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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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plötzlich und fing an zu würgen und zu spucken. Ihr Mund war voller Insekten. Sie wuselten über ihren Gaumen, ihre Zunge, krabbelten ihre Kehle hinunter. Die Dunkelheit war jetzt in ihr, schwappte in ihre Lunge hinunter, flutete in ihren ganzen Körper hinein, bis sie glaubte, daran zu ersticken.
    Sie würde sterben.
    Und dann wurde auf einmal die Tür aufgerissen und sie stolperte nach vorn. Durch den schwarzen Insektenschleier, der ihre Sicht trübte, blickte sie in einen dämmerig schwachen Lichtschein. Licht! Plötzlich beugte sich eine riesige, massige Gestalt über sie, griff nach ihrem Arm und riss sie mit einem so heftigen Ruck zu sich herein, dass ihr die Brille von der Nase fiel.
    Sie stürzte schwer auf Hände und Knie, hörte, wie die Tür hinter ihr zugeschlagen wurde, und rang keuchend nach Atem. Aber da war keine Luft mehr in ihrer Lunge, nur noch Schwärze. Im nächsten Moment zogen sich ihre Eingeweide zusammen und sie erbrach sich auf den Holzdielen. Was jedoch aus ihrem Mund strömte, war kein Erbrochenes, sondern nichts als wuselnde schwarze Dunkelheit. Eine Dunkelheit, die sich wie Teer über den Boden ergoss und sich trippelnd ausbreitete.
    Der Anblick war zu viel für sie. Wieder umfing sie Dunkelhei t – aber diesmal eine gnädiger e – und dann verlor sie das Bewusstsein.
    2
    Als Alicia die Augen aufschlug, wusste sie im ersten Moment nicht, wo sie war. Sie lag auf einer weichen Unterlage und war in grobe Wolldecken gewickelt. Ein muffiger Geruch stieg ihr in die Nase und sie hatte einen widerlich bitteren Geschmack im Mund. Blinzelnd sah sie sich um, konnte aber nur verschwommene Umrisse erkennen. Offenbar lag sie in einem Bett, das sich bei genauerem Hinsehen allerdings als auf dem Boden liegende, durchgewetzte Matratze ohne Laken entpuppte.
    Vorsichtig richtete sie sich auf und hätte sich beinahe den Kopf an der Dachschräge über ihr gestoßen. Sie befand sich in einer Art Schlafhöhle, die durch mehrere nebeneinanderstehende Staffeleien und Leinwände vom übrigen Teil des Raums abgetrennt war. Überall standen Malutensilien: Farbtuben und -dosen, mit Terpentin gefüllte Einmachgläser, aus denen Pinsel ragten, Stifte und Kreiden, Berge zusammengerollter Skizzen. Es stank durchdringend nach Schweiß, Lösungsmittel und Ölfarbe.
    Aber alles war besser als der Albtraum, aus dem sie gerade erwacht war. Bei der Erinnerung an die klamme, klebrige Dunkelheit, die sie zu ersticken gedroht hatte, schüttelte es sie wieder vor Entsetzen.
    Es ist vorbei , sagte sie sich. Wo auch immer du bist und was auch immer passiert is t – jetzt ist es vorbei.
    Sie ließ sich auf die Matratze zurücksinken. Eine Weile lag sie einfach nur da und atmete. Sie spürte blaue Flecken am ganzen Körper, wo sie sich bei ihrer panischen Flucht vor der wimmelnden Schwärze gestoßen hatte, und ihre Schulter schmerzte von dem heftigen Ruck, mit dem sie in Sicherheit gezerrt worden war.
    Ich bin in Sicherheit, dachte sie. Irgendjemand hat mich gerettet. Aber wer? Und warum?
    Hinter der Wand aus Staffeleien hörte sie ein schabendes Geräusch, das sie sofort erkannte. So klang es, wenn ein Stift über Papier kratzte. Dann ertönte ein Grunzen wie von einem Tier.
    Vorsichtig schob sie die Decke von sich. Obwohl sie wahnsinnige Angst hatte, zwang sie sich dazu, logisch zu denken. Warum war sie gerettet und sogar fürsorglich in ein Bett gelegt worden? Wahrscheinlich wollte derjenige, der sie gerettet hatte, ihr nichts Böse s – aber wahrscheinlich hieß nicht, dass sie sich wirklich darauf verlassen konnte. Sie tastete vergeblich nach ihrer Brille. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie heruntergefallen war, bevor sie das Bewusstsein verloren hatte. So geräuschlos wie möglich stand sie auf und schlich sich auf Zehenspitzen durch die Unordnung, peinlich darauf bedacht, nichts umzustoßen. Dann spähte sie vorsichtig an einer der Staffeleien vorbei in den Raum.
    Der Dachboden war riesig und durch die langen, in die Dachschrägen eingelassenen Fenster fiel dämmeriges Licht herein. Also musste es bereits später Nachmittag sein. Da draußen alles still war, hatte es wohl inzwischen auch aufgehört zu regnen.
    Unter einem der Fenster bewegte sich etwas. Aus der Entfernung konnte sie ohne Brille nur verschwommene Umrisse erkennen, aber aus denen schloss sie, dass es ein Mensch war. Genauer gesagt, ein Koloss von einem Menschen, der auf einem Hocker vor einem schräg gestellten Tisch saß un d … zeichnete.
    Das ist er ,

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