Havenhurst - Haus meiner Ahnen
ihr eigenes Beispiel lehrte sie ihn, Geduld mit den Dienstboten zu üben; sie lehrte ihn, sich zu entspannen, und sie lehrte ihn, daß das Lachen die zweitschönste Freude des Lebens war. Ian lernte es sogar, über die törichten Schwächen einiger Mitglieder der feinen und adligen Gesellschaft hinwegzusehen.
So erfolgreich war Elizabeth in diesem Punkt mit ihren Bemühungen, daß sie und Ian innerhalb kurzer Zeit zu einem recht begehrten Paar bei Veranstaltungen aller Art wurden. Einladungen in großer Zahl gingen in der Upper Brook Street ein, und schließlich ließ sich Elizabeth sogar noch dazu überreden, einem Wohltätigkeitskomitee beizutreten, das zum Zweck eines Krankenhausbaus gegründet worden war.
Leider stritten sich die Mitglieder bei den Sitzungen meistens über lächerliche Kleinigkeiten und kamen darüber so gut wie nie zu vernünftigen Entscheidungen. Das fand Elizabeth so unproduktiv, daß sie eines Tages, als das Komitee in ihrem Salon tagte, Ian bat, an der Sitzung teilzunehmen und seinen Rat und seine Meinung zu äußern.
Nach der eindringlichen Mahnung, alle spöttischen Bemerkungen zu unterlassen und freundlich zu den Komiteemitgliedern zu sein, betrat Elizabeth mit ihrem Gemahl den Salon.
Den früher so reizbaren Marquess of Kensington mit dem Lächeln eines Chorknaben in ihre Mitte treten zu sehen, erstaunte die Herrschaften beträchtlich, und auch während der nächsten halben Stunde verloren sich Elizabeths Befürchtungen, er könnte etwa doch noch ausfallend werden.
Nichts dergleichen geschah; im Gegenteil, Ian schien sich brennend für die Probleme des Komitees zu interessieren, bot viermal seinen sehr vernünftigen Rat an, wurde viermal damit einfach nicht zur Kenntnis genommen, und das schien ihm viermal nichts auszumachen.
Elizabeth nahm sich vor, ihm nach Ende der Sitzung überschwenglich für sein vorbildliches Benehmen zu danken. Zunächst jedoch konzentrierte sie sich weiter auf ihre Gäste. Als sie dann nach einer Weile doch einmal zu ihrem Gemahl hinüberschaute, stockte ihr der Atem.
Ian, der ihr in der Runde praktisch gegenübersaß, hatte sich zurückgelehnt, den linken Fuß auf das rechte Knie gestützt, und sein Blick aus halbgeöffneten Augen ruhte bedeutungsvoll auf ihren Brüsten. Sein kaum merkliches Lächeln zeigte ihr, daß er wollte, daß sie ihm Aufmerksamkeit schenkte.
Offensichtlich war er zu der Ansicht gelangt, daß sie beide hier ihre Zeit verschwendeten, und nun trieb er ein amüsantes Spiel, mit dem er sie entweder unterhalten oder verlegen machen wollte.
Elizabeth holte tief Luft, wollte ihn streng tadelnd ansehen, aber er schaute ihr inzwischen auf die Lippen und hob den Blick erst nach einer Weile zu ihren Augen. Elizabeths wortlose Schelte bewirkte nur, daß er herausfordernd ein wenig die Augenbrauen hochzog, entschieden unverschämt lächelte und dann den Blick wieder langsam auf ihre Brüste senkte.
Lady Wilshire erhob die Stimme. „Lady Kensington, was meinen Sie?“ fragte sie bereits zum zweitenmal.
Elizabeth riß den Blick von ihrem aufreizenden Gatten los. „Ich bin einverstanden“, sagte sie rasch, ohne mitbekommen zu haben, worum es eigentlich ging.
Während der nächsten fünf Minuten widerstand Elizabeth Ians Anziehungskraft und schaute nicht mehr in seine Richtung. Als das Komitee sich jedoch wieder an einer absoluten Nebensächlichkeit festbiß, wagte sie, ihn einmal verstohlen anzusehen.
Sofort hielt er ihren Blick gefangen, und während er das Bild eines mit schwerwiegenden Problemen beschäftigten Menschen bot, strich er sich scheinbar geistesabwesend mit dem Zeigefinger über den Mund. Elizabeths Körper reagierte darauf, als fühlte sie Ians Lippen auf ihren. Sie wagte kaum zu atmen, zumal er jetzt wieder auf ihre Brüste schaute.
Der Mann weiß ganz genau, was er mir antut! dachte sie ärgerlich darüber, daß sie sich den Auswirkungen seines Tuns nicht entziehen konnte.
Wie in der Tagesordnung vorgesehen, verabschiedeten sich die Komiteemitglieder eine halbe Stunde später, und im nächsten Augenblick stürzte sich Elizabeth auf ihren unverschämt grinsenden Ehemann.
„Du Schuft!“ rief sie. „Wie konntest du so etwas nur tun?“ Ehe sie jedoch noch zu weiterer Schelte kam, schob Ian seine Finger in ihr Haar, zog ihren Kopf zurück und erstickte alle ihre Worte mit einem heißen Kuß.
„Denke nur nicht, ich hätte dir schon verziehen!“ warnte sie ihn eine Stunde später im Bett. „Das werde ich dir noch
Weitere Kostenlose Bücher