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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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mehr Opfer gegeben. Das war eine ernüchternde Bilanz, die ihnen bewusst machte, dass ihr Kampf gegen Tall Jake kein lustiges Spielchen war, sondern tödlicher Ernst.
    Aber das Wichtigste für alle war, dass Havoc weiter existierte. Die Gruppe war alles, was sie hatte n – ihre Ersatzfamilie. Auf sich allein gestellt, wären sie in dieser fremden und oft so feindseligen Welt verloren gewesen.
    Sobald Seth den daheimgebliebenen Mitgliedern berichtete, dass Grendel das Innere der Tauchstation gezeichnet hatte, machte sich Nervosität breit. Dass Tall Jake sie in der Tauchstation gesehen hatte, machte ihnen Angst und sie diskutierten darüber, ob sie von jetzt an lieber Nachtwachen aufstellen sollten. Aber Seth beruhigte sie. Offensichtlich wusste Tall Jake nicht, wo sich der See mit der Tauchstation befand, andernfalls wären seine Leute schon längst hergekommen. Und falls Grendel sie noch einmal beobachten sollte, würde er es merken, so wie er den Blick des Zeichners gespürt hatte, als er mit Alicia im Haus des Todes gewesen war und auch während des Massakers im Terminus.
    Einige glaubten ihm und ließen sich beruhigen, andere blieben weiterhin skeptisch. Aber da sie keine Ahnung hatten, wohin sie sonst hätten gehen sollen, blieben sie.
    Kady war jetzt wieder ihre Anführerin. Es hatte keine offizielle Abstimmung darüber gegeben, aber alle waren sich stillschweigend darüber einig, dass es so das Beste war. Kady verbrachte viel Zeit damit, sich in Ruhe mit allen Mitgliedern zu unterhalten, um die Gruppe besser kennenzulernen. Außerdem machte sie sich mit den einzelnen Funktionen der Tauchstation vertraut. Scotty füllte die Erinnerungslücke, die durch ihre Flucht aus Malice entstanden war: Er erzählte, wie sie die Tauchstation im See damals durch Zufall gefunden hatten und wie sie die wertvollen Instrumente ausgebaut und auf dem Markt in der Stadt verkauft hatten, um lebensnotwendige Vorräte anzuschaffen.
    Dylan ergänzte, dass sie auch Lebensmittel und Waffen mit anderen örtlichen Widerstandsgruppen getauscht hatten. Da sein Vater Markthändler in London war, hatte der ansonsten wortkarge Junge einen ausgeprägten Geschäftssinn und konnte gut feilschen. Durch ihn waren sie unter anderem an die Blocker gekommen.
    Kady gab sich größte Mühe, sich in ihre neue Rolle einzufinden, aber wirklich wohl fühlte sie sich damit nicht. Immer wieder quälten sie Zweifel, ob sie dieser Aufgabe überhaupt gewachsen war. Ihr erster Eindruck hatte sich als richtig erwiesen. Havoc war keine gut ausgebildete Armee von Guerilla-Kämpfern, sondern nichts weiter als ein bunt zusammengewürfelter Haufen verängstigter Jugendlicher, die Krieg spielten. Nur dass es kein Spiel war. Kady hatte Angst, den Erwartungen der anderen nicht gerecht zu werden. Die Kady von früher, an die sie sich erinnerten, erschien ihr selbst fremd. Vielleicht besaß sie ja tatsächlich die Fähigkeit, eine Gruppe zu organisieren, aber es belastete sie, damit gleichzeitig die Verantwortung für das Leben so vieler Menschen tragen zu müssen.
    Sie fragte sich, ob sie das überhaupt wollte. Aber es gab niemanden sonst, der bereit gewesen wäre, diese Rolle zu übernehmen.
    Sie musste oft an ihre Eltern denken. Ganz gleich, welche Zweifel und Ängste sie quälten, ihren Eltern ging es mit Sicherheit viel schlechter. Kady war im Streit von zu Hause weggegangen und das Letzte, was ihre Eltern von ihr gesehen hatten, war, wie sie über den Zaun geklettert und über die Felder auf den Wald zugerannt war. Seitdem hatten sie nichts mehr von ihr gehört. Es musste entsetzlich für sie sein, nicht zu wissen, was mit ihr passiert war. Und es brach ihr fast das Herz, dass sie ihnen solchen Kummer bereiten musste.
    Sie setzte oft mit dem Boot über und machte lange Spaziergänge durch den Wald. Tatyana begleitete sie dabei als schweigende Wächterin. Doch in den Wäldern lauerten keine Gefahre n – nur Leere und Trostlosigkeit. Und genauso fühlte Kady sich in ihrem Inneren.
    Ihre Lieblingsroute führte sie aus dem Wald hinaus auf eine kleine Anhöhe, von der aus sie kilometerweit über Malice blicken konnte. Die Landschaft zeigte sich in satten Grün-, warmen Braun- und blassen Grautönen und wirkte wie ein herbstliches Aquarell. Die Sonne war kleiner und viel fahler, als sie es von Kalifornien und selbst von England her gewöhnt war. Um sie herum erhoben sich Hügelketten und in der Ferne sah sie die Ruine eines Aquädukts aus weißem Stein in den Himmel

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