Havoc - Verwüstung - Thriller
einige Zeit später holten, als sie das Dorf aufsuchten.«
»Ich glaube, wir haben nicht die geringste Chance, nach all den Jahren noch seine Leiche zu finden.«
Jetzt war Mercer an der Reihe zuzugeben, dass er sich von seiner Begeisterung den nüchternen Blick hatte vernebeln lassen, aber er war nicht bereit, sich mit einer Niederlage abzufinden. »Ich lasse die Spur nicht an dieser Stelle enden. Es müssen noch irgendwelche weiterführenden Informationen existieren. Vielleicht gibt es irgendetwas in den Archiven von Princeton. Briefe Bowies und Einsteins zum Beispiel. Ich glaube, ich habe irgendwo mal gelesen, dass er seine Korrespondenz sorgfältig aufgehoben hat.«
»Es sollte doch nicht allzu schwierig sein, an die Briefe heranzukommen, falls es sie wirklich gibt«, sagte Cali. »Bis
nach Princeton ist es nur ein Katzensprung. Falls wir früh genug aufbrechen, können wir dort sein, wenn die Büros öffnen.«
»So machen wir es. Ich buche das Zimmer für Harry noch für eine zweite Nacht. Er und ich können übermorgen nach D. C. zurückkehren. Allerdings sollten wir vorher sämtliche Notizbücher Bowies durchlesen. Vielleicht finden sich dort noch andere interessante Hinweise.«
»Einverstanden. Aber vorher spendieren Sie mir noch mein Abendessen. Es ist schon fast acht Uhr.« Cali wurde sich plötzlich bewusst, dass sich ihre Brustwarzen durch den dünnen Stoff ihrer ärmellosen Bluse deutlich abzeichneten. Sie hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass sie, was die Größe ihrer Brüste betraf, eher bescheiden ausgestattet war. Aber wie sie wusste, wurden die Blicke vieler Männer trotzdem von ihnen angezogen. Sie war Mercer im Stillen dafür dankbar, dass er nicht zu dieser Sorte gehörte und seine Blicke im Zaum hielt. »Ich muss nur noch mal kurz in mein Zimmer. Wir können uns ja vor den Fahrstühlen im Foyer treffen.«
Cali erschien eine Viertelstunde später. Wesentliche Veränderungen an ihrem Äußeren waren kaum festzustellen, doch sie hatte sich immerhin die Zeit genommen, ihr Make-up aufzufrischen und sich durch die Haare zu kämmen. Mercer kam sich wie ein Schmutzfink vor, weil er vorher darauf verzichtet hatte zu duschen. Sie speisten in einem Restaurant des Hotels, das Margeaux hieß. Obwohl ihnen oben in Mercers Zimmer klar geworden war, wie sehr sie sich beeilen mussten, genossen sie ihr Menü aus Zwiebelsuppe, Seezunge und Beef Wellington sowie einer Schwarzwälder Kirschtorte als Dessert aus vollen Zügen. Mercer hatte die Auswahl des Weins Cali überlassen, da sein einziger Qualitätsanspruch
darin bestand, dass der Wein nicht in einem Pappcontainer serviert werden durfte. Als sie ihre Mahlzeit beendeten, war die Flasche fast leer, und im Restaurant saßen nur noch vereinzelte Gäste.
Erst als ihre Unterhaltung ein wenig versiegte und zunehmend aus beredtem Schweigen und sehnsuchtsvollen Blicken bestand, traf Mercer das Schuldgefühl wie ein Schlag in die Magengrube. Er konnte den genauen Augenblick nicht festlegen, in dem aus ihrem gemeinsamen Abendessen ein Rendezvous geworden war - sein erstes seit Tisa -, aber genau das empfand er in diesem Moment, und die köstliche Mahlzeit lag ihm plötzlich wie ein Stein im Magen. Er glaubte zwar, seine Empfindungen erfolgreich kaschieren zu können, aber irgendwie schien Cali seinen inneren Widerstreit doch mitzubekommen.
»Ist mit Ihnen … alles okay?«
Er hätte lügen und behaupten sollen, zu viel gegessen zu haben, um sich anschließend wieder ihrem vordringlichen Gesprächsthema zuzuwenden. Es wäre eine einfache Übung gewesen und hätte Tisa in seiner Erinnerung halbwegs in Frieden ruhen lassen. Doch ehe er den Mund aufbekam, verging ihm jede Lust zu lügen. Er konnte die Erinnerung an Tisa einfach nicht kontrollieren. Sie kontrollierte ihn. Sie ließ sich nicht bändigen, beherrschte sein Bewusstsein, und wenn er sie nicht auf irgendeine Art und Weise doch bändigte, wäre sie immer da, um ihn stets aufs Neue zu quälen.
»Ich habe vor einem halben Jahr einen sehr lieben und wertvollen Menschen verloren.« Cali musste sich über den mit Kerzen beleuchteten Tisch beugen, um ihr Gegenüber verstehen zu können. »Heute war es … seitdem … das erste Mal, dass ich wieder mit einer Frau diniert habe. Dieses Abendessen war eigentlich kein Rendezvous, aber als ich hier
mit Ihnen saß, kam es mir plötzlich so vor, als sei es eins. Und deshalb fühlte ich mich plötzlich furchtbar schuldig.«
»Vielen Dank für dieses
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