Havoc - Verwüstung - Thriller
Geständnis. Es ist Ihnen sicher nicht leichtgefallen.«
»Ich neige dazu, Dinge eher für mich zu behalten.«
»Welcher Mann täte das nicht?«
Mercer lachte verhalten. »Das ist richtig. Ich denke, es ist auch einfacher, als zuzugeben, dass etwas nicht in Ordnung ist. Man tut so, als käme man mit dem Schmerz zurecht, aber meist schafft man es nicht. Doch manchmal …«
»Manchmal muss man reden.«
»Reden - oder sich selbst gegenüber zugeben, dass es ganz okay ist, Gefühle zu haben und sie auch offen zu zeigen.«
»Frauen beklagen sich oft darüber, dass die Männer sie aus ihrem Innenleben aussperren«, sagte Cali. »Das habe ich am eigenen Leib zur Genüge erfahren müssen, aber ich bin auch zu der Erkenntnis gelangt, dass das Schweigen der Männer genauso reinigend sein kann wie das Verhalten der Frauen, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Gefährlich sind eigentlich nur diejenigen, die sich nicht einmal das Schweigen gestatten. Vor denen muss man sich in Acht nehmen. Ich habe bisher noch niemanden verloren, der mir nahestand, daher kann ich nicht wissen, von welchen Gefühle man in einem solchen Fall heimgesucht wird. Ich denke, dass Sie Ihren Schmerz ganz gut im Griff haben. Und ich finde, dass wir heute einen schönen Abend miteinander verbracht haben. Mir hat er jedenfalls sehr gut gefallen. Wenn Sie sich nicht mit ihrem Tod würden auseinandersetzen müssen, dann hätten Sie wahrscheinlich noch nicht einmal dies hier zugelassen.«
Cali ließ ihre letzte Bemerkung einige Sekunden lang einwirken, ehe sie die Serviette zusammenfaltete und auf den Tisch legte. Sie erhoben sich und gingen in Richtung Fahrstuhl.
»Sollen wir uns morgen früh um sieben wieder hier treffen?«
»Okay. Tut mir leid, dass ich für ein trauriges Ende dieses Abends gesorgt habe.«
Sie lächelte strahlend. »Das Ende war doch absolut perfekt.« Als der Fahrstuhl ihre Etage erreichte, hauchte sie ihm einen zarten Kuss auf die Wange. »Bis morgen.«
Mercer hielt die Fahrstuhltür offen, bis sie in ihrem Hotelzimmer verschwunden war. Er dachte, dass er wie ein trübsinniger Trottel geklungen haben musste, der seiner alten Liebe nachweinte - und sie meinte, es sei ein schöner Abend mit einem perfekten Ende gewesen. In Gedanken wiederholte er eine von Harrys Lebensweisheiten. »Das Einzige, was man bei einer Frau versteht, ist das, was sie einen verstehen lässt.«
Atlantic City, New Jersey
Zwei Minuten im Internet hätten Mercer und Cali etwa sechs Stunden Zeit gespart, sie jedoch auch um einen idyllischen Ausflug und eine Rundfahrt über den Campus von Princeton gebracht. Das Institute for Advanced Study war der Ivy-League-Universität nicht angegliedert. Es war 1930 mit Geldern des in Newark ansässigen Kaufhausmagnaten Louis Bamberger als Forschungsinstitut für Theoretische Mathematik und Physik gegründet worden. Einsteins Domizil war lediglich eine von vielen Immobilien, die als Fakultätsgebäude dienten.
Eine gestresste Angestellte, die dieselbe Frage schon unzählige Male beantwortet hatte, erklärte ihnen, dass sämtliche schriftlichen Unterlagen Einsteins der Hebräischen Universität von Jerusalem vermacht worden waren. In Verbindung mit dem Caltech sei allerdings ein großer Teil des Materials per Internet abrufbar.
Nachdem sie in Mercers Zimmer im Deco Palace zurückgekehrt waren, reichte er ihr eine Dose Bier aus der Minibar und öffnete eine zweite für sich selbst. Die Sonne ging bereits unter, das Hotel warf einen langen Schatten auf den Fußweg. Cali sah nach, ob sie eine Verbindung mit dem Wi-Fi-Netz des Hotels herstellen konnte, und machte das Archiv schnell ausfindig. Sie brachten in Erfahrung, dass es irgendein verwandtes Dokument in der Sammlung eines gewissen Ch. Bowie gab, jedoch konnte auf speziell diesen Text per Internet nicht zugegriffen werden.
»Wie viel Uhr ist es jetzt in Israel?«, fragte Cali, während
sie zum Telefon griff. »Egal, ist nicht so wichtig.« Sie wählte aus dem Gedächtnis eine lange Nummernfolge und fragte, als am anderen Ende abgenommen wurde, nach einem Ari Gradstein.
»Wer ist Ari Gradstein?«, wollte Mercer wissen.
»Der stellvertretende Direktor des israelischen Kernforschungsprogramms Demona. Wir haben im Zusammenhang mit Recherchen, die den Atomterrorismus betreffen, einige Male zusammengearbeitet«, erwiderte Cali und konzentrierte sich dann auf ihr Telefongespräch, als sich der Israeli meldete. »Ari? Hier ist Cali Stowe vom NEST.« Sie hielt inne und
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