Havoc
bevorstehenden Schlacht noch der Verlust der Laq oder das Wissen, dass seine und Kadys Wege sich trennen würden. Der wahre Grund für seine Unruhe war ein ganz anderer.
Es war Justin, der ihn schließlich darauf brachte. »Alter, du bist schlecht drauf, weil du nicht willst, dass es vorbei ist. Du würdest am liebsten für immer hierbleiben. Aber keiner weiß, wie es mit Malice weitergeht, wenn wir Tall Jake geschlagen haben.«
Sie saßen in dem kleinen Labor der Tauchstation. Justin hockte am Untersuchungstisch und schraubte an einer Maschine herum, die er aus Dylans Schatzkammer heraufgeholt hatte, während Seth am Fenster saß und trübsinnig auf die Fische im See hinausblickte.
»Du hast Recht«, sagte Seth. »Was passiert, wenn wir ihn besiegen? Wird der Comic dann sofort eingestellt? Und wenn ja, was passiert dann? Ohne den Comic gibt es auch keine Leser. Aber wenn niemand mehr den Comic liest, wird auch niemand mehr daran glauben. Bedeutet das, dass Malice dann verschwindet?«
»Tja, frag mich was Leichteres. Aber die Laq hat gesagt, dass es Malice schon vor dem Comic gegeben hat. Dieser Grendel hat Malice erschaffen. Okay, wenn der stirb t … ich weiß nicht, was dann passiert. Aber ehrlich gesagt glaub ich nicht, dass Malice verschwindet, solange er lebt. Ich meine, schau dich u m – Malice existiert , es ist real.«
Seth nickte, obwohl er immer noch nicht wirklich überzeugt war. Er ertrug den Gedanken nicht, dass er den Ort, an dem er glücklich sein konnte, vielleicht schon bald wieder verlieren würde. Er hatte Angst davor, dass das Abenteuer bald zu Ende sein würde.
Scotty wählte eine kleine Gruppe aus, die mit den Elektrolanzen trainieren sollte. Keiner wusste, was sie in der Schlacht erwarten würde, aber Scotty wollte, dass sie bestmöglich vorbereitet waren. Wie Dylan bereits gesagt hatte, gab es letztendlich nur zwölf Mitglieder von Havoc, die sich zutrauten, im Kampf zu bestehe n – darunter Kady, Seth, Justin und Scotty selbst. Tatyana würde natürlich auch mitkommen. Die Übrigen waren zu jung, hatten zu viel Angst oder waren zu schwach, um die schweren Tornister mit den Batterien auf dem Rücken zu tragen.
Seth trainierte jeden Tag stundenlang mit den anderen, bis die Batteriepacks leer waren und mithilfe des Generators wieder aufgeladen werden mussten. Das Training tat ihm gut, weil es ihn von seinen schwermütigen Gedanken ablenkte.
Kady nahm zwar auch an den Trainingseinheiten teil, war aber in der übrigen Zeit mit anderen Dingen beschäftigt, sodass sie sich nur selten sahen. Sie fragte Seth nicht, ob er Lust hatte, sie auf ihren Expeditionen zu begleiten, und er fragte sie nicht, ob er mitkommen durfte. Es hatte fast den Anschein, als würden sie sich aus dem Weg gehen. Und ohne dass sie darüber gesprochen hätten, war beiden bewusst, dass ihre Beziehung nicht mehr so eng war wie früher.
Eines Tages kam Andersen über den See geschwommen. In seinem Halsband steckte eine Nachricht. Scotty nahm sie heraus, las sie, sah Seth an und nickte ernst.
Es war so weit.
In der Morgendämmerung
1
Ein paar Tage später saß Seth auf einem Hügel und blickte auf eine von Geröll übersäte Ebene hinaus, in deren Zentrum das Haus des Todes stand.
Die Morgendämmerung hatte bereits eingesetzt, aber noch glitzerten Sterne um den Vollmond am halbdunklen Himmel. Während der Nacht hatte sich dichter, nach fauligen Eiern stinkender Nebel über die Ebene gesenkt. Gelegentlich riss der Wind die gelblichen Schleier an einigen Stellen auf und Seth konnte undeutliche, sich bewegende Schatten erkennen.
Tall Jake versammelte seine Armee.
Aus dem Nebelmeer in der Ebene ragte riesenhaft das Haus des Todes empor. Ein schwarzer Gebäudekomplex aus Stah l – eine monströse Fabrik, aus deren zahllosen Schloten übel riechender Qualm quoll. Die auf mehreren Ebenen errichteten Gebäude waren durch Brücken miteinander verbunden und von einem stählernen Schutzwall umgeben. Aus der Ferne sah es beinahe so aus, als würde das Haus des Todes glühen. Der Feuerschein der unermüdlich arbeitenden Öfen, mit denen die Maschinen angetrieben wurden, drang durch unzählige Risse nach außen. Das Dach wirkte wie mit spitzen Stacheln bewehrt, wegen der unzähligen Kanonen, die dort in Stellung gebracht worden waren.
Das Haus sah aus wie das Tor zur Hölle.
Der Hügel, auf dem Seth saß, lag am Fuße einer mächtigen Bergkette. Auf dem Abhang hinter ihm hatte sich eine Armee zusammengefunden. Ein Heer aus
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