Havenhurst - Haus meiner Ahnen
Ian am Pferdrennen teilnahm und eines meiner Gemeindemitglieder ausgerechnet mich zum Buchmacher erklären wollte!“
Elizabeth mußte laut lachen, Ian blickte finster drein, und der Vikar redete unbekümmert weiter. „Ich habe ganz platte Knie von den Stunden, Wochen, Monaten, die ich im Gebet für seine unsterbliche Seele verbracht habe und...“
„Wenn du deinen vernichtenden Bericht über meinen Charakter abgeschlossen hast, Ducan, dann stelle ich dich meinem weiblichen Gast vor.“
Statt Ians gereizten Ton übelzunehmen, machte der Vikar ein recht zufriedenes Gesicht. „Selbstverständlich, Ian. Ich bitte sogar darum. Schließlich müssen Sitte und Anstand immer gewahrt bleiben, nicht wahr?“
Elizabeth erkannte, daß der Geistliche seine Strafpredigt auf diese Weise doch noch abgeliefert hatte, wenn auch sozusagen ganz geschickt durch die Hintertür. Außerdem hatte er seinen Tadel ausschließlich an seinen Neffen gerichtet und ihr damit jede Peinlichkeit erspart.
Ian erkannte das offensichtlich auch. Er schüttelte seinem Onkel die Hand. „Trotz deiner platten Knie siehst du gut und gesund aus, Duncan. Darf ich dir jetzt meinen Hausgast, Lady Elizabeth Cameron, Countess of Havenhurst, vorstellen?“
Hausgast! Elizabeth schüttelte hastig den Kopf. „Ich bin hier nicht direkt Hausgast, sondern eine... eine...“ Ihr fiel nicht das Richtige ein.
„Eine gestrandete Reisende“, half der Vikar aus und nahm lächelnd ihre Hand. „Ich verstehe schon. Ich hatte nämlich das Vergnügen, Ihre Miss Throckmorton-Jones kennenzulernen. Sie ist wie gesagt diejenige, die mich hergeschickt hat, und ich habe versprochen, bis morgen oder übermorgen hierzubleiben. Dann wird sie voraussichtlich zurückkehren können.“
„Morgen oder übermorgen? Aber Mr. Wiley und sie sollten doch heute schon zurückkommen“, sagte Elizabeth beunruhigt.
„Es hat sich ein bedauerlicher Unfall zugetragen. Ein kleiner nur“, fügte er rasch hinzu. „Das bösartige Pferd, das Miss Throckmorton-Jones ritt, hat die beklagenswerte Angewohnheit, auszuschlagen, wie Jake mir sagte.“
„Ist Lucinda sehr verletzt?“ fragte Elizabeth besorgt.
„Das Pferd hat Mr. Wiley getreten und nicht die Dame“, stellte der Vikar klar. „Das einzige, was dabei verletzt wurde, war Mr. Wileys Stolz und sein ... äh ... seine hinteren Regionen. Miss Throckmorton-Jones fand jedoch, daß das Tier dafür bestraft werden müsse. Da ihr Regenschirm, wie sie mir mitteilte, unglücklicherweise am Boden lag, züchtigte sie den Hengst auf die einzige ihr verbliebene Weise: Sie trat ihn.“
Der Vikar seufzte bekümmert. „Dies endete leider damit, daß sich die tapfere Lady den Knöchel verstauchte. Man hat ihr Laudanum gegen den Schmerz gegeben, und jetzt bemüht sich meine Haushälterin um sie. Morgen, spätestens übermorgen wird Miss Throckmorton-Jones wieder reiten können.“
Der Vikar wandte sich an Ian. „Mir ist vollkommen klar, daß ich dir mit meinem verfrühten Besuch Unannehmlichkeiten bereite. Wenn du mich dafür aber bestrafen willst, indem du mir ein Glas deines ausgezeichneten Madeiras vorenthältst, könnte es sein, daß ich beschließe, monatelang und nicht nur bis Miss Throckmorton-Jones’ Rückkehr hierzubleiben.“
„Ich gehe zum Haus voraus, um ... um die Gläser bereitzustellen“, sagte Elizabeth, um den beiden Herren ein wenig Zeit für ein paar private Worte zu geben.
Als Elizabeth außer Hörweite war, fragte Ian: „Wie schwer ist die Frau wirklich verletzt?“
„Schlecht zu sagen. Sie war viel zu wütend, um zusammenhängend zu reden. Aber vielleicht lag es auch an dem Laudanum.“
„Was lag an dem Laudanum?“
Duncan zögerte einen Moment und schaute einem Vogel in den Zweigen über ihnen zu. „Miss Throckmorton-Jones war einigermaßen verstört. Und böse auch. Einerseits fürchtete sie, du würdest Elizabeth gegenüber .zärtliches Wohlwollen“ äußern, wie sie sich ausdrückte, wobei sie zweifellos etwas Ähnliches meinte wie das, was ich eben mit angesehen habe. Andererseits fürchtete sie, die junge Lady würde dich mit deiner eigenen Waffe zu erschießen versuchen. Genau das befürchtete ich auch, als ich die Schüsse hörte.“
„Wir haben Zielschießen veranstaltet.“
Der Geistliche nickte, betrachtete seinen Neffen aber sehr nachdenklich.
„Was hast du?“ fragte Ian.
Er zögerte und schüttelte den Kopf, als wolle er sich etwas Undenkbares aus dem Kopf schlagen. „Miss Throckmorton-Jones
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