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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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und reichte ihrem Sohn die Butterdose. »Was habe ich mit diesem Jungen bloß falsch gemacht?«, sagte sie und blickte in gespielter Verzweiflung zur Decke.
    Alicia unterdrückte einen Seufzer und knabberte ohne Appetit an einer Ecke des Toasts, den ihre Mutter ihr hingelegt hatte. Es war ein ganz normaler Morgen im Hause der Familie Lane. Ihr Vater versteckte sich hinter seiner Zeitung, Lemar schmatzte beim Essen und gab blöde Sprüche von sich und ihre Mutter führte sich wie eine Glucke auf. Alles war wie immer.
    Und doch ganz anders.
    Alicia hatte in den letzten fünf Nächten kaum geschlafen, musste sich regelrecht in die Schule schleppen, konnte sich so gut wie gar nicht auf den Unterricht konzentrieren und erledigte ihre Aufgaben nur noch wie ferngesteuert. Ihre Freunde machten sich schon Sorgen um sie, aber da sie ihnen auf gar keinen Fall die Wahrheit sagen konnte, ging sie ihnen immer mehr aus dem Weg. Sie hatte sich die Nachricht, die Seth ihr auf die Mailbox gesprochen hatte, in den letzten Tagen immer wieder angehört und kannte sie mittlerweile auswendig. Jedes Stocken, jedes Stammeln, jedes leise Knistern in der Leitung.
    Aber sie hatte nichts unternommen.
    »Ich hab in dem Haus in Kensington die Adresse von der Druckerei gefunden, in der das Comicheft gedruckt wir d … The Printworks, Matham Industrial Estate, Stevenage, Hert s …«
    Alicia hatte die Adresse bei Google Earth eingegeben und sich das Satellitenfoto angesehen. Ein paar Gebäude, vor denen Autos parkten. Nichts Auffälliges.
    »Ich weiß, was ich dir damit zumute, und wünschte, ich könnte es dir ersparen… Ich weiß selbst nicht, was du machen könntest, abe r … irgendjemand muss etwas tun. Wir müssen diesen Comic stoppen.«
    Alicia verfluchte den letzten Sonntag und wünschte sich, niemals mit Lemar zu Sally gefahren zu sein, dann hätte sie Seth niemals getroffen und hätte niemals ihrem verfluchten Helfersyndrom nachgegeben.
    Denn jetzt wusste sie, dass Malice tatsächlich existierte, und das ließ sich nie mehr rückgängig machen.
    Jeden Abend lag sie im Bett und fürchtete sich davor einzuschlafen. Malice war real. Tall Jake war real. Und sie hatte ihn gerufen. Es machte keinen Unterschied, dass es nur eine Mutprobe gewesen war, dass sie es nur getan hatte, um ihren Freundinnen einen Schreck einzujagen. Und jetzt war es zu spät. Eines Nachts, wenn sie allein war, würde Tall Jake sie holen kommen. Er würde sie ins Haus des Todes bringen oder an einen anderen schrecklichen Ort seines Reichs. Und ihre Chancen, ein zweites Mal mit dem Leben davonzukommen, waren mehr als gering.
    Wie sollte sie mit diesem Wissen weiterleben? Was hatte es für einen Sinn, sich in der Schule anzustrengen, wenn sie wusste, dass sie früher oder später geholt werden würde?
    »Jemand muss etwas tun!«
    Aber es gab niemanden, der etwas tun konnte. Niemanden außer ihr selbst.
    »Du siehst müde aus, Alicia. Hast du schlecht geschlafen?« Ihre Mutter schenkte ihr Tee ein. »Hast du die warme Milch getrunken, die ich dir hingestellt habe?«
    Alicia nickte. »Ja, aber die hat auch nicht geholfen.«
    Ihre Mutter bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. »Das ist das Wachstum, Schatz. Da passieren alle möglichen seltsamen Dinge im Körper. Aber das ist nur eine Phase, die bestimmt bald wieder vorbeigeht.«
    Alicia rang sich ein Lächeln ab. »Ja bestimmt.«
    »Hauptsache, du vernachlässigst darüber die Schule nicht«, brummte ihr Vater hinter seiner Zeitung.
    Alicia spürte, wie Wut in ihr aufstieg. Als wäre die Schule das Allerwichtigste auf der Welt. Wahrscheinlich könnte das Haus um sie herum abbrennen und ihr Vater würde immer noch darauf bestehen, dass sie erst ihre Hausaufgaben erledigte, bevor sie rausdurfte. Ihre Mutter war nicht ganz so streng, aber sie stand trotzdem immer zu hundert Prozent hinter ihrem Mann. Lemar hatten sie aufgegeben, dafür setzten sie jetzt alle Hoffnungen auf ihre Tochter. Aber Alicia hatte keine Lust, eine geniale Wissenschaftlerin zu werde n – sie wollte zeichnen!
    Mr s Lane schenkte nun auch ihrem Mann und ihrem Sohn Tee ein. Sie war eine hochgewachsene, elegante und extrem gut aussehende Frau, die alles, was sie tat, mit absoluter Präzision und Perfektion erledigt e – selbst wenn es sich um etwas so Banales handelte, wie Tee einzuschenken.
    »Nächste Woche sind ja zum Glück Ferien«, sagte sie. »Da hast du eine ganze Woche lang frei und genügend Zeit dich auszuruhen.«
    Ihr Vater räusperte sich

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