Havoc - Verwüstung - Thriller
eigene Bombe zu bauen. Anstatt uns auf einer jahrzehntelangen Kernwaffendominanz ausruhen zu können, büßten wir unseren Vorsprung in nur vier Jahren ein.«
»Der westliche Teil Russlands war zu einem Drittel durch den Krieg verwüstet worden«, fuhr Cali fort. »Ganze Städte lagen in Schutt und Asche, und Millionen Menschen waren obdachlos. Die Sowjets erhielten nichts von den Hilfszahlungen, die wir für den Wiederaufbau Europas geleistet hatten. Stattdessen mussten sie ungeheure Summen aufwenden, um ihre Position in Osteuropa zu sichern. Ich weiß, dass Stalin ein skrupelloser Tyrann war, aber die Wirtschaftsmacht reichte nicht aus. Sie hatten auf keinen Fall die Ressourcen, um zu verhindern, dass ihre Leute verhungerten, während sie den Wiederaufbau ihres Landes in Angriff nahmen, Osteuropa bis zur deutschen Grenze besetzten und Milliarden von Dollars aufwendeten, um ihre eigene Atombombe zu bauen. Selbst mit den Plänen, die Stalins Spione dann lieferten, ist immer noch ein unermesslicher Aufwand an technischem Know-how und finanziellen Mitteln erforderlich, um spaltbares Material herzustellen.« Sie fing Mercers anerkennenden Blick auf. »Was wäre denn, wenn sie längst über dieses Material verfügten? Wenn die Russen einiges von dem Erz besaßen, würde sich damit der Aufwand an Zeit und Kosten, der nötig ist, um eine Atombombe zu bauen, dramatisch reduzieren. Sie hätten es leicht in vier Jahren schaffen und gleichzeitig alles andere, was ich soeben aufgezählt habe, auch noch in Angriff nehmen können.«
»Das klingt einleuchtend«, sagte Ira nachdenklich. »Ich habe recht gute Kontakte nach Russland, und seit dem Zusammenbruch sind sie auch ziemlich großzügig, was die Weitergabe von Informationen über diese düsteren Zeiten angeht. Ich erkundige mich mal, ob Ihre Annahmen zutreffen
könnten.« Er sah Mercer an. »Was ist mit dir? Wie willst du in dieser Geschichte weiter verfahren?«
»Cali hat mit ihren Vorgesetzten beim NEST gesprochen. Sie versuchen, das Verschwinden der Wetherby aufzuklären.«
»Woher weißt du, dass sie verschwunden ist?«
»Das ist leicht erklärt. Nirgendwo in den Geschichtsbüchern ist nämlich nachzulesen, dass Enrico Fermi in den dreißiger Jahren mit Plutonium experimentiert hat. Daher dürften die Gesteinsproben auch niemals bei ihm eingetroffen sein. Ergo ist die Wetherby verschwunden. Außerdem sollte sich jemand die Stele, die Cali und ich in Afrika gesehen haben, auf jeden Fall einmal genauer anschauen. Vielleicht finden sich daran irgendwelche Hinweise darauf, wie viel Erz die Leute Alexanders des Großen zu Tage gefördert haben.«
»Ist das denn wichtig?«, fragte Ira. »Schließlich ist das in grauer Vorzeit geschehen.«
»Wenn unsere Vermutung zutreffen sollte, dass Alexander der Große über so etwas wie eine strahlende Bombe oder irgendeine ähnliche Vorrichtung verfügte, würde ich dir ja zustimmen, aber die Janitscharen, die Cali gestern abgeholt haben, benahmen sich eher so, als läge der Alambic irgendwo herum und wartete nur darauf, von jemandem gefunden zu werden.«
»Du hast während unseres Abendessens erwähnt, dass du glaubst, in diesem Teil von Zentralafrika ginge es noch immer ziemlich heiß her. Ich möchte auf keinen Fall ein Team dorthin in Marsch setzen, wenn du dir nicht ganz sicher bist, dass es wichtig sein könnte.«
Mercer verfluchte Ira im Stillen, obwohl er gar nicht glaubte, dass ihm sein alter Freund mit voller Absicht die Verantwortung für eine potentiell gefährliche Operation zuschieben wollte. Er war eben nur vorsichtig. Aber Mercer wusste
auch, dass die Verantwortung am Ende doch bei ihm selbst läge - nämlich falls etwas schiefging. Genauso wie Serenas Ermordung und der Tod der anderen Leute im Spielcasino. Wie auch der Tod Tisas und Dutzender anderer - er spürte, wie ihn diese Last zunehmend niederdrückte. Es wäre so einfach, Ira zu sagen, er solle das Ganze vergessen und brauche kein Team der Special Forces mitten in ein Kriegsgebiet zu schicken. Er könnte sich mit einem Minimum an Schuld aus allem herauswinden. Aber Mercer wusste gleichzeitig, dass es falsch wäre.
Es machte nichts aus, wenn sich die Stele als nichts anderes entpuppte als das Äquivalent einer harmlosen Kritzelei, mit der sich Touristen heute an allen möglichen Orten verewigen, die sie besucht haben. Er musste es aber trotzdem ganz genau wissen, egal welcher Aufwand dazu nötig war.
»Ja«, sagte Mercer schließlich. »Es ist sogar
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