Sie nahm gern in Kauf, daß sie ihr Buch nun in den Schoß legen und mit nur einer Hand umblättern mußte.
    Bald war sie so vertieft in ihre Lektüre, daß es eine halbe Stunde dauerte, bis ihr auffiel, wie rasch Ian die Seiten seines Buches umdrehte. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie fasziniert, wie sein Blick über die rechte Buchseite hinunterglitt, dann zur linken lief und ebenso schnell darüber hinwegglitt. Dann blätterte Ian schon um.
    „Liest du dieses Buch tatsächlich, oder tust du nur so, damit ich nicht denke, du langweilst dich?“ erkundigte sie sich erheitert.
    Sofort hob er den Kopf, und sie bemerkte einen merkwürdig zögernden Ausdruck in seinen Augen. Es hatte den Anschein, als überlegte er sich seine Antwort sehr sorgfältig. „Ich besitze die... ungewöhnliche Fähigkeit, sehr schnell lesen zu können.“
    „Oh, da hast du es aber gut!“ entgegnete Elizabeth voller Bewunderung. „Von einem solchen erstaunlichen Talent habe ich noch nie etwas gehört.“
    Ian lächelte auf seine typische, hinreißende Weise und drückte ihre Hand. „Es ist nicht annähernd so erstaunlich wie deine Augen“, versicherte er.
    Dieser Meinung war Elizabeth zwar nicht; sie ließ es indessen dabei bewenden, und am nächsten Tag wurde diese erste Entdeckung durch die zweite noch weit übertroffen.
    Auf Ians ausdrücklichen Wunsch hin hatte sie die Kontobücher von Havenhurst auf seinem Schreibtisch ausgebreitet, um die Quartalsabrechnungen durchzugehen.
    Der Morgen verging, und nach einigen Stunden verschwammen die langen Zahlenkolonnen, die sie zu addieren hatte, vor ihren Augen, und das Rechnen gelang ihr nicht mehr so recht. Sie lächelte müde und sagte sich, das hinge wohl auch damit zusammen, daß Ian sie die halbe Nacht mit seinem Liebesspiel wachgehalten hatte.
    Zum drittenmal zählte sie dieselben beiden langen Zahlenreihen zusammen, und zum drittenmal kam eine andere Endsumme heraus. So verärgert war sie darüber, daß sie Ians Eintreten nicht bemerkte, bis er sich von hinten über sie beugte und die Hände zu beiden Seiten neben ihr auf die Schreibtischplatte stützte.
    „Schwierigkeiten?“ fragte er und drückte ihr einen Kuß auf das Haar.
    „Ja.“ Sie schaute auf die Uhr und sah, daß die Geschäftsfreunde, die er erwartete, jeden Moment eintreffen mußten. Während sie ihm erklärte, worin ihr Problem bestand, schob sie die losen Blätter in den Ordner zurück und versuchte, auf dem Schreibtisch rasch aufzuräumen.
    „In der letzten Dreiviertelstunde habe ich dieselben zwei Zahlenkolonnen auf der Kostenseite zusammengerechnet, um sie anschließend durch achtzehn Dienstpersonen zu teilen und dann mit vierzig Leuten malzunehmen, die wir augenblicklich beschäftigen. Das Ergebnis will ich zum Schluß mit vier Quartalen malnehmen, und aus der Summe kann ich dann die jährlichen Versorgungskosten für die vergrößerte Zahl der Bediensteten vorausberechnen.“
    Sie seufzte. „Und nun habe ich drei verschiedene Endsummen für diese beiden elenden Zahlenreihen, und die anderen Rechnungen habe ich noch gar nicht einmal angefangen. Morgen werde ich noch einmal von vorn beginnen müssen. Das dauert ja alles eine Ewigkeit“, schloß sie ärgerlich und wollte die Berechnungen in den Buchdeckel

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