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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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getrockneter Haifischhaut die Enden abschmirgelte. Er kehrte den Zuschauern bei der Arbeit den Rücken, denn er betete: »WARTET-AUF-DEN-WESTWIND, vergib mir diese Verstümmelung.« Aus der Demütigung, daß er sein eigenes Kanu stutzen mußte, entbrannte in ihm eine rasende Wut, und er schwor sich, aus seinem Aufbruch von Bora Bora ein Ereignis zu machen, an das man auf den Inseln noch lange denken sollte.
    Seine Wut steigerte sich noch, als er das verunstaltete Kanu am Strand verließ und in seine Hütte zurückkehrte, wo er sich auf die Matte warf und mit den Fäusten auf den Boden trommelte. Malama kam und setzte sich neben ihn, um ihn zu besänftigen: »Wenn wir erst eine neue Heimat haben, dann werden wir auch große Bäume finden und aus ihnen neue Schnäbel für unser Kanu machen.«
    »Nein, sie sollen so bleiben wie sie sind. Als Zeichen unserer Schande.«
    »Du sprichst wie ein Kind«, schalt ihn die schöne Frau. »Als ich ein Kind war«, erwiderte er ihr, »schlug ich mich mit jedem, der mich beleidigte. Aber jetzt bin ich ein Mann, und Havaiki kann mich ohne Gefahr beleidigen.«
    »Teroro«, bat seine Frau, »sieh die Sache doch vernünftig an. Was hat denn Havaiki wirklich getan? Sie haben dort einen neuen Gott erfunden, und die Welt scheint ihm den Vorrang zu geben. Sie haben doch nicht...« Teroro packte seine Frau am Arm. »Hast du denn nicht das Gerücht gehört?« fragte er verbittert. »Weißt du, wer der neue König sein soll, wenn Tamatoa geht? Der dicke Tatai von Havaiki.« Malama war sprachlos. »Haben sie es so weit kommen lassen?« fragte sie.
    »Ja!« sagte Teroro barsch. »Und weißt du, welche Unverschämtheit sie besaßen? Sie haben mir vorgeschlagen, meinen Bruder und Bora Bora zu verlassen. Ich sollte Tatais Tochter heiraten - mit ihm die Plätze tauschen.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Ich bin erst jetzt dahintergekommen«, antwortete er schüchtern. Und wie immer, wenn er sich gedemütigt fühlte, entschied er sich für eine rasche Handlung. »Malama«, sagte er ungeduldig, »gehe über den Berg und rufe all die Männer zusammen, die sich bereit erklärt haben, das Kanu zu rudern.«
    »Was hast du vor?« fragte sie argwöhnisch.
    »Ich möchte mit WESTWIND eine Versuchsfahrt auf dem offenen Ozean machen. Um zu sehen, ob das neue Heck taucht. Sag jedem, der fragt, das sei der Grund. Aber flüstere den Männern ins Ohr, sie sollten ihre beste Kriegskeule mitbringen.«
    »Nein, Teroro!«
    »Möchtest du, daß wir uns ohne Rache verkriechen?«
    »Ja. Darin liegt nichts Ehrenrühriges.«
    »Für eine Frau vielleicht nicht«, sagte Teroro.
    Malama überlegte, was auf dem Spiel stand. Sie sah den drohenden Tod und die Möglichkeit, daß Havaiki Kanus zur Wiedervergeltung schicken würde, wodurch die Flucht in den Norden vereitelt worden wäre. Aber nachdem sie alles lange bedacht hatte, sagte sie: »Da Männer einmal so sind, wie sie sind, Teroro, so solltest du nicht ohne Rache gehen. Mögen die Götter dich beschützen.«
    So stießen am frühen Nachmittag, zwei Tage vor dem geplanten Aufbruch nach Nuku Hiva und während aus Westen eine starke Brise wehte, die einen Sturm versprach, dreißig entschlossene Ruderer mit ihrem Steuermann Hiro und ihrem Schiffshauptmann Teroro in See, um ihr Kanu auf die Probe zu stellen. Es fuhr gelassen über das hellgrüne Gewässer der Lagune und trotzig in den dunklen Ozean hinaus, der schon von dem nahenden Sturm zu hohen Wellen aufgerührt worden war. Das Kanu bewegte sich vor und zurück, wie es die Geschwindigkeitsprobe vorschrieb, setzte Segel und schoß eine lange Strecke vor dem Wind her. Als es die Gewässer der Insel hinter sich hatte, fragte Teroro: »Sind wir uns einig?«
    »Ja«, sagte Mato und legte seine Kriegskeule bereit.
    »Nach Havaiki!« rief Teroro dem Steuermann zu, und WESTWIND jagte unter der Aufwendung aller Kräfte seiner Ruderer über die Wellen, während die Nacht über der unerbittlichen See heraufzog.
    Seit undenklichen Zeiten war Bora Bora unter den Inseln als das Land der geräuschlosen Paddel bekannt, denn da es die kleinste unter den Inseln war, mußten seine Männer stets besondere Vorsicht walten lassen. Jetzt, da der abnehmende Mond noch nicht aufgegangen war, hielten sie an und wickelten die Griffe ihrer Paddel in Tapa, damit sie schweigend dahinkriechen konnten, ohne auch nur ein Kräuseln auf den Wellen zu hinterlassen. So fuhren sie auf die geweihte Landungsstelle Oros zu, wo sie erst einige Wochen

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