Havenhurst - Haus meiner Ahnen
Schmuck in einer Kassette unter ihrem leichten Mantelumhang versteckt. Sie wies Aaron an, sie in der Bond Street abzusetzen, wo sie sich dann eine Droschke nahm und diese vor dem ersten Juwelier halten ließ, den sie in einer Gegend entdeckte, wo man sie nicht erkennen würde.
Der Juwelier war beeindruckt, als er sah, was sie ihm anbot.
„Das sind außergewöhnlich schöne Stücke, Mrs...“
„Mrs. Roberts“, ergänzte Elizabeth aus einer Eingebung heraus. Das Lügen fiel ihr immer leichter.
Der Preis, den der Mann ihr für die Smaragde nannte, weckte sie aus ihrer dumpfen Benommenheit. „Der Schmuck muß doch das Zwanzigfache wert sein!“
„Sogar das Dreißigfache, aber ich habe nicht die Kundschaft, die solche Preise bezahlen kann.“
Elizabeth nickte. Ihr war nicht nach Feilschen zumute.
„So viel Geld habe ich nicht hier im Geschäft“, erklärte der Juwelier. „Sie werden sich deswegen zu meiner Bank begeben müssen.“
Zwei Stunden später waren Elizabeths Schmuckkassette und ihr Beutel mit Geldnoten vollgestopft. Sie ließ sich in die Promenade Street fahren, übernachtete dort und kehrte am nächsten Tag nach Havenhurst zurück.
Bentner öffnete die Tür. „Wo waren Sie denn?“ fragte er, als er ihr blasses Gesicht sah. „Der Marquess hat ausrichten lassen, Sie mögen sofort heimkehren.“
„Ich sehe nicht ein, daß ich das tun muß, Bentner“, sagte sie mit möglichst ärgerlich klingender Stimme. „Der Marquess hat anscheinend vergessen, daß wir vor der Hochzeit eine Vereinbarung getroffen haben.“
Bentner lag es selbstverständlich fern, den Marquess in irgendeiner Weise zu verteidigen.
Elizabeth ging in die Bibliothek, setzte sich an den Schreibtisch und verfaßte einen höflichen Brief an ihren Gemahl, in dem sie ihm mitteilte, daß sie noch eine weitere Nacht auf Havenhurst zu verbleiben gedachte. Mit diesem Brief wurde umgehend ein reitender Bote losgeschickt.
In dieser Nacht konnte Elizabeth lange nicht einschlafen.
Morgen mußte sie ihrem Ehemann gegenübertreten, und dieser Gedanke war entsetzlich.
In der Morgendämmerung schreckte sie aus unruhigem Schlaf auf, denn die Tür ihres Zimmers wurde aufgerissen, und Ian trat in den dunklen Raum.
„Wer spricht zuerst - du oder ich?“ fragte er aufgebracht.
„Wie meinst du das?“
„Ich meine, ob du mir zuerst sagen willst, warum zum Teufel du plötzlich meine Gesellschaft so unerträglich findest, oder ob ich dir zuerst erzählen soll, wie es mir ergeht, wenn ich nicht weiß, wo du bist und weshalb du dort sein willst, wo du bist.“
„Ich habe dir zwei Botschaften geschickt.“
„Die in beiden Fällen erst mitten in der Nacht eingetroffen sind. Erst dann erfuhr ich, daß du woanders schlafen wolltest. Ich will wissen, warum.“
Er hat Menschen wie die Tiere geschlagen, dachte sie. Er ist ein Ungeheuer ... „Schreie mich nicht so an!“ Sie sprang aus dem Bett und zog das Laken mit sich, um sich vor Ian zu bedecken.
„Elizabeth!“ Er griff nach ihr.
„Rühr mich nicht an!“ schrie sie.
„Stimmt etwas nicht, Mylady?“ fragte Bentner von der Zimmertür her.
„Hinaus mit Ihnen!“ brüllte Ian ihn an. „Und schließen Sie die Tür hinter sich!“
„Lassen Sie sie offen!“ befahl Elizabeth, und der tapfere Butler tat genau das.
Mit sechs langen Schritten war Ian bei der Tür und warf sie krachend ins Schloß. Elizabeth zitterte vor Angst. Als er sich wieder umdrehte und auf sie zukam, wollte sie zurückweichen, trat jedoch auf das Laken und kam nicht weiter.
Er sah das Entsetzen in ihren Augen und blieb dicht vor ihr stehen. Er hob die Hand, Elizabeth zuckte zurück, aber er legte die Finger nur zart an ihre Wange.
„Liebling, was hast du?“ fragte er so sanft, daß Elizabeth ihm am liebsten weinend vor die Füße gesunken wäre. Sie wollte ihn anflehen, ihr zu sagen, daß alles, was sie von Wordsworth und von Robert gehört hatte, Lügen seien.
„Bist du krank?“ fragte er, nachdem er ihr lange prüfend ins Gesicht geschaut hatte.
Rasch nickte sie. „Mir geht es nicht so gut.“
„Bist du deshalb nach London gefahren? Wolltest du dort einen Arzt aufsuchen?“
Sie nickte ein wenig zu hastig und sah dann fassungslos, daß Ian zu lächeln begann. „Erwartest du ein Kind, mein Liebling? Verhältst du dich deshalb so merkwürdig?“
Elizabeth überlegte schnell. Wenn sie jetzt ja sagte, würde Ian denken, sie trüge sein Kind unter dem Herzen, und dann würde er sie wahrscheinlich erst
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