Havenhurst - Haus meiner Ahnen
vorzuschreiben“, unterbrach Elizabeth ihn sehr nachdrücklich.
Mr. Hogan grinste seine Frau an. „Hört sich beinahe an, als ob sie die Hosen anhätte, wenn’s ums Bestimmen geht — genau wie du, Rose.“
„Gib ihr die Zeitung, John“, sagte Rose mit einem schiefen Lächeln.
Endlich bekam Elizabeth das Blatt. Eilig zog sie sich damit auf ihr Zimmer zurück, setzte sich auf das Bett und schlug die Zeitung auf.
MARQUESS OF KENSINGTON DES MORDES AN SEINER VERMISSTEN GATTIN BEZICHTIGT HOUSE OF LORDS ZUR GERICHTLICHEN VERNEHMUNG ZUSAMMENGETRETEN ANKLAGE WEGEN MORDES AN EHEFRAU UND SCHWAGER ERWARTET
Elizabeth schrie auf. Sie sprang vom Bett und starrte auf die Zeitung in ihren Händen.
„Nein!“ Heftig schüttelte sie den Kopf. „Nein!“ Sie las den langen Artikel dreimal, ehe sie begriff, was Ian vorgeworfen wurde, und wie diese Vorwürfe zustande gekommen waren. Für die Zeitung stand offensichtlich schon jetzt fest, daß Ian Thornton würde hängen müssen. Und für Elizabeth stand fest, daß der schnellste Weg nach London der See- und nicht der Landweg war.
Sie ließ die Zeitung fallen und stürmte in das kleine Wohnzimmer. „Mr. und Mrs. Hogan, in der Zeitung steht etwas, das mich betrifft. Ich muß auf dem schnellsten Weg nach London zurückkehren.“
„Nun beruhigen Sie sich doch erst einmal“, bat Mr. Hogan freundlich. „Sehen Sie, Sie hätten die Zeitung doch nicht lesen sollen. Ihr Gemahl hat ja gleich gesagt, Sie würden sich nur aufregen.“
„Mein Gemahl steht wegen Mordes vor Gericht!“
„Nein, er steht unten im Hafen und wartet auf das Schiff für Ihre Weiterreise.“
„Das ist mein Bruder! Mein Gemahl wird angeklagt, mich ermordet zu haben“, sagte sie.
„Liebe Missis“, sagte Mr. Hogan ganz sanft. „Sie sind nicht tot.“
Elizabeth raufte sich buchstäblich die Haare. Wie konnte sie Mr. Hogan nur davon überzeugen, daß sie nicht verrückt war? Und wie konnte sie ihn dazu überreden, sie hinunter zur Küste zu bringen?
Sie wandte sich an Mrs. Hogan, die mit Flickarbeiten beschäftigt war, aber die Szene aufmerksam verfolgt hatte.
„Mrs. Hogan.“ Elizabeth hockte sich vor die Frau, nahm deren Hände in ihre und begann sehr ruhig und eindringlich zu sprechen. „Mrs. Hogan, ich bin weder hysterisch noch wahnsinnig, sondern in großen Schwierigkeiten. Haben Sie nicht gemerkt, daß ich hier nicht glücklich war?“
„Doch, das haben wir bemerkt, meine Liebe.“
„Haben Sie gelesen, was in der Zeitung über Lady Elizabeth Kensington steht?“
„Jedes Wort.“
„Mrs. Hogan, ich bin Elizabeth Thornton, Marchioness of Kensington. In der Zeitung steht, der Marquess of Kensington habe seine Gemahlin Elizabeth Thornton sowie deren Bruder Robert Cameron getötet, nicht wahr?“
Mrs. Hogan nickte. „Schon, aber die Namen Thornton und Cameron sind nicht so selten.“
Elizabeth dachte verzweifelt nach, wie sie Mrs. Hogan von ihrer Identität überzeugen konnte. Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie zog die gute Frau vom Stuhl und hinter sich her ins Schlafzimmer. Mr. Hogan folgte verwirrt und blieb an der Tür stehen.
Elizabeth deutete auf die Zeitung, die noch auf dem Bett lag. „Lesen Sie, was Elizabeth Thornton bei ihrem Verschwinden an Kleidung getragen hat.“
„Das brauche ich gar nicht noch einmal zu lesen“, sagte Mrs. Hogan. „Da steht, ein grünes Kleid, schwarz abgesetzt. Es könnte aber auch ein brauner Rock mit einer cremefarbenen Jacke gewesen sein, meint man.“
„Oder ...“ Triumphierend öffnete Elizabeth die beiden Reisetaschen. „Oder es könnte auch ein graues Reisekostüm gewesen sein, steht da geschrieben, nicht wahr?“
Als Mrs. Hogan nickte, hob sie sämtliche Kleidungsstücke aus den Taschen und legte sie aufs Bett. Dem Gesicht ihrer Wirtin sah sie an, daß diese ihr nunmehr glaubte und ihren Mann ebenfalls überzeugen würde.
Sofort wandte sich Elizabeth nun wieder an den verblüfften Mr. Hogan. „Ich muß auf der Stelle nach London zurückkehren, und das geht am schnellsten auf dem Seeweg. Ich zahle Ihnen jeden Preis, wenn Sie mich mit Ihrem Boot nach Tilbery bringen. Ab da sind die Landstraßen gut, und ich kann mir für den Rest der Reise eine Kutsche mieten.“
„Ja, ich weiß nicht recht, Missis ... Ich würde Ihnen ja gern helfen, aber der Fischfang ist im Moment nicht so gut, und...“ Er sah Elizabeths verzweifelten Gesichtsausdruck und blickte seine Frau an. Mrs. Hogan zögerte nur einen Augenblick und nickte dann. „Du
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